Sie säen nichts und ernten alles

Winterberg-Totallokal : Stichwort der Woche von Norbert Schellen

win­ter­berg-total­lo­kal : Wenn zwei gro­ße Rocker­ban­den, wie z.B. die „Ban­di­dos“ und die „Hells Angels“ fusio­nie­ren wür­den, um gemein­sam die Pro­sti­tu­ti­on und den Dro­gen­han­del in deut­schen Groß­städ­ten zu kon­trol­lie­ren, wäre es selbst­ver­ständ­lich, dass dann die  Sicher­heits­be­hör­den ein­schrei­ten wür­den. Wenn sich zwei Groß­kon­zer­ne, die mit sicher nicht weni­ger kri­mi­nel­ler Ener­gie, welt­weit den Markt mit Saat­gut, Gen­tech­nik und Pflan­zen­schutz kon­trol­lie­ren zusam­men­schlie­ßen, wer schrei­tet dann ein ?

Die Pro­duk­ti­on von Nah­rungs­mit­teln war lan­ge Zeit die Sache der Bau­ern. Klei­ne Fami­li­en­be­trie­be ver­sorg­ten sich selbst mit Nah­rungs­mit­teln und ver­kauf­ten die Pro­duk­ti­ons­über­schüs­se an ande­re. Von den Ver­kaufs­er­lö­sen konn­ten sie sich dann wie­der mit ande­ren Din­gen des täg­li­chen Gebrauchs ver­sor­gen. In den ver­gan­ge­nen 100 Jah­ren hat sich die Nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on welt­weit grund­le­gend ver­än­dert. Immer mehr Men­schen arbei­te­ten in Indus­trie und Han­del, die Zahl der land­wirt­schaft­li­chen Betrie­be und damit die Anzahl der Men­schen, die ihren Lebens­un­ter­halt mit Land­wirt­schaft ver­dien­ten, sank kon­ti­nu­ier­lich. Die Nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on unter­schei­det sich daher kaum noch von ande­ren Indus­trien. Auf der Stre­cke geblie­ben sind, neben der Arten­viel­falt bei Pflan­zen und Tie­ren, hier­bei das Wohl der Tie­re und der Erhalt der Umwelt. Im real exis­tie­ren­den Sozia­lis­mus begann man damit, das ent­eig­ne­te Land indus­tri­ell zu bewirt­schaf­ten. Aber auch im kapi­ta­lis­ti­schen Ame­ri­ka beschritt man schon früh den Weg in die indus­tri­el­le Land­wirt­schaft, hier natür­lich im Pri­vat- oder Akti­en­be­sitz. Für die indus­tri­el­le Nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on benö­tig­te man neben immer grö­ßer wer­den­den Land­ma­schi­nen auch immer mehr die che­mi­sche Indus­trie, da rie­si­ge Mono­kul­tu­ren sehr schäd­lings­an­fäl­lig sind und Mas­sen­tier­hal­tung ohne Medi­ka­men­ten­ein­satz nicht funk­tio­niert. Die Gen­for­schung brach­te dann die Pflan­zen auf den Markt, die im Gegen­satz zum Unkraut, gegen die che­mi­schen Keu­len immun waren. Even­tu­el­le Aus­wir­kun­gen auf die Umwelt und die Gesund­heit der Kon­su­men­ten gel­ten als Kol­la­te­ral­schä­den und wer­den durch eine groß ange­leg­te Pro­pa­gan­da­ma­schi­ne­rie her­un­ter­ge­spielt. Mit „Digi­tal Far­ming“ soll die Land­wirt­schaft in naher Zukunft noch stär­ker auto­ma­ti­siert wer­den. Der Beruf des Bau­ern wird dadurch recht bald aus­ster­ben und die Eigen­tums­ver­hält­nis­se beim Land­be­sitz wer­den sich zuguns­ten der Kon­zer­ne ändern.

Die „Gut­men­schen“ von Bay­er-Mons­an­to und Co. erzäh­len uns natür­lich am liebs­ten, dass eine stei­gen­de Erd­be­völ­ke­rung nur durch eine indus­tria­li­sier­te Land­wirt­schaft satt wer­den kann. Dazu benö­tigt man natür­lich Frei­han­dels­ab­kom­men und mög­lichst den Weg­fall aller natio­na­len Umwelt­schutz­stan­dards. Ich glau­be nicht, dass sich die­se Mana­ger mora­lisch von den Ver­tre­tern kri­mi­nel­ler Rocker­ban­den unter­schei­den, auch sie sehen nur ihren kurz­fris­ti­gen Pro­fit. Pflan­zen, Tie­re und Men­schen zäh­len für sie nur als Pro­duk­ti­ons­fak­tor zum Nut­zen ihrer Ren­di­te. Bald ist ohne sie ist kei­ne Nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on mehr mög­lich, sie sind die neu­en Her­ren der Welt.

Ihr Nor­bert Schnellen

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