Ehrenamtliche Trauergruppe „Seelenbeben“ für Kinder und Jugendliche im Sauerland zieht nach einem Jahr eine positive Bilanz

Zukunfts-Ziele : Projekt professionell auf eigene Beine stellen hin zur hauptamtlichen Tätigkeit mit eigenen Räumen und neuem Träger

 

win­ter­berg-total­lo­kal : Vor fast genau einem Jahr erfolg­te der Start­schuss für ein im gesam­ten Sau­er­land bis­her wohl ein­ma­li­ges, ehren­amt­li­ches Pro­jekt : Die Trau­er­grup­pe „See­len­be­ben“ in Win­ter­berg nahm im Okto­ber 2019 ihre Arbeit auf mit dem Ziel, trau­ern­de Kin­der und Jugend­li­che­so­wie deren Ange­hö­ri­ge­im Sau­er­land kom­pet­ent­zu beglei­ten. Sie zu betreu­en, ihnen wert­vol­le Hil­fe­stel­lun­gen zu geben, Zeit und Raum für Trau­er und Emo­tio­nen zu schen­ken, unbe­schwer­te Grup­pen­stun­den sowie­Aus­flü­ge­zu ermög­li­chen und ihnen so unter dem Motto„Trauern ist kei­ne Krank­heit –aber nicht trau­ern macht krank!“ die so drin­gend benö­tig­ten­Aus­zei­ten in einem alles ande­re als ein­fa­chen All­tag zu geben. Ein Jahr spä­ter ist viel pas­siert, „See­len­be­ben“ hat sich eta­bliert und wei­ter­ent­wi­ckelt. Klar ist, das Pro­jekt wächstund wird sich noch pro­fes­sio­nel­ler auf­stel­len in vie­len Berei­chen. Zeit also für eine Bilan­zund einen Blick in die Pro­jek­te der Zukunft.

 

„Nach dem Tod eines Men­schen steht die Welt still. Ganz gleich,ob jemand plötz­lich stirbt, lan­ge krank war oder sich selbst das Leben genom­men hat. Es gibt eine Mil­li­on Gefüh­le, die See­le bebt im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes. In die­sen Zei­ten möch­ten wir Kin­der, Jugend­li­che und deren Ange­hö­ri­ge auf ihrem indi­vi­du­el­len Trau­er­weg mit unse­rer Erfah­rung, Kom­pe­tenz und hel­fen den Mate­ria­li­en­be­glei­ten. Wir beant­wor­ten Fra­gen, hören zu oder sind ein­fach nur da“, sagen Danie­la Jani­ne Peetz und Hel­ga Her­mann. Die bei­den Erzie­he­rin­nen und unter ande­rem aus­ge­bil­de­ten Trau­er­be­glei­te­rin­nen bil­den das Herz­stück der Trau­er­grup­pe „See­len­be­ben“. Anfangs waren es vier Team­mit­glie­der, die das Pro­jekt auf den Weg gebracht haben. Nicht nur struk­tu­rell und inhalt­lich, auch per­so­nell hat sich in den ver­gan­ge­nen zwölf Mona­ten also viel getan. „Wir arbei­ten mitt­ler­wei­le sehr struk­tu­riert und fokus­siert. Dies ist auch not­wen­dig, denn aktu­ell betreu­en wir sie­ben Fami­li­en­aus dem gesam­ten Hoch­sauer­land regel­mä­ßig. Hin­zu kom­men Akut­be­treu­un­gen und tele­fo­ni­sche Bera­tun­gen. So kom­men wir auf rund 10 bis 12 Fami­li­en. Und wir mer­ken, dass die Nach­fra­ge und das Inter­es­se an unse­rer Arbeit ste­tig steigt“, sagt Hel­ga Hermann.

 

Dank an Unter­stüt­zer und Sponsoren

 

