Stichwort der Woche : Steuerzahlergedenktag

Winterberg-Totallokal : Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen

bri­lon-total­lo­kal : Seit knapp einer Woche arbei­ten wir, rein sta­tis­tisch gese­hen, in die eige­ne Tasche. Bis zum 19. Juli haben wir aus­schließ­lich für Steu­ern und Abga­ben malocht. Das ver­kün­det zumin­dest der Bund der Steu­er­zah­ler in sei­ner jähr­li­chen Bilanz über die stei­gen­de Höhe der Belas­tun­gen in Deutsch­land. Ob die­ser Ter­min so rich­tig liegt, oder ob der Steu­er­zah­ler­bund da viel­leicht ein biss­chen zu dick auf­trägt, dar­über kann man natür­lich treff­lich strei­ten. Tat­sa­che ist, dass die Belas­tung der Arbeits­ein­kom­men immer mehr zunimmt, die Steu­er­ein­nah­men spru­deln wie nie zuvor und das, obwohl sich im obe­ren Bereich der Steu­er­pflich­ti­gen immer mehr aus der Ver­ant­wor­tung steh­len. Die Haupt­last tra­gen pro­por­tio­nal die Emp­fän­ger unte­rer und mitt­le­rer Ein­kom­men. Inter­na­tio­na­le Kon­zer­ne ver­die­nen hier­zu­lan­de zwar jede Men­ge Geld, zah­len ihre Steu­ern jedoch auf den Cayman Islands.

Im Mit­tel­al­ter war es üblich, dass die Bau­ern den Zehn­ten, also 10 Pro­zent ihrer Ern­te­er­trä­ge an den Lan­des­her­ren abge­ben muss­ten. Dafür erhiel­ten sie jedoch auch rela­tiv wenig Gegen­leis­tung, gera­de mal die Berei­che äuße­re und inne­re Sicher­heit wur­den, oft mehr schlecht als recht, durch die­se Abga­ben finan­ziert. Heu­te zah­len wir über 50 Pro­zent unse­rer Ein­nah­men, durch direk­te und indi­rek­te Steu­ern, Sozi­al­ab­ga­ben und ähn­li­chem, an die öffent­li­che Hand. Dafür stellt uns der Staat natür­lich auch wesent­lich umfang­rei­che­re Gegen­leis­tun­gen zur Ver­fü­gung als im Mit­tel­al­ter. Wir alle par­ti­zi­pie­ren von einer gut aus­ge­bau­ten Infra­struk­tur, von Schu­len und Uni­ver­si­tä­ten, vom Gesund­heits- und Ren­ten­sys­tem, von Sport­an­la­gen und kul­tu­rel­len Ein­rich­tun­gen. Aber, wie über­all wo viel Geld im Spiel ist, gibt es auch immer Leu­te, die sich an die­sem Geld, das sie nicht erar­bei­tet haben, bedie­nen um per­sön­li­chen Prunk zu ent­fal­ten. Im Mit­tel­al­ter bau­ten man­che Ade­li­ge und Kle­ri­ker mit dem Geld, das ihre Unter­ta­nen erar­bei­te­ten, präch­ti­ge Bur­gen, Schlös­ser, Klös­ter und Dome. Heu­te haben wir eine Elb­phil­har­mo­nie (offen­sicht­lich nur zum Prun­ken beim G20-Gip­fel erbaut), opu­len­te Regie­rungs­ge­bäu­de in Ber­lin (da träum­te der „Füh­rer“ von) und einen Haupt­stadt­flug­ha­fen der nie fer­tig wird (wie der Köl­ner Dom).

Kein Wun­der, dass vie­le Men­schen nicht mehr an eine Steu­er­ge­rech­tig­keit glau­ben. Steu­er- und Bei­trags­zah­ler, die für sich selbst eine dro­hen­de Alters­ar­mut befürch­ten, kön­nen sicher nicht ver­ste­hen, dass kei­ne Regie­rung in den ver­gan­ge­nen Jah­ren die­ser abseh­ba­ren Ent­wick­lung ent­ge­gen­ge­wirkt hat. Spa­rer, deren Ver­mö­gen durch die Null­zins­po­li­tik den Bach run­ter­geht, haben kein Ver­ständ­nis dafür, dass hohe Steu­er­ein­nah­men nicht zur Til­gung der Staats­schul­den (der eigent­li­chen Ursa­che für Null Zin­sen) ver­wen­det wer­den, son­dern als Steu­er­ge­schen­ke bei Kon­zer­nen lan­den. So kön­nen wir alle damit rech­nen, dass sich die­ser Gedenk­tag immer wei­ter nach hin­ten ver­schiebt, bis der Staat irgend­wann am 30. Dezem­ber sagt : „Dan­ke – und der Rest ist dann für Sie“.

Ihr Nor­bert Schnellen

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