Bundesweite Umfrage zur Corona-Pandemie

Mehrheit fühlt sich belastet, vertraut den Gesundheitsmaßnahmen und ist für eine Vermögensabgabe für Reiche

win­ter­berg-total­lo­kal : For­schen­de der Uni­ver­si­tät Frei­burg, Stutt­gart und der Lud­wig-Maxi­mi­li­ans-Uni­ver­si­tät Mün­chen haben vom 7. bis zum 17. Mai 2020 über 7.800 Per­so­nen in Deutsch­land zu ihren Erfah­run­gen und Ein­stel­lun­gen in der Coro­na-Pan­de­mie online befragt.

Die Ergeb­nis­se stel­len Prof. Dr. Uwe Wag­schal, Dr. Sebas­ti­an Jäck­le, Dr. Eva-Maria Trü­din­ger und Dr. Achim Hil­de­brandt nun vor : Nahe­zu jeder und jede Deut­sche ist von der Pan­de­mie in gewis­ser Wei­se betrof­fen. Nur fünf Pro­zent der Befrag­ten sehen sich durch die Ein­schrän­kun­gen und Maß­nah­men nicht beein­flusst. Dage­gen fühlt sich jeder und jede drit­te Befrag­te stark oder sogar sehr stark belas­tet, Frau­en ins­ge­samt stär­ker als Män­ner. Jün­ge­re und älte­re Men­schen füh­len sich durch die Pan­de­mie aber weni­ger belas­tet als Per­so­nen zwi­schen 30 und 60 Jahren.

Die gefühl­te Belas­tung in ein­zel­nen Regio­nen Deutsch­lands fällt sehr unter­schied­lich aus, berich­ten die For­schen­den. Beson­ders stark belas­tet füh­len sich die Befrag­ten in den Regio­nen Chem­nitz, Gie­ßen, aber auch in Mit­tel­fran­ken, Sach­sen-Anhalt und der Regi­on Dres­den. Im Ver­gleich zu den offi­zi­el­len Fall­zah­len des Robert-Koch-Insti­tuts (RKI) in den Regio­nen zeigt sich jedoch kein star­ker Zusam­men­hang zwi­schen den Zah­len der Infi­zier­ten und der gefühl­ten Belas­tung. Beson­ders die Men­schen in Nord­deutsch­land sind ent­spann­ter, aber auch in den am stärks­ten betrof­fe­nen Gebie­ten in Bay­ern und Baden-Würt­tem­berg füh­len sich die Befrag­ten eher weni­ger stark belas­tet, trotz hoher Anste­ckungs­zah­len und Todes­fäl­le im Süden.

Neben der gefühl­ten Belas­tung gibt es auch Angst vor Beein­träch­ti­gun­gen. Am stärks­ten ist die Furcht vor eige­ner Krank­heit oder bei nahe­ste­hen­den Per­so­nen : Für knapp 40 Pro­zent der Befrag­ten ist das die größ­te Angst – neben der vor einem Ein­bruch der Wirt­schaft sowie davor, ihre Lebens­ge­wohn­hei­ten ein­schrän­ken zu müssen.

Deut­lich weni­ger Angst haben die Befrag­ten dage­gen vor Ver­ein­sa­mung und eige­ner Arbeits­lo­sig­keit. „Offen­sicht­lich wird die Gefahr eige­ner Arbeits­lo­sig­keit weni­ger dra­ma­tisch ein­ge­schätzt als die gesamt­wirt­schaft­li­chen Fol­ge­wir­kun­gen“, erklärt Wag­schal. „Ins­ge­samt gibt es jedoch ein hohes Ver­trau­en in die Gesund­heits­maß­nah­men des Bun­des und der Län­der“, sagt der Frei­bur­ger Poli­tik­wis­sen­schaft­ler : Über 60 Pro­zent der Befrag­ten hal­ten die­se für geeig­net, um die gesund­heit­li­chen Fol­gen der Pan­de­mie in den Griff zu bekom­men. Deut­lich skep­ti­scher sind die Befrag­ten hin­sicht­lich der Fra­ge, ob die ergrif­fe­nen poli­ti­schen Maß­nah­men geeig­net sind, die wirt­schaft­li­chen Fol­gen der Pan­de­mie in den Griff zu bekom­men. Davon sind nur knapp 35 Pro­zent der Befrag­ten überzeugt.

