DEKRA beim auto motor und sport Kongress 2020

Geregelter Zugriff auf Fahrzeugdaten ist für die Verkehrssicherheit der Zukunft elementar
  • Betriebs­ge­fahr von „rol­len­den Com­pu­tern“ darf nicht unter­schätzt werden
  • Fahr­zeug­prü­fung muss auch elek­tro­ni­sche Sys­te­me und Soft­ware erfassen
  • DEKRA Vor­stands­vor­sit­zen­der plä­diert für Datentreuhänder-Modell

win­ter­berg-total­lo­kal : Ver­net­zung und Auto­ma­ti­sie­rung sind die Schlüs­sel­wor­te für die Ent­wick­lung der Auto­mo­bil­tech­no­lo­gie in den kom­men­den Jah­ren. „Für die Ver­kehrs­si­cher­heit der Zukunft wird es ent­schei­dend sein, dass sol­che Funk­tio­nen im Fahr­zeug dau­er­haft ver­läss­lich funk­tio­nie­ren. Um das sicher­zu­stel­len, müs­sen sie von Über­wa­chungs­or­ga­ni­sa­tio­nen sinn­voll geprüft wer­den kön­nen“, erklär­te DEKRA Vor­stands­chef Ste­fan Kölbl auf dem auto motor und sport Kon­gress 2020. Kölbl for­der­te im Rah­men der Online-Ver­an­stal­tung einen gesetz­lich gere­gel­ten Zugriff auf sicher­heits- und umwelt­re­le­van­te Fahrzeugdaten.

„Wem gehö­ren die Fahr­zeug­da­ten?“ lau­te­te die Über­schrift über die gemein­sa­me Talk­run­de mit dem ADAC-Vize­prä­si­den­ten Kars­ten Schul­ze und Dr. Jörg Rhein­län­der, Vor­stands­mit­glied der HUK-Coburg-Ver­si­che­rungs­grup­pe. Grund­le­gend einig waren sich die Dis­ku­tan­ten darin,dass Daten aus dem Auto zunächst ein­mal dem Fahr­zeug­hal­ter bzw. ‑nut­zer gehö­ren. Er soll­te grund­sätz­lich selbst ent­schei­den kön­nen, wel­chem Akteur er Zugriff auf wel­che Daten ein­räu­men möch­te. Eine Aus­nah­me bil­den aus Sicht des DEKRA Vor­stands­chefs aller­dings hoheit­li­che Auf­ga­ben wie bei­spiels­wei­se die Haupt­un­ter­su­chung. „Hier kann der Zugriff auf die für die Prü­fung rele­van­ten Daten nicht an die Zustim­mung des Fahr­zeug­hal­ters geknüpft sein, son­dern es muss kla­re gesetz­li­che Vor­ga­ben geben“, so Kölbl.

Updates „over the air“ ver­än­dern Fahr­zeu­ge von heu­te auf morgen 

Die For­de­rung nach Daten­zu­griff betrifft dabei nur den ver­gleichs­wei­sen klei­nen Teil der Fahr­zeug­da­ten, die für die Fahr­zeug­über­wa­chung im Rah­men der Haupt­un­ter­su­chung von Bedeu­tung sind. Dabei geht es auch um Soft­ware-Ver­sio­nen. „Durch Updates ‚over the air‘ kann ein Fahr­zeug heu­te ein grund­le­gend ande­res sein als ges­tern“, so der DEKRA Vor­stands­vor­sit­zen­de. „Des­halb wird es mit­tel­fris­tig auch nicht mehr genü­gen, den Zustand eines Fahr­zeugs alle zwei Jah­re bei der HU zu prü­fen. Nötig wird dann eine anlass­be­zo­ge­ne Fahrzeuguntersuchung.“

Um jeder­zeit die sicher­heits- und umwelt­re­le­van­ten Sys­te­me auf Defek­te, Fehl­funk­tio­nen oder Mani­pu­la­tio­nen prü­fen zu kön­nen und damit ihrer hoheit­li­chen Auf­ga­be gerecht zu wer­den, brau­chen Über­wa­chungs­or­ga­ni­sa­tio­nen aus Sicht von DEKRA den direk­ten, unge­fil­ter­ten und dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Zugriff auf die für die Prü­fung rele­van­ten Fahrzeugdaten.

