Stichwort der Woche : Rezession, na und ?

Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen

bri­lon-total­lo­kal : Eigent­lich war es zu erwar­ten : der Brexit, der Han­dels­krieg zwi­schen Chi­na und den USA, sin­ken­de Bör­sen­kur­se und jetzt auch noch ein Rück­gang der Auf­trags­la­ge im deut­schen Maschi­nen­bau, das Gespenst der Rezes­si­on taucht plötz­lich wie­der in den Nach­rich­ten auf. Was aber bedeu­tet die­ses Schre­ckens­wort eigent­lich ? In der Kon­junk­tur­for­schung betrach­tet man den Rück­gang des Brut­to­in­lands­pro­duk­tes über zwei Quar­ta­le hin­weg als Rezes­si­on. Dau­ert der Abschwung über einen län­ge­ren Zeit­raum an, spricht man von einer „Depres­si­on“. Schon an die­ser Aus­drucks­wei­se merkt man, dass Wirt­schaft, wie Lud­wig Erhard es aus­drück­te, zu gro­ßen Tei­len Psy­cho­lo­gie ist. Nun ist es die Auf­ga­be der Poli­tik, die Aus­wir­kun­gen einer Rezes­si­on oder gar Depres­si­on auf Arbeits­plät­ze, sozia­le Sicher­heit und auf den Wohl­stand der brei­ten Mas­se der Bevöl­ke­rung, zu steu­ern. Das ein­fachs­te Mit­tel gegen­zu­steu­ern sind staat­li­che Kon­junk­tur­pro­gram­me, die jedoch immer eine Erhö­hung der Staats­schul­den zur Fol­ge haben.

Schaut man sich den Kon­junk­tur­ver­lauf in Deutsch­land, seit der Grün­dung der Bun­des­re­pu­blik an, so haben wir eine steil nach oben ver­lau­fen­de Wachs­tums­kur­ve. Rezes­si­ons­pha­sen hat­ten wir 1967, als eine kur­ze Abküh­lung der Welt­wirt­schaft auch das deut­sche Wirt­schafts­wun­der zum Sto­cken brach­te, 1974 und 1982, als zwei Ölkri­sen die Prei­se für fos­si­le Brenn­stof­fe in die Höhe schnel­len lie­ßen und 1993, als die Kos­ten der Wie­der­ver­ei­ni­gung den Anstieg der Inlands­nach­fra­ge aus­brems­ten. Zur Jahr­tau­send­wen­de brach­te das Plat­zen der IT-Bla­se eine erneu­te Rezes­si­on und 2008 erwisch­te uns die Leh­mann-Kri­se mit der dar­auf fol­gen­den Ban­ken­ret­tung. All das führ­te dazu, dass die jeweils erfolg­ten staat­li­chen Ein­grif­fe uns Staats­schul­den von über zwei Bil­lio­nen Euro beschert haben, die wir künf­ti­gen Gene­ra­tio­nen als ein unse­li­ges Erbe hin­ter­las­sen wer­den. Doch wel­che Mit­tel kann die Poli­tik jetzt anwen­den um den sozia­len Aus­wir­kun­gen einer bevor­ste­hen­den Rezes­si­on zu begegnen ?

Eine Erhö­hung der Staats­ver­schul­dung wür­de den Euro­päi­schen Sta­bi­li­täts­pakt wider­spre­chen und die Kre­dit­wür­dig­keit Deutsch­lands her­un­ter­stu­fen. Auf der ande­ren Sei­te stellt sich die Her­aus­for­de­rung der Ein­hal­tung der selbst gesteck­ten Kli­ma­zie­le. Ver­gleicht man den Kon­junk­tur­ver­lauf der letz­ten Jahr­zehn­te mit dem jähr­li­chen CO2 Aus­stoß, stellt man fest, dass jede Rezes­si­on zeit­gleich einen Rück­gang der CO2 Belas­tung für unse­re Umwelt bedeu­te­te. Somit waren die Scheichs, Bio­da­ta und Co. sowie die Leh­mann Brot­hers die größ­ten Kli­ma­schüt­zer der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te. Wenn wir es mit einer wirk­li­chen Kli­ma­wen­de ernst mei­nen, und was ande­res bleibt uns gar nicht übrig, müs­sen wir uns sowie­so von der Vor­stel­lung eines ste­ti­gen Wachs­tums ver­ab­schie­den. Ein sol­cher Wachs­tums­rück­gang darf aller­dings nicht, wie in den ver­gan­ge­nen Rezes­sio­nen gesche­hen, auf dem Rücken der „klei­nen Leu­te“ aus­ge­tra­gen wer­den. Es müs­sen ande­re Arbeits­zeit­mo­del­le her, unte­re Ein­kom­mens­grup­pen müs­sen steu­er­lich ent­las­tet wer­den und die wirk­lich Ver­mö­gen­den, die bis­her aus allen Kri­sen als Gewin­ner her­vor gegan­gen sind, müs­sen dies­mal rich­tig zur Kas­se gebe­ten wer­den. So könn­te eine bevor­ste­hen­de Rezes­si­on zur Errei­chung der Kli­ma­zie­le bei­tra­gen und zudem unser Land wie­der sozi­al gerech­ter machen.

Ihr Nor­bert Schnellen

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