Stichwort der Woche: Rettet die Demokratie!

Winterberg-Totallokal: Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen…

win­ter­berg-total­lo­kal: Am kom­men­den Sonn­tag dür­fen wir mal wie­der einen neu­en Land­tag wäh­len. Eigent­lich ist das ein Pri­vi­leg, denn in vie­len Tei­len der Erde gibt es eine sol­che Mög­lich­keit nicht. Wir gehen also dahin, machen unse­re Kreuz­chen bei Kan­di­da­ten, die wir meis­tens nur durch die Medi­en ken­nen und bei einer Par­tei, deren Pro­gramm wir in den wenigs­ten Fäl­len gele­sen haben – oder? Damit ist für uns die Sache dann für die nächs­ten fünf Jah­re erle­digt, wir kön­nen uns dann nur noch dar­über auf­re­gen, was „die da oben“ ver­an­stal­ten. Denen „da oben“ ist das anschei­nend auch nur recht und sie ver­an­stal­ten dann auch das, was sie wol­len. Kann so eine Demo­kra­tie funk­tio­nie­ren? Wohl kaum, eine sol­che Hal­tung för­dert das Ent­ste­hen poli­ti­scher Eli­ten und ent­mün­digt uns Bür­ger zum rei­nen Stimmvieh.

Eine wirk­lich funk­tio­nie­ren­de Demo­kra­tie erfor­dert schon etwas mehr Anstren­gung und Ein­satz. Für Men­schen, die es nur noch gewohnt sind sich rund­um bespa­ßen zu las­sen, ist auch die Poli­tik nur noch eines von vie­len Medi­en­er­eig­nis­sen und Wah­len ran­gie­ren bei ihnen noch weit hin­ter dem Euro­vi­si­on Song Con­test. Ver­mut­lich sind vie­le nicht mehr dazu in der Lage zu erken­nen, dass sie ihr eige­nes Schick­sal durch ihre Pas­si­vi­tät völ­lig aus der Hand geben. In einer sol­chen Situa­ti­on schlägt die Stun­de der Popu­lis­ten. Mit mar­ki­gen Schuld­zu­wei­sun­gen an bestimm­te Grup­pen und hoh­len Ver­spre­chun­gen gewin­nen sie über­all auf der Welt an Ein­fluss. Wenn sich die­se natio­na­len Popu­lis­ten dann noch mit glo­bal arbei­ten­den Kon­zer­nen ver­bün­den, bedeu­tet das schlicht und ein­fach das Aus für Demo­kra­tie und Eigenverantwortung.

Sowohl unse­re (noch) demo­kra­tisch gewähl­ten Poli­ti­ker, als auch wir, als poli­tisch den­ken­de Men­schen, sind gefor­dert die Demo­kra­tie zu ret­ten. Das klingt jetzt etwas pathe­tisch, ist aber ver­mut­lich eine der letz­ten Mög­lich­kei­ten uns und unse­ren Kin­dern auf Dau­er ein frei­heit­li­ches Sys­tem zu erhal­ten. Demo­kra­tie muss „von unten“ kom­men, aus der kom­mu­na­len Ebe­ne, aus Ver­ei­nen, Ver­bän­den und Bür­ger­initia­ti­ven. Das bedeu­tet für den Ein­zel­nen jede Men­ge Arbeit und ehren­amt­li­ches Enga­ge­ment und für die der­zei­tig herr­schen­den Par­tei­en ein Über­den­ken der 5% Hür­de und die Bereit­schaft poli­ti­sche Ver­ant­wor­tung durch direk­te Demo­kra­tie zu tei­len. „Mehr Demo­kra­tie wagen“, die­ser berühm­te Satz von Wil­ly Brandt ist heu­te aktu­el­ler denn je. Zur dies­jäh­ri­gen Land­tags­wahl sind 31 Par­tei­en zuge­las­sen, dar­un­ter zuge­ge­ben eini­ge Exo­ten und auch ein paar Extre­mis­ten. Es sind jedoch auch eini­ge dar­un­ter, die uns etwas zu sagen haben und die Mei­nungs­viel­falt erhö­hen könn­ten. Dadurch wür­den sich auch weni­ger ent­täusch­te Wäh­ler den popu­lis­ti­schen Strö­mun­gen zuwen­den und sich viel­leicht wie­der mehr Men­schen mit der Poli­tik befas­sen. Noch kön­nen wir gemein­sam etwas ändern, wir soll­ten die­se Chan­ce nicht unge­nutzt ver­strei­chen lassen.

Ihr Nor­bert Schnellen