IHK-Konjunkturumfrage

Wirtschaft zwischen Aufschwung und Stillstand

win­ter­berg-total­lo­kal : „Die Wirt­schaft am Hell­weg und im Sau­er­land erholt sich trotz Lock­down. Das Gesamt­ergeb­nis unse­rer Kon­junk­tur­um­fra­ge ver­stellt aber etwas den Blick auf die sehr gro­ßen Unter­schie­de zwi­schen und inner­halb der Bran­chen“, fasst IHK-Prä­si­dent Andre­as Rother die Ergeb­nis­se der IHK-Umfra­ge zu Jah­res­be­ginn zusam­men. Rother : „Wir sehen einer­seits Unter­neh­men aus der Indus­trie, der Bau­wirt­schaft, dem Groß­han­del und den Dienst­leis­tun­gen, die sehr zufrie­den sind. Ande­rer­seits kämp­fen das Gast­ge­wer­be und gro­ße Tei­le des sta­tio­nä­ren Ein­zel­han­dels um ihre Exis­tenz. Das Kon­junk­tur-Pen­del schlägt aus zwi­schen Auf­schwung und Still­stand.“ Rund 520 Unter­neh­men aus dem Hoch­sauer­land­kreis und dem Kreis Soest haben an der Befra­gung teilgenommen.

Ins­ge­samt hat sich die wirt­schaft­li­che Lage seit dem Tief im ver­gan­ge­nen Früh­jahr deut­lich ver­bes­sert. Das Kon­junk­tur­bild ist aber gespal­ten wie sel­ten zuvor : 38 Pro­zent der Befrag­ten geben ihrer Lage ein „Gut“, aber auch 23 Pro­zent ein „Schlecht“. Kon­junk­tur­trei­ber ist das pro­du­zie­ren­de Gewer­be, das den im Som­mer 2020 gestar­te­ten Wachs­tums­pro­zess fort­set­zen kann. Die Indus­trie sorgt für Rücken­wind bei unter­neh­mens­na­hen Dienst­leis­tun­gen und im Groß­han­del. Die Bau­bran­che ist noch immer gut aus­ge­las­tet, rech­net aber für die kom­men­den Mona­te mit einer deut­li­chen Abküh­lung. „Die Indus­trie mit ihren vie­len mit­tel­stän­di­schen Betrie­ben ist das star­ke Stand­bein unse­rer Wirt­schaft. Sie trägt uns durch die­se Kri­se“, hebt IHK-Haupt­ge­schäfts­füh­re­rin Dr. Ilo­na Lan­ge hervor.

Kon­junk­tur­kli­ma zeigt Spaltung

Der IHK-Kon­junk­tur­kli­ma­in­di­ka­tor steigt auf 104,9 Punk­te und zeigt damit posi­ti­ves Wachs­tum an. Der Indi­ka­tor berück­sich­tigt die Bewer­tun­gen der Lage und der Erwar­tun­gen. Damit setzt sich die Erho­lung nach dem All­zeit­tief mit 69,1 Punk­ten im ver­gan­ge­nen Früh­jahr fort. Aller­dings zeigt das Kon­junk­tur­kli­ma auch deut­lich die Spal­tung. Den höchs­ten Kli­ma­wert mel­den Indus­trie und Dienst­leis­tun­gen mit jeweils 120 Punk­ten, das Gast­ge­wer­be steht bei nur 42 Punk­ten. Doch nicht nur das Gast­ge­wer­be, auch gro­ße Tei­le des sta­tio­nä­ren Ein­zel­han­dels sowie per­so­nen­be­zo­ge­ne Dienst­leis­tun­gen durch­lei­den eine schwie­ri­ge bis dra­ma­ti­sche Pha­se. „Nega­ti­ve Lage­ein­schät­zun­gen sind fast aus­schließ­lich Lock­down-indu­ziert“, erläu­tert IHK-Volks­wirt Ste­fan Severin.

Öff­nungs­per­spek­ti­ve fehlt

„Das Schlim­me für das Gast­ge­wer­be und vie­le Ein­zel­händ­ler sind die feh­len­den Öff­nungs­per­spek­ti­ven und die finan­zi­el­le Unsi­cher­heit“, berich­tet Andre­as Rother. Eine Insol­venz­wel­le sieht die IHK noch nicht, so Rother, aber gera­de im Gast­ge­wer­be gehe jedem zwei­ten Betrieb lang­sam die Liqui­di­tät aus. Bei zwei Drit­teln ver­rin­gert sich das Eigen­ka­pi­tal. „Jede wei­te­re Woche Lock­down ver­schlim­mert die Situa­ti­on. Es geht um die Exis­tenz. Dar­um muss die Poli­tik jetzt dafür sor­gen, dass Abschlags­zah­lun­gen in aus­rei­chen­der Höhe aus­ge­zahlt wer­den und die zuge­sag­ten finan­zi­el­len Hil­fen recht­zei­tig im Unter­neh­men ankom­men“, for­dert der IHK-Präsident.