Eine Mehr­heit der knapp 7.800 befrag­ten Per­so­nen hat eine kla­re Vor­stel­lung davon, wer für die Kos­ten der Pan­de­mie auf­kom­men soll : 51 Pro­zent hal­ten eine Ver­mö­gens­ab­ga­be für Rei­che für sehr sinn­voll, wei­te­re 30 Pro­zent hal­ten sie für teil­wei­se sinn­voll. Dage­gen hal­ten nur knapp 3 Pro­zent gene­rel­le Steu­er­erhö­hun­gen für sehr sinn­voll. Die Idee, den Soli­da­ri­täts­zu­schlag wie­der­ein­zu­füh­ren, erach­ten nur rund 15 Pro­zent der Befrag­ten für sehr sinnvoll.

„Ins­ge­samt hält mit 59,9 Pro­zent eine deut­li­che Mehr­heit der Befrag­ten die staat­li­chen Maß­nah­men zur Bekämp­fung des Virus nicht für über­trie­ben“, betont Wag­schal, „deut­li­che Unter­schie­de zei­gen sich aber zwi­schen den Anhän­ge­rin­nen und Anhän­gern der Par­tei­en. Mehr als die Hälf­te der FDP-Anhän­ger und fast drei Vier­tel der AfD-Anhän­ger hal­ten die Maß­nah­men für über­trie­ben, aber weni­ger als 15 Pro­zent der Anhän­ger von CDU/CSU, Grü­nen und SPD.“ Jedoch betrach­tet auch die gene­rell zustim­men­de Mehr­heit die Maß­nah­men dif­fe­ren­ziert : Schutz­maß­nah­men wie die sozia­le Distanz zu erhö­hen, betrof­fe­ne Gemein­den abzu­rie­geln oder der Gren­zen zu schlie­ßen, stimmt sie zu. Maß­nah­men wie Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­da­ten elek­tro­ni­sche zu über­wa­chen oder par­la­men­ta­ri­sche Rech­te ein­zu­schrän­ken, sieht sie deut­lich kritischer.

Bei der Fra­ge nach ihren Infor­ma­ti­ons­quel­len in Bezug auf die Coro­na-Bericht­erstat­tung zei­gen sich deut­li­che Unter­schie­de zwi­schen den Anhän­gern der ein­zel­nen Par­tei­en : Die der CDU/CSU, der SPD und der Grü­nen ver­trau­en stark den offi­zi­el­len Web­sei­ten wie der des Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums oder des RKI sowie den eta­blier­ten, öffent­lich-recht­li­chen Medi­en und Zei­tun­gen. Die Anhän­ger der Lin­ken und ins­be­son­de­re der FDP wei­sen hier durch­weg ein gerin­ge­res Ver­trau­en auf. AfD-Anhän­ger und die Anhän­ger ande­rer Par­tei­en, dar­un­ter auch Befrag­te, die als Wahl­prä­fe­renz die neue Grup­pie­rung „Wider­stand 2020“ ange­ge­ben haben, wei­chen deut­lich vom Rest der Bevöl­ke­rung ab. Sie hal­ten sämt­li­che Infor­ma­ti­ons­quel­len im Durch­schnitt für eher nicht ver­trau­ens­wür­dig und infor­mie­ren sich am ehes­ten auf Inter­net-Blogs, You­Tube sowie Sozia­len Netz­wer­ken – genau bei den Quel­len, denen die rest­li­che Bevöl­ke­rung am wenigs­ten Ver­trau­en entgegenbringt.

Ergeb­nis­se der Online-Befra­gung „Poli­tik­pa­nel Deutschland“

Per­so­nen, die in Zukunft auch an den Befra­gun­gen des Poli­tik­pa­nel Deutsch­land teil­neh­men wol­len, kön­nen ein­fach eine E‑Mail an politikpanel-​liste-​subscribe@​politik.​uni-​freiburg.​de schi­cken und sich damit auf der Poli­tik­pa­nel Mai­ling­lis­te ein­tra­gen. Pro Jahr wird maxi­mal zu vier Befra­gun­gen eingeladen.

Bild : Regio­na­le Ein­stel­lung zur Belas­tung durch Corona

Quel­len : Infi­zier­ten­fall­zah­len : https://​www​.rki​.de/​D​E​/​C​o​n​t​e​n​t​/​I​n​f​A​Z​/​N​/​N​e​u​a​r​t​i​g​e​s​_​C​o​r​o​n​a​v​i​r​u​s​/​F​a​l​l​z​a​h​l​e​n​.​h​tml

Kar­ten­da­ten : © Geo­Ba­sis-DE / BKG (2020), N = 7155, gewich­tet nach Alter, geschlecht, Ost-West und Sonntagsfrage.

Quel­le : Albert-Lud­wigs-Uni­ver­si­tät Freiburg

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