DEKRA präsentiert Verkehrssicherheitsreport 2020

Hohes Unfallrisiko von Zweiradfahrern muss nachhaltig gesenkt werden -
  • Unfall­zah­len aus Euro­pa und der Welt zei­gen gro­ßen Handlungsbedarf
  • DEKRA gibt kon­kre­te Emp­feh­lun­gen für mehr Sicherheit
  • EU-Kom­mis­sa­rin : „Mensch­li­che Feh­ler dür­fen nicht zum Tod führen“

win­ter­berg-total­lo­kal : Ob moto­ri­siert oder nicht moto­ri­siert : Mit dem Zwei­rad unter­wegs zu sein ist nicht erst seit dem Aus­bruch der Coro­na-Pan­de­mie abso­lut „in“. Beglei­tet wird die Mobi­li­tät auf zwei Rädern von einem – im Ver­gleich zu Pkw, Trans­por­ter oder Lkw – deut­lich erhöh­ten Risi­ko schwe­rer Unfäl­le. Als wei­test­ge­hend unge­schütz­te Ver­kehrs­teil­neh­mer haben Zwei­rad­fah­rer bei einer Kol­li­si­on meist das Nachsehen.

„Um nach­hal­tig gegen­zu­steu­ern, gibt es eine gan­ze Rei­he von Ansatz­punk­ten“, sag­te Cle­mens Klin­ke, Mit­glied des Vor­stands DEKRA SE, bei der Vor­stel­lung des DEKRA Ver­kehrs­si­cher­heits­re­ports 2020. Neben diver­sen Maß­nah­men etwa in Sachen Tech­nik und Infra­struk­tur sei­en dabei auch die Ver­kehrs­teil­neh­mer selbst gefragt. „Wir alle ste­hen in der Pflicht, durch risi­ko­be­wuss­tes Ver­hal­ten und die Ein­hal­tung von Vor­schrif­ten und Sicher­heits­stan­dards dazu bei­zu­tra­gen, dass die Zahl der Unfäl­le mit ver­un­glück­ten Motorrad‑, Moped‑, Fahrrad‑, Pedelec- und E‑S­coo­ter-Fah­rern wei­ter sinkt“, so Klinke.

„Ver­kehrs­si­cher­heit hat für mich höchs­te Prio­ri­tät“, so EU-Ver­kehrs­kom­mis­sa­rin Adi­na Vălean in einer Video­bot­schaft. „Wir dür­fen nicht nach­las­sen, bis wir unser Ziel errei­chen : Null Ver­kehrs­to­te und null Schwer­ver­letz­te auf den Stra­ßen der EU bis 2050.“

Der DEKRA Ver­kehrs­si­cher­heits­re­port 2020 beto­ne zu Recht die Bedeu­tung von mensch­li­chem Fehl­ver­hal­ten bei Unfäl­len mit Zwei­rä­dern, sag­te die Kom­mis­sa­rin. „In der Tat spie­len sol­che Feh­ler eine gro­ße und oft­mals tra­gi­sche Rol­le. Aber wir müs­sen beden­ken, dass es mensch­lich ist, Feh­ler zu machen. Feh­ler soll­ten nicht zum Tod oder schwe­ren Ver­let­zun­gen füh­ren“, beton­te sie die Bedeu­tung von siche­rer Infra­struk­tur und Fahrzeugtechnik.

Welt­weit machen seit Jah­ren die Fah­rer von moto­ri­sier­ten und nicht moto­ri­sier­ten Zwei­rä­dern rund 25 Pro­zent der getö­te­ten Ver­kehrs­teil­neh­mer aus. Ähn­lich ist die Situa­ti­on in der EU, wobei 2019 zum Bei­spiel in Deutsch­land etwa ein Drit­tel der Ver­kehrs­to­ten bei Unfäl­len mit dem Fahr­rad oder dem Kraft­rad zu ver­zeich­nen waren. Schon die­se weni­gen Zah­len zei­gen, dass beim The­ma Ver­kehrs­si­cher­heit von Zwei­rad­fah­rern nach wie vor gro­ßer Hand­lungs­be­darf besteht, zumal die Mobi­li­tät auf zwei Rädern in den nächs­ten Jah­ren ten­den­zi­ell noch wei­ter zuneh­men wird.

