Jahresrückblick 2020 : „Noch nie zuvor so viele Menschen in Kurzarbeit“

Oliver Schmale, Leiter der Agentur für Arbeit Meschede-Soest, fasst ein geschichtsschreibendes Jahr zusammen

win­ter­berg-total­lo­kal : „Die ver­gan­ge­nen Mona­te haben jeden von uns beein­flusst und getrof­fen.  Nach­dem im Früh­jahr die Arbeits­lo­sig­keit zuge­nom­men hat­te, konn­te sich der Arbeits­markt nach den Locke­run­gen im Som­mer wie­der erho­len. Für das Jahr 2021 bleibt zu hof­fen, dass sich die Aus­wir­kun­gen der aktu­el­len Lock­down-Pha­se in Gren­zen halten.“

6.848 Arbeits­lo­se mel­de­ten die Arbeits­agen­tu­ren im Hoch­sauer­land­kreis für das Jahr 2020 im Jah­res­durch­schnitt, 923 Män­ner und Frau­en bzw. 15,6 Pro­zent mehr als im Jahr zuvor. Damit bleibt – trotz des Anstiegs – die Arbeits­lo­sig­keit unter dem Niveau der Finanz­kri­se in 2009. Der Anstieg der Arbeits­lo­sig­keit im Früh­jahr geht lang­sam zurück, sie befin­det sich aber wei­ter auf einem höhe­ren Niveau als im Jahr zuvor. Beson­ders der man­geln­de Abgang in Beschäf­ti­gung beschert die höhe­ren Werte.

Beson­ders in den Mona­ten des ers­ten Lock­downs (April, Mai und Juni) konn­ten weni­ger Men­schen als im Vor­jahr die Arbeits­lo­sig­keit durch eine Beschäf­ti­gung been­den. Erst im Novem­ber konn­te sich der Arbeits­markt wei­ter sta­bi­li­sie­ren, und es nah­men wie­der mehr Men­schen eine Arbeit auf. Die Arbeits­lo­sig­keit steigt beson­ders auf Hel­fer­ni­veau stark an. Die kon­junk­tu­rel­le Kri­se in Fol­ge der Pan­de­mie hat – wie jede Kri­se – beson­ders gro­ße Aus­wir­kun­gen auf Men­schen, die schlech­ter qua­li­fi­ziert sind.

Im Ver­si­che­rungs­be­reich (Sozi­al­ge­setz­buch Drit­tes Buch, SGB III – Arbeits­lo­sen­geld I) waren in 2020 durch­schnitt­lich 3.194 Per­so­nen arbeits­los gemel­det, 736 Per­so­nen bzw. 29,9 Pro­zent mehr als im Vor­jahr. Im Bereich der Grund­si­che­rung für Arbeit­su­chen­de (Sozi­al­ge­setz­buch Zwei­tes Buch, SGB II – Arbeits­lo­sen­geld II) waren mit 3.654 Män­nern und Frau­en 187 Men­schen oder 5,4 Pro­zent mehr gemel­det. Beru­fe aus Pro­duk­ti­on und Fer­ti­gung ver­zeich­nen die meis­ten Arbeits­lo­sen und höchs­ten Stei­ge­run­gen. Par­al­lel dazu gin­gen aus die­sem Berufs­be­reich auch die Stel­len­mel­dun­gen um fast 30 Pro­zent zurück.

Die sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Beschäf­ti­gung blieb bis zur Jah­res­mit­te 2020 (aktu­ells­te Daten) mit 107.012 Per­so­nen noch weit­ge­hend sta­bil und redu­zier­te sich im Ver­gleich zum Vor­jahr nur leicht. Beschäf­ti­gungs­rück­gän­ge sind vor allem im ver­ar­bei­ten­den Gewer­be zu erken­nen, Stei­ge­run­gen gab es in den „sys­tem­re­le­van­ten Berei­chen“, die unmit­tel­bar medi­zi­nisch oder orga­ni­sa­to­risch bei der Bekämp­fung der Pan­de­mie ein­be­zo­gen waren. Hier­un­ter fal­len u.a. das Gesund­heits­we­sen, die öffent­li­che Ver­wal­tung oder Steu­er­be­ra­tun­gen und Labore.