Dies hat auch damit zu tun, dass die Prot­ago­nis­tin­nen von „See­len­be­ben“ tag­täg­lich und seit Mona­ten ein immer grö­ße­res Netz­werk pfle­gen­zu loka­len und regio­na­len Akteu­ren und Initia­ti­ven, Ämtern, Ver­ei­nen, pri­va­ten Orga­ni­sa­tio­nen und Ver­wal­tun­gen. Hin­zu kommt einere­ge Öffent­lich­keits­ar­beit über die regio­na­len Medi­en, eine pro­fes­sio­nel­le Web­sei­te unter www.seelenbeben.commit vie­len Infor­ma­tio­nen sowie Social-Media-Akti­vi­tä­ten auf Face­book und Insta­gram. „Uns unter­stüt­zen auch Unter­neh­men immens. Des­halb möch­ten wir hier auch ein gro­ßes Dan­ke­schön aus­spre­chen­an alle Unter­stüt­zer und Spon­so­ren. Denn ohne die­se Hil­fe könn­ten wir uns nicht so inten­sivund ehren­amt­li­chum unse­re eigent­li­che Arbeit küm­mern“, betont Danie­la Jani­ne Peetz. Schließ­lich gehe esbei der Trau­er­grup­pe in ers­ter Linie­dar­um, den trau­ern­den Kin­dern und Jugend­li­chen zu ver­mit­teln, dass „es okay ist, nicht okay zu sein“!„Kinder und Jugend­li­che tref­fen bei uns auf Men­schen mit einem ähn­li­chen Schick­sal und spü­ren : Sie sind nicht allein.“ Die Unge­rech­tig­keit, zum Bei­spiel plötz­lich kei­nen Vater mehr zu haben, kön­ne offen aus­ge­spro­chen, manch­mal auch geschrien­wer­den. Hel­ga Her­mann und Danie­la Jani­ne Peetz ver­ste­hen sich als kom­pe­ten­te Mut­ma­cher und Herz­lot­sen, damit die Trau­ern­den nicht im Treib­sand Trau­er ver­sin­ken. „Dafür braucht es ein Seil oder eine hel­fen­de Hand, um die Situa­ti­on anzu­neh­men und den Treib­sand zu ver­las­sen. Dies leis­ten wir“, so das Duo, das sich auch für die Zukunft eini­ges vor­ge­nom­men hat.

 

Zunächst aber ein kur­zer Blick zurück. Nach zwei­jäh­ri­ger, metho­di­scher­Vor­be­rei­tung­nahm „See­len­be­ben“ im Okto­ber 2019 die Arbeit auf bei einem ers­ten Tref­fen im katho­li­schen Fami­li­en­zen­trum Edith Stein in Win­ter­berg. Die Grup­pe war zu die­ser Zeit ein jun­ges Team und bestand aus vier Team­mit­glie­dern. „Unser Team hat sich ver­än­dert. Eine lie­be Kol­le­gin ist plötz­lich ver­stor­ben, ein ande­res Team­mit­glied hat sich aus per­sön­li­chen Grün­den entschlossen,dasTeam See­len­be­ben zu ver­las­sen.“ Der Trä­ger ist bis zum heu­ti­gen Tag „Buil­ding OneWorld“aus Hallenberg.Zur Arbeit gehö­ren auch Fort­bil­dun­gen und eine pro­fes­sio­nel­le Beglei­tung in Form von regel­mä­ßi­gen Super­vi­sio­nen, um die eige­ne Arbeit und sich selbst zu reflek­tie­ren. „In der Anfangs­zeit haben wir drei Fami­li­en regel­mä­ßig betreut.Heute sind esbis zu 12 Familien.“

 

„Sind sehr zufrie­den mit der Ent­wick­lung im ers­ten Jahr!“

Zu den Auf­ga­ben von See­len­be­ben gehört die aku­te Seel­sor­ge bei einem plötz­li­chen Todes­fall oder auch die auf­su­chen­de Arbeit wäh­rend län­ge­rer Krank­h­eit­ei­nes Ange­hö­ri­gen und auch die per­sön­li­che Ver­ab­schie­dung beim Todes­fall. „Wir arbei­ten häu­fig sehr situa­tiv. Dies bedeutet,wir erhal­ten einen Anruf, stel­len den Kon­takt zur Fami­lie her, erspü­ren Not­wen­dig­kei­ten und set­zen die­se mit den Ange­hö­ri­gen akti­vum.“ Das kön­ne die Gestal­tung eines Kreu­zes sein, die Überlegung,wie das­Ab­schied­neh­men­ge­stal­tet wird, das Bema­len des Sar­ges oder der Urne, das krea­ti­ve Gestal­ten eines Kraft­tie­res oder das Anrüh­ren einer „Mutmach-Salbe“für die dunk­len Tage der Trauer.Einmal im Monat wird eine Grup­pen­stun­de mit­samt Eltern-Café ange­bo­ten. Hin­zu kom­men Aus­flü­ge. „Wir arbei­ten erleb­nis­päd­ago­gisch und gestal­te­risch. Wir kom­men mit Trau­ern­den in Bewe­gung und schaf­fen Erleb­nis­se in der Natur“, so das Duo.Auch Coro­na hat die Arbeit natür­lich maß­geb­lich beein­flusst, so muss­ten ande­re Wege der Beglei­tung gefun­den wer­den. „Es liegt ein sehr span­nen­des, nicht immer ein­fa­ches Jahr hin­ter uns. Aber wir sind sehr zufrie­den mit der Ent­wick­lung und wer­denauch künf­tig mit ganz viel Moti­va­ti­on und Enga­ge­ment an unse­re Her­aus­for­de­run­gen gehen.“

 