Das gilt für Kraft­rä­der – ob als Frei­zeit­ge­fährt oder für den Weg zur Arbeit – und vor allem auch für Fahr­rä­der mit und ohne elek­tri­sche Unter­stüt­zung. „Als Ver­kehrs­teil­neh­mer ohne schüt­zen­de Fahr­gast­zel­le lau­fen Zwei­rad­fah­rer bei Allein­un­fäl­len und vor allem auch bei Kol­li­sio­nen mit ande­ren Fahr­zeu­gen immer Gefahr, schwe­re oder sogar töd­li­che Ver­let­zun­gen davon­zu­tra­gen“, gab Klin­ke im Rah­men eines Digi­tale­vents in der Kon­zern­zen­tra­le von DEKRA in Stutt­gart zu beden­ken. Der DEKRA Ver­kehrs­si­cher­heits­re­port 2020 zeigt auf, wo es anzu­set­zen gilt.

Für Unfäl­le von und mit Zwei­rad­fah­rern sind man­geln­des Risi­ko­be­wusst­sein, Miss­ach­tung der Ver­kehrs­re­geln, über­höh­te Geschwin­dig­keit, Fah­ren unter Alko­hol­ein­fluss, Ablen­kung und man­geln­de Rück­sicht­nah­me gegen­über ande­ren Ver­kehrs­teil­neh­mern in hohem Maße mit­ver­ant­wort­lich. „Das müss­te nicht sein“, mahn­te der DEKRA Vor­stand an, „denn durch ver­ant­wor­tungs­be­wuss­tes Ver­hal­ten, Inter­ak­ti­on und Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen den Ver­kehrs­teil­neh­mern sowie die rich­ti­ge Ein­schät­zung der eige­nen Fähig­kei­ten lässt sich effi­zi­ent gegensteuern.“

Ein zen­tra­ler Sicher­heits­fak­tor ist außer­dem das Tra­gen eines geeig­ne­ten Helms. Das gilt ins­be­son­de­re auch für Rad­fah­rer, die damit bei einem Unfall – wie von DEKRA durch­ge­führ­te Schlag­prü­fun­gen ein­drück­lich unter­mau­er­ten – das Risi­ko schwe­rer Kopf­ver­let­zun­gen deut­lich redu­zie­ren können.

Mehr Sicher­heit durch Assis­tenz­sys­te­me und gut aus­ge­bau­te Infrastruktur

Spe­zi­ell bei moto­ri­sier­ten Zwei­rä­dern rücken auch Sys­te­me der akti­ven Sicher­heit immer stär­ker in den Fokus. Schon seit 2017 darf EU-weit kein Motor­rad ohne Anti­blo­ckier­sys­tem (ABS) mehr neu zuge­las­sen wer­den. Das ABS ver­hin­dert ein Blo­ckie­ren der Räder und führt dazu, dass ein Motor­rad vor allem bei Voll­brem­sun­gen oder bei star­kem Ver­zö­gern auf rut­schi­gem Unter­grund wesent­lich siche­rer zum Ste­hen kommt und in Grenz­be­rei­chen der Fahr­phy­sik bes­ser kon­trol­lier­bar bleibt. Vor allem wird das Blo­ckie­ren des Vor­der­rads ver­hin­dert, das in aller Regel zum Sturz führt. Motor­rad­fah­rer kön­nen so mit maxi­ma­ler Kraft die Brem­se betä­ti­gen. Inzwi­schen gibt es auch schon tech­ni­sche Wei­ter­ent­wick­lun­gen der ABS-Tech­nik für Motor­rä­der in Rich­tung einer elek­tro­ni­schen Stabilitätskontrolle.

Kommt es trotz aller Sys­te­me der pas­si­ven und akti­ven Sicher­heit zu einem Unfall mit Ver­letz­ten, ent­schei­det unter Umstän­den ein früh­zei­tig abge­setz­ter Not­ruf gera­de bei schwe­ren Ver­let­zun­gen über Leben und Tod. Par­al­lel zu einer Rei­he von ande­ren Fahr­zeug­ka­te­go­rien ist des­halb auch bei neu­en Motor­rad-Model­len mit EU-Typ­ge­neh­mi­gung nach dem 31. März 2018 der eCall ein ver­pflich­ten­der Bestand­teil. Wenn der Fah­rer nach dem Unfall nicht selbst Hil­fe rufen kann, kann ein eCall-Sys­tem wie beim Pkw die Ret­tungs­ket­te schnel­ler akti­vie­ren und den Unfall­ort genau lokalisieren.

