Stichwort der Woche : Müll in der Landschaft – Müll im Kopf

Winterberg-Totallokal : Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen

win­ter­berg-total­lo­kal : In den ver­gan­ge­nen Wochen haben im gesam­ten Alt­kreis zahl­rei­che ehren­amt­li­che Hel­fer die Hin­ter­las­sen­schaf­ten ihrer Mit­men­schen aus der schö­nen Sau­er­län­der Land­schaft ent­fernt. Ich weiß nicht, ob unse­re Kom­mu­nal­po­li­ti­ker und Tou­ris­ti­ker die­sen Ein­satz nach vie­len Jah­ren noch genü­gend wür­di­gen, oder ob sie das bür­ger­schaft­li­che Enga­ge­ment die­ser „tra­di­tio­nel­len“ Aktio­nen inzwi­schen schon als selbst­ver­ständ­lich anse­hen. Unstrit­tig ist jedoch, dass die Müll­ber­ge jedes Jahr grö­ßer wer­den und unse­re Land­schaft lei­der schon nach ein paar Wochen wie­der mit acht­los weg­ge­wor­fe­nen Gegen­stän­den aller Art „ver­ziert“ ist. Die Zahl der Nest­be­schmut­zer scheint somit ungleich grö­ßer zu sein als die Zahl der Sau­ber­män­ner und ‑frau­en, die deren Müll dann spä­ter wie­der weg­räu­men. Viel­leicht soll­ten wir unser Augen­merk daher ein­mal auf die Spe­zi­es der Nest­be­schmut­zer rich­ten : Was sind das für Zeit­ge­nos­sen, die ein­fach alles unter sich las­sen und damit unse­re herr­li­che Natur, nicht nur für ande­re, son­dern auch für ihre eige­nen Augen, mit Hin­ter­las­sen­schaf­ten ver­schan­deln, die nicht hier hin gehören ?

Ich glau­be, dass die Ursa­chen für deren Ver­hal­ten nicht nur Acht­lo­sig­keit oder Faul­heit sind, son­dern dass etwas mehr dahin­ter steckt. Nach­dem sich im letz­ten Vier­tel des 20. Jahr­hun­derts bei vie­len Men­schen ein stär­ke­res Umwelt­be­wusst­sein her­aus­ge­bil­det hat, scheint sich das in den letz­ten Jah­ren ins Gegen­teil ver­kehrt zu haben. Kon­sum ohne Gren­zen ist cool, öko­lo­gi­sches Den­ken ist uncool – aber so was von out. Der „Homo Mobi­lis“ muss stän­dig in Bewe­gung sein : Cof­fee to go, Fast­food, PET-Fla­schen („scheiß doch auf den Dosen­pfand“) und ein­zel­ver­pack­te Lebens­mit­tel sind der Aus­druck des aktu­el­len Life­style. Bewuss­tes Essen und Trin­ken, die Natur in Ruhe genie­ßen ist heu­te ein­fach nicht mehr drin. In die­ser Zeit könn­te man ja etwas Wich­ti­ge­res ver­pas­sen. Zudem emp­fin­den vie­le Men­schen inzwi­schen Natur, Stil­le und Ein­sam­keit als etwas zutiefst Bedroh­li­ches. Man hat ein­fach den Kon­takt dazu ver­lo­ren. Die rasan­te Ent­wick­lung in der Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik erfor­dert heu­te die vol­le Auf­merk­sam­keit. Der damit ein­her­ge­hen­de Wan­del der Gesell­schaft ermög­licht eine noch nie da gewe­se­ne Mani­pu­la­ti­on des Ein­zel­nen, vom frei den­ken­den Indi­vi­du­um zum wil­len­lo­sen Kon­sum­zom­bie. Bei sol­chen Figu­ren wur­den Pro­gram­me wie Acht­sam­keit oder Rück­sicht schon bei frü­he­ren Updates ent­fernt. Kein Wun­der, dass sol­che Leu­te ihren Müll ein­fach in die Gegend schmei­ßen. Schließ­lich soll ihre Umwelt den Zustand ihrer voll­ge­müll­ten Gehir­ne widerspiegeln.

Ihr Nor­bert Schnellen

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