Dass die Arbeit der Trau­er­grup­pe­wich­tig ist, immer wich­ti­ger wird und eine Lücke im Sau­er­land füllt, hat sich in den ver­gan­ge­nen 12 Mona­ten gezeigt. Nicht nur die Anfra­gen stei­gen und das öffent­li­che Inter­es­se wird­grö­ßer, auch die Aus­zeich­nung mit dem „Hei­mat­preis der Stadt Win­ter­berg“, Spen­den­ak­tio­nen zuguns­ten „Seelenbeben“wiezum Bei­spiel­die­ak­tu­ell lau­fen­de­Ak­ti­on „Kron­kor­ken sam­meln mit Herz“ der Hofstaatfreunde2017 Win­ter­berg (www​.face​book​.com/​K​r​o​n​k​o​r​k​e​n​s​a​m​m​e​l​n​m​i​t​H​e​r​z​/​)​,​C​h​a​r​i​t​y​-​K​o​n​z​e​r​t​e​s​o​wie ein Sti­pen­di­um der bun­des­weit agie­ren­den Orga­ni­sa­ti­on „start social“(https://startsocial.de/)dokumentieren unter ande­rem die bis­he­ri­gen Leis­tun­gen­des Teams, des­sen Blick nun ziel­stre­big nach vor­ne gerich­tet ist.

 

Mit­strei­ter und Unter­stüt­zer gefragt

Neben der eigent­li­chen Arbeit als Trau­er­be­glei­te­rin­nen steht die wei­te­re Pro­fes­sio­na­li­sie­rung von „See­len­be­ben“ auf der Agen­da. Das Anmie­ten von eige­nen Räu­men, die Orga­ni­sa­ti­on eines Oasen­ta­ges sowie­ei­nes betreu­ten „Seelenbeben“-Wochenendes für die Fami­li­en sowie ein Erleb­nis­tag im Fort Fun sind nur eini­ge der Pro­jek­te. „Unser Ziel ist es, See­len­be­ben auf noch pro­fes­sio­nel­le­re Füße und auf eige­ne Bei­ne zu stel­len, uns Schritt für Schritt von der ehren­amt­li­chen hin zu einer haupt­amt­li­chen Tätig­keit zu ent­wi­ckeln. Dies ist mit­tel­fris­tig wich­tig und not­wen­dig für die­se anspruchs­vol­le und emi­nent wich­ti­ge Auf­ga­be. Des­halb ist geplant, auch den Trä­ger zu wech­seln. Zudem brau­chen wir auch und gera­de für die Zukunft Men­schen, die das Team ver­stär­ken oder uns in unse­rer Arbeit beglei­tend unter­stüt­zen möch­ten. Natür­lich schließt die­ser Auf­ruf Orga­ni­sa­tio­nen, Ver­eine­und Unter­neh­men mit ein“, beto­nen Hel­ga Her­mann und Danie­la Jani­ne Peetz. Wer Inter­es­se hat, „See­len­be­ben“ zu unter­stüt­zen, viel­leicht sogar im Team mit­zu­ar­bei­ten oder ein­fach wei­te­re Infos benö­tigt, kann sich ent­we­der über die Home­page www​.see​len​be​ben​.com infor­mie­ren oder aber direkt Kon­takt auf­neh­men mit dem Team tele­fo­nisch unter 0178 8507937 sowie 0171 3032101 bzw. per Mail an info@​seelenbeben.​com!„Wir freu­en uns über jede Nach­richt“, so das Duo abschließend !

 

Ein paar anony­me Zita­te aus den betreu­ten Fami­li­en für Ihre Berichterstattung :

„Mei­ne Toch­ter woll­te nie über ihren Vater spre­chen. Nach dem ers­ten Tref­fen woll­te sie das Album mit Bil­dern vom ihm sehen. Sie spricht immer­mehr über ihn.“–Eine Mutter

„In einer Situa­ti­on, in der deinLe­ben in Scher­ben liegt, kom­men lie­be Men­schen und unter­stüt­zen dichund dei­ne Kin­der herz­lich, selbst­los und liebevoll!Wir haben Euch direkt ins Herz geschlos­sen. Dan­ke, aus den Tref­fen mit Euch schöp­fen wir Kraft!“–eine Mutter

„An See­len­be­ben gefällt mir, dass man coo­le Sachen macht­und man Leu­te ken­nen­lernt. Und dass man von ande­ren auch hört, was sie erlebt haben. Bei den Tref­fen kann man einen Moment ver­ges­sen, was einem auf dem Her­zen liegt und ein­fach Spaß haben.“ –ein Jugend­li­cher (14)

„An See­len­be­ben gefällt mir alles, ich freue mich auf jedes Tref­fen!“ –ein Kind (9)

„Man lernt auch ande­re Schick­sa­le ken­nen und­fühlt sich nicht mehr so allei­ne mit dem eige­nen Schicksal.Bei den Tref­fen kann man gemein­sam „anders“ sein.“ –eine Mutter

„Wo die Fami­li­en und ihre Freun­de an ihre Gren­zen sto­ßen, viel­leicht, weil man sich zu gut kennt und sie selbst trau­ern, schafft ihr es, mir Kraft zu geben​.Man sieht in mei­ner Situa­ti­on vie­le Din­ge anders, als man sich hät­te vor­stel­len kön­nen.“ –eine Mutter

 

Quel­le : Ralf Herman

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