Neben der Fahr­zeug­tech­nik und dem Fak­tor Mensch trägt auch die Infra­struk­tur einen gro­ßen Teil zur Ver­kehrs­si­cher­heit bei. Opti­mie­rungs­po­ten­zi­al bie­ten dabei eine gan­ze Rei­he von Maß­nah­men – dar­un­ter etwa die Ent­schär­fung von Gefah­ren­stel­len, die Instand­hal­tung von Stra­ßen­aus­stat­tun­gen bezie­hungs­wei­se ein ver­kehrs­si­che­rer Zustand der Fahr­bahn­de­cke, geziel­te Geschwin­dig­keits­über­wa­chung an Unfall­schwer­punk­ten, die Instal­la­ti­on geeig­ne­ter Schutz­plan­ken, der Aus­bau von Rad­we­gen und vie­les mehr. „Grund­sätz­lich ist eine nach­hal­ti­ge Infra­struk­tur- bezie­hungs­wei­se Ver­kehrs­we­ge­pla­nung aber nur mit einer lang­fris­ti­gen Her­an­ge­hens­wei­se mög­lich“, beton­te Cle­mens Klin­ke in Stuttgart.

Der neu­es­te DEKRA Ver­kehrs­si­cher­heits­re­port steht online unter www​.dekra​-road​sa​fe​ty​.com zum Down­load zur Ver­fü­gung. Dort fin­den sich außer­dem wei­ter­ge­hen­de Inhal­te zum gedruck­ten Report, etwa in Form von Bewegt­bil­dern oder inter­ak­ti­ven Grafiken.

Zehn aus­ge­wähl­te DEKRA For­de­run­gen für mehr Verkehrssicherheit

  • Nut­zer von moto­ri­sier­ten und nicht moto­ri­sier­ten Zwei­rä­dern soll­ten immer einen geeig­ne­ten Helm tragen.
  • Alle Zwei­rad-Nut­zer soll­ten sich bewusst machen, wie wich­tig akti­ve und pas­si­ve Beleuch­tungs­ein­rich­tun­gen für ihre Sicher­heit sind.
  • Für ein bes­se­res Mit­ein­an­der soll­ten alle Ver­kehrs­teil­neh­mer über die gel­ten­den Regeln im Zusam­men­hang mit dem Fahr­rad­ver­kehr auf­ge­klärt werden.
  • Im Grund­schul­al­ter soll­ten Kin­der eine Fahr­rad­aus­bil­dung durch­lau­fen, um grundlegende
  • Ver­kehrs­re­geln mög­lichst früh zu erlernen.
  • Die peri­odi­sche Fahr­zeug­über­wa­chung auch für Motor­rä­der soll­te – nicht nur in Euro­pa – Stan­dard werden.
  • Motor­rad-ABS soll­te wei­te­re Ver­brei­tung fin­den – gege­be­nen­falls auch durch eine Aus­rüs­tungs­vor­schrift für klei­ne­re Krafträder.
  • Soft­ware-Mani­pu­la­tio­nen an Pedelecs soll­ten wei­ter erschwert und kon­se­quent geahn­det werden.
  • Fahr­rä­der und E‑Scooter in Ver­leih­sys­te­men soll­ten regel­mä­ßig und unab­hän­gig auf ihre tech­ni­sche Sicher­heit hin unter­sucht werden.
  • Auch für die Nut­zung von E‑Scootern soll­ten stren­ge Alko­hol­gren­zen gel­ten und deren Ein­hal­tung über­wacht werden.
  • Die Infra­struk­tur soll­te für alle Ver­kehrs­teil­neh­mer aus­ge­baut und erhal­ten wer­den. Für die Sicher­heit von Rad­fah­rern ist ins­be­son­de­re auch die Instand­hal­tung von Rad­we­gen entscheidend.

Bild : Prä­sen­tier­ten den DEKRA Ver­kehrs­si­cher­heits­re­port 2020 : der Vor­stands­vor­sit­zen­de Ste­fan Kölbl (rechts) und Vor­stands­mit­glied Cle­mens Klin­ke (links).

Über DEKRA 
Seit mehr als 90 Jahren arbeitet DEKRA für die Sicherheit: Aus dem 1925 in Berlin gegründeten Deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein e.V. ist eine der weltweit führenden Expertenorganisationen geworden. Die DEKRA SE ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des DEKRA e.V. und steuert das operative Geschäft des Konzerns. Im Jahr 2019 hat DEKRA einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro erzielt. Fast 44.000 Mitarbeiter sind in rund 60 Ländern auf allen fünf Kontinenten im Einsatz. Mit qualifizierten und unabhängigen Expertendienstleistungen arbeiten sie für die Sicherheit im Verkehr, bei der Arbeit und zu Hause. Das Portfolio reicht von Fahrzeugprüfungen und Gutachten über Schadenregulierung, Industrie- und Bauprüfung, Sicherheitsberatung sowie die Prüfung und Zertifizierung von Produkten und Systemen bis zu Schulungsangeboten und Zeitarbeit. Die Vision bis zum 100. Geburtstag im Jahr 2025 lautet: DEKRA wird der globale Partner für eine sichere Welt.

Quel­le : DEKRA e. V. Stuttgart

Print Friendly, PDF & Email