Daten­treu­hän­der-Modell soll für Sicher­heit sorgen 

Ermög­licht wer­den soll das durch ein Daten­treu­hän­der-Modell mit einem so genann­ten „Trust Cen­ter“, das als ver­trau­ens­wür­di­ge und unab­hän­gi­ge Instanz im staat­li­chen Auf­trag han­delt. Es schafft für Behör­den, Prüf­in­sti­tu­tio­nen und wei­te­re berech­tig­te Stel­len einen siche­ren, gleich­be­rech­tig­ten und dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Zugriff auf rele­van­te Daten auto­ma­ti­sier­ter und ver­netz­ter Fahr­zeu­ge. „Dabei geht es uns bei wei­tem nicht um die umfas­sen­de Spei­che­rung des kom­plet­ten Daten­aus­tauschs mit dem Fahr­zeug, son­dern um die sicher­heits- und umwelt­re­le­van­ten Daten, die im Zuge der Typ­zu­las­sung des Fahr­zeugs als sol­che mar­kiert wor­den sind“, erklär­te Kölbl.

Es muss aus sei­ner Sicht sicher­ge­stellt sein, dass die Daten, die bei der Fahr­zeug­prü­fung genutzt wer­den, unver­fälscht und voll­stän­dig sind. „Die Lie­fe­rung der Daten über einen Ser­ver des Fahr­zeug­her­stel­lers wird die­sen Anfor­de­run­gen nicht gerecht. Es kann nicht sein, dass der Her­stel­ler die kom­plet­te Daten­ho­heit hat“, stell­te der DEKRA Chef klar.

Der „rol­len­de Com­pu­ter“ bringt Risi­ken mit sich 

Das Bild vom Auto der Zukunft als „rol­len­dem Com­pu­ter“ birgt für Ste­fan Kölbl die Gefahr der Ver­harm­lo­sung. Von Fahr­zeu­gen gehe ein­fach eine ande­re Betriebs­ge­fahr aus : „Wenn ein Com­pu­ter abstürzt, wird er in der Regel neu gestar­tet, und dann ist meis­tens wie­der alles in Ord­nung. Wenn die­ser Com­pu­ter aber mehr als eine Ton­ne wiegt und 50 Kilo­me­ter pro Stun­de fährt, dann kann ein sol­cher Absturz ganz ande­re Fol­gen haben.“

Es sei zwar rich­tig, dass Fah­rer­as­sis­tenz­sys­te­me und auto­ma­ti­sier­te Funk­tio­nen gro­ßes Poten­zi­al haben, Unfäl­le zu ver­mei­den oder abzu­mil­dern, sag­te Kölbl. „Die­ses Poten­zi­al kön­nen sie aber nur aus­spie­len, wenn sie über den gesam­ten Lebens­zy­klus des Fahr­zeugs zuver­läs­sig funk­tio­nie­ren.“ Das sei inso­fern umso wich­ti­ger, als beim hoch auto­ma­ti­sier­ten Fah­ren der Mensch als Rück­fal­l­e­be­ne weg­fal­le. „Auch wenn vie­le Unfäl­le durch mensch­li­che Feh­ler ver­ur­sacht wer­den : Der Mensch kann durch sei­ne Reak­ti­on auf Ver­kehrs­er­eig­nis­se auch kri­ti­sche Situa­tio­nen ver­mei­den. Wenn der Mensch zukünf­tig im Sys­tem kei­ne Rol­le mehr spie­len soll, muss die Tech­nik umso siche­rer sein.“

Über DEKRA
Seit mehr als 90 Jahren arbeitet DEKRA für die Sicherheit: Aus dem 1925 in Berlin gegründeten Deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein e.V. ist eine der weltweit führenden Expertenorganisationen geworden. Die DEKRA SE ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des DEKRA e.V. und steuert das operative Geschäft des Konzerns. Im Jahr 2019 hat DEKRA einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro erzielt. Fast 44.000 Mitarbeiter sind in rund 60 Ländern auf allen fünf Kontinenten im Einsatz. Mit qualifizierten und unabhängigen Expertendienstleistungen arbeiten sie für die Sicherheit im Verkehr, bei der Arbeit und zu Hause. Das Portfolio reicht von Fahrzeugprüfungen und Gutachten über Schadenregulierung, Industrie- und Bauprüfung, Sicherheitsberatung sowie die Prüfung und Zertifizierung von Produkten und Systemen bis zu Schulungsangeboten und Zeitarbeit. Die Vision bis zum 100. Geburtstag im Jahr 2025 lautet: DEKRA wird der globale Partner für eine sichere Welt. 

Quel­le : DEKRA e. V. Stuttgart

Print Friendly, PDF & Email