Kurz­ar­beit : Ins­ge­samt wur­den im HSK im ver­gan­ge­nen Jahr 3.917 Anzei­gen auf Kurz­ar­beit gestellt, mit 63.928 poten­ti­ell betrof­fe­nen Per­so­nen. „Wie vie­le Per­so­nen tat­säch­lich in 2020 Kurz­ar­bei­ter­geld bezo­gen haben, kön­nen wir abschlie­ßend noch nicht sagen. Das liegt an der fle­xi­blen Aus­ge­stal­tung des Instru­ments. Betrie­be müs­sen Kurz­ar­beit immer vor­sorg­lich bei der Agen­tur für Arbeit anzei­gen. Wird dann tat­säch­lich kurz­ge­ar­bei­tet, kann der Betrieb inner­halb von drei Mona­ten die erfor­der­li­che Abrech­nungs­lis­te ein­rei­chen. Erst danach haben wir end­gül­ti­ge Daten dazu, wie vie­le Per­so­nen genau kurz­ge­ar­bei­tet haben, in wel­cher Bran­che und wie groß der Arbeits­aus­fall war“, erklärt Oli­ver Schma­le. In den Mona­ten April und Mai waren in der Spit­ze jeweils über 22.000 Per­so­nen im HSK in Kurz­ar­beit. Im Juli haben noch rund 12.000 Per­so­nen Kurz­ar­bei­ter­geld bezo­gen. Für die Mona­te danach wer­den erst spä­ter im Jahr 2021 Daten für die tat­säch­lich geleis­te­te Kurz­ar­beit vor­lie­gen. Ver­gli­chen mit den Spit­zen­wer­ten aus dem Jahr der Finanz­kri­se ist auch mit den Wer­ten des ers­ten Halb­jah­res schon erkenn­bar, dass durch die Coro­na-Pan­de­mie deut­lich mehr betrof­fe­ne Per­so­nen im Bezug von Kurz­ar­bei­ter­geld ste­hen als damals.

Die Arbeits­kräf­te­nach­fra­ge : Der Stel­len­be­stand sinkt deut­lich, liegt aber noch über dem Niveau vie­ler Jah­re des letz­ten Jahr­zehnts. 2.477 Stel­len waren durch­schnitt­lich im Bestand der Arbeits­agen­tur im HSK, 428 Stel­len bzw. 14,7 Pro­zent weni­ger als im Vor­jahr. Die Mel­dun­gen neu­er Stel­len unter­la­gen dabei deut­li­chen Schwan­kun­gen im Jah­res­ver­lauf. Wäh­rend zu Beginn der Pan­de­mie die Neu­mel­dun­gen nahe­zu weg­bra­chen, such­ten ab August wie­der mehr Arbeit­ge­ber Personal.

Ins­ge­samt gin­gen von Betrie­ben und Ver­wal­tun­gen im Lau­fe des Jah­res 5.225 Arbeits­stel­len ein, 1.162 bzw. 18,2 Pro­zent weni­ger als im Vor­jahr. Auch in den ver­gan­ge­nen Jah­ren gab es bei den Stel­len­zu­gän­gen im Lau­fe eines Jah­res Schwan­kun­gen. „Wäh­rend durch Kurz­ar­beit vie­le Arbeits­stel­len gesi­chert wer­den konn­ten, zöger­ten vie­le Unter­neh­men mit Neu­ein­stel­lun­gen – in man­chen Bran­chen blie­ben sie nahe­zu aus“, resü­miert Schma­le. Er wünscht sich, dass die Betrie­be in der Regi­on wei­ter­hin die Kraft haben, die­se Aus­nah­me­si­tua­ti­on aus­zu­hal­ten. „Mei­nen größ­ten Respekt ver­die­nen alle Arbeit­ge­be­rin­nen und Arbeit­ge­ber, die ihr Mög­lichs­tes tun, um Beschäf­ti­ge zu hal­ten und außer­ge­wöhn­li­che Wege fin­den um ihre Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter zu moti­vie­ren. Ohne die­ses bei­spiel­lo­se Enga­ge­ment jedes Ein­zel­nen, hät­te das ver­gan­ge­ne Jahr ganz anders aus­ge­hen kön­nen“, ergänzt er weiter.

Bilanz : „Der Arbeits­markt hat die Fol­gen der Pan­de­mie bis­her ver­hält­nis­mä­ßig gut ver­kraf­tet“, bilan­ziert Oli­ver Schma­le und ergänzt : „Dank der sta­bi­li­sie­ren­den Wir­kung von Kurz­ar­beit konn­te eine noch höhe­re Arbeits­lo­sig­keit ver­hin­dert wer­den. In der star­ken Inan­spruch­nah­me von Kurz­ar­beit sehen wir das kla­re Signal unse­rer hei­mi­schen Betrie­be, ihr Per­so­nal hal­ten und nicht frei­set­zen zu wol­len. Denn es wird auch eine Zeit „nach Coro­na“ geben, in der Beschäf­tig­te – vor allem Fach­kräf­te – mehr denn je gebraucht wer­den“, ergänzt er weiter.

Quel­le : Agen­tur für Arbeit Meschede-Soest

Print Friendly, PDF & Email