Die Erwar­tun­gen der Unter­neh­men an die nächs­ten 12 Mona­te sind von Unsi­cher­hei­ten über das wei­te­re Pan­de­mie­ge­sche­hen geprägt und unter dem Strich wie­der leicht nega­tiv. Mehr­heit­lich opti­mis­tisch blei­ben der Dienst­lei­tungs­be­reich und die Indus­trie. Die schlech­tes­te Pro­gno­se geben Bau­wirt­schaft und Ein­zel­han­del ab. Andre­as Rother for­dert für die geschlos­se­nen Betrie­be Pla­nungs­si­cher­heit : „Die Unter­neh­men erwar­ten ein­deu­ti­ge Kri­te­ri­en, bei wel­chen Inzi­denz­wer­ten eine Öff­nung mög­lich ist und wel­che Hygie­ne­auf­la­gen dann ein­zu­hal­ten sind. Sie machen ger­ne alles Erfor­der­li­che, um ihre Mit­ar­bei­ter und Kun­den zu schüt­zen. Was die Unter­neh­men aber nicht brau­chen sind Unsi­cher­heit, zusätz­li­che Büro­kra­tie und Dis­kus­sio­nen über neue Steu­ern zur Schuldenfinanzierung.“

Export­ri­si­ken halbiert

„Für die Indus­trie ist das Aus­lands­ge­schäft beson­ders wich­tig“, erklärt Ste­fan Seve­rin. Zwar sind die Export­erwar­tun­gen gegen­über Herbst 2020 leicht gesun­ken, der Export bleibt aber für Indus­trie und Groß­han­del ein sta­bi­li­sie­ren­der Fak­tor. Der Anteil an Unter­neh­men, die Risi­ken im Aus­lands­ge­schäft sehen, hat sich hal­biert. Die Grün­de dafür fin­det Ste­fan Seve­rin in einem Rück­gang von Unsi­cher­hei­ten durch den Brexit-Ver­trag, die neue US-Regie­rung sowie die welt­wei­te Impf­kam­pa­gnen gegen Covid-19. Zudem funk­tio­nie­ren trotz erhöh­tem Pan­de­mie­ge­sche­hen wei­ter­hin die inter­na­tio­na­len Lie­fer­ket­ten. „Im ers­ten Lock­down führ­ten Grenz­schlie­ßun­gen und die chi­ne­si­schen Maß­nah­men zu weit­rei­chen­den Unter­bre­chun­gen der glo­ba­len Han­dels­strö­me“, erläu­tert Andre­as Rother und betont : „Wenn in Euro­pa die Lie­fer­ket­ten erneut abbre­chen soll­ten, bringt das unse­ren Kon­junk­tur-Motor Indus­trie zum Stillstand.“

Inves­ti­tio­nen und Beschäf­ti­gung rückläufig

Die IHK hat die Unter­neh­men auch nach ihren Inves­ti­ti­ons- und Beschäf­ti­gungs­ab­sich­ten im neu­en Jahr gefragt sowie Risi­ken für die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung. Ange­sichts der noch immer unsi­che­ren Gesamt­pro­gno­sen hal­ten sich die Unter­neh­men bei den Inves­ti­tio­nen zurück. Haupt­mo­ti­ve blei­ben der Ersatz­be­darf und Ratio­na­li­sie­run­gen. Ein Minus steht wei­ter­hin vor den Beschäf­ti­gungs­ab­sich­ten. 21 Pro­zent der Betrie­be pla­nen einen Per­so­nal­ab­bau, 14 Pro­zent legen zu bei der Beschäf­ti­gung. Sor­gen berei­ten Pan­de­mie- und Lock­down-bedingt jedem zwei­ten Unter­neh­men die Nach­fra­ge aus dem Inland sowie die wirt­schafts­po­li­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen. Sicht­bar in den Fokus rückt wie­der das The­ma Fach­kräf­te­man­gel mit 42 Pro­zent Nen­nun­gen. Gera­de in der Ver­kehrs­wirt­schaft, in den Dienst­leis­tungs­bran­chen und im Gast­ge­wer­be sorgt man sich, beim Her­auf­fah­ren nach dem Lock­down nicht an die erfor­der­li­chen Fach- und Arbeits­kräf­te zu kommen.

Bild : IHK-Haupt­ge­schäfts­füh­re­rin Dr. Ilo­na Lan­ge, IHK-Prä­si­dent Andre­as Rother und Geschäfts­be­reichs­lei­ter Ste­fan Severin.

Foto­credits : IHK Arnsberg/​Ampezzan

Quel­le : IHK Arnsberg

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