„LASSEN SIE SICH NICHT STÄNDIG VON DEM „PLING“ EINER NEUEN EMAIL IM POSTEINGANG AUS IHRER ARBEIT REISSEN“

WINTERBERG ‑TOTALLOKAL: ZEITFRESSER MIT DIGITALER KUNDENAKTE UND UNTERNEHMENS-WIKI AUSSCHALTEN – TIPPS UND TRICKS BEIM MITTELSTANDSTREFFEN

win­ter­berg-total­lo­kal: Eine aktu­el­le Stu­die hat her­aus­ge­fun­den, dass ein kon­zen­trier­tes Arbei­ten an einer Sache deut­lich effi­zi­en­ter ist, als alle gleich­zei­tig zu machen. Mul­ti­tas­king war ges­tern, Sin­gle­tas­king ist heu­te. Das ist eine von meh­re­ren Erkennt­nis­sen und Tipps, die am Diens­tag (24.11.15) den mehr als 60 Gäs­ten beim Mit­tel­stands­tref­fen des Bun­des­ver­ban­des mit­tel­stän­di­sche Wirt­schaft (BVMW e.V.) im Hau­se B‑Cube auf den Weg gege­ben wur­den. Ste­fa­nie Heit­her-Bür­ger, Mar­ke­ting­lei­te­rin bei der Fir­ma Netz­kul­tur (Lipp­stadt) und Michel Lan­fran­ca von Vis­con­ti (Gese­ke) stell­ten das The­ma „Zeit­ma­nage­ment“ in den Fokus.

Die Exper­ten raten dazu, zum Bei­spiel im Tages­plan fes­te Zei­ten für die Bear­bei­tung von eMails, Anru­fen und Pro­jekt­ar­beit fest­zu­le­gen und sich strikt dar­an zu hal­ten. „Las­sen Sie sich nicht stän­dig von dem „Pling“ einer neu­en eMail im Post­ein­gang aus Ihrer Arbeit rei­ßen“, appel­liert Ste­fa­nie Heit­her-Bür­ger. „Mit ent­spre­chen­der Soft­ware kön­nen Sie akus­ti­sche Signa­le mit einem Klick deak­ti­vie­ren oder Ihre eMails für einen defi­nier­ten Zeit­raum an einen Kol­le­gen glo­ba­li­sie­ren bzw. wei­ter­lei­ten.“ Sehr hilf­reich ist eine digi­ta­le Kun­den­ak­ten, in den die Kon­takt­da­ten der Kun­den auto­ma­tisch mit allen zuge­hö­ri­gen eMail, Anru­fen, Doku­men­ten, Ter­mi­nen und sons­ti­gen Noti­zen in einer chro­no­lo­gi­schen Kon­takt­his­to­rie ver­knüpft sind.

Unter­neh­mens-Wiki statt Zettelwirtschaft

Für wie­der­keh­ren­de Auf­ga­ben soll­ten fes­te Pro­zes­se defi­niert wer­den. Wie­der­keh­ren­de Auf­ga­ben, wie zum Bei­spiel die Anlei­tung zur Rei­se­kos­ten­ab­rech­nung, soll­te in einem Unter­neh­mens-Wiki abge­legt wer­den. „So leis­ten Sie „Hil­fe zur Selbst­hil­fe“ und die Mit­ar­bei­ter kön­nen die Anlei­tung selb­stän­dig abar­bei­ten anstatt zum zig­ten Mal Sie oder Ihre Sekre­tä­rin zu fra­gen und frem­de Zeit zu rauben.“

Mono­pol­wis­sen auflösen

Die heu­ti­gen Anfor­de­run­gen ver­lan­gen nach einer neu­en Art der trans­pa­ren­ten Unter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­ti­on, in der jeder Mit­ar­bei­ter sein Know-how mit einer geleb­ten Selbst­ver­ständ­lich­keit allen ande­ren Kol­le­gen zur Ver­fü­gung stellt – sei es, dass er Noti­zen zu Anru­fen hin­zu­fügt, damit der Kol­le­ge bei eige­ner Abwe­sen­heit ein­fach ver­tre­ten kann oder sei es durch Frei­schal­tung des eige­nen Ter­min­ka­len­ders, um so ande­ren Mit­ar­bei­ter die Mög­lich­keit zu geben, Ter­mi­ne für ein­zel­ne Kol­le­gen oder gan­ze Teams einzustellen.

Auf­ga­ben nach dem „Eisen­hower-Prin­zip“ an Kol­le­gen delegieren

Wich­ti­ges und gleich­zei­tig Drin­gen­des soll­te sel­ber und sofort erle­digt wer­den, wäh­rend Wich­ti­ges, aber nicht Drin­gen­des für spä­ter ter­mi­niert wer­den kann. Hier­zu kön­nen in der Soft­ware Kalen­der­ein­trä­ge oder Auf­ga­ben mit Erin­ne­rungs­funk­ti­on ange­legt wer­den. Nicht Wich­ti­ges, aber Drin­gen­des kann ein­fach an mit der Glo­ba­li­sie­ren-Funk­ti­on an Kol­le­gen dele­giert wer­den. „Arbei­ten Sie block­wei­se und unter­bin­den Sie Stö­run­gen“, so Heit­her Bürger.

„War­um haben wir Men­schen Cha­os?“, frag­te die Exper­tin das Publi­kum. „Ganz ein­fach, weil wir nicht wis­sen, wohin wir die Fül­le an Infor­ma­tio­nen schie­ben, able­gen, lagern sol­len. Das heißt Auf­räu­men geht immer nur dann, wenn ich eine ein­deu­ti­ge Struk­tur haben, die mir Weg­wei­ser gibt, wo bestimm­te Sachen hingehören.“

Mit ent­spre­chen­den Pro­gram­men kann die­se Struk­tur rea­li­siert wer­den. Es kön­nen Pro­jek­te ange­legt wer­den, die mit Skiz­zen, Doku­men­ten, eMails etc. ver­knüpft leicht wie­der­ge­fun­den wer­den. Wer­den die Pro­jek­te noch mit dem Kun­den ver­knüpft, sind alle Infos mit weni­gen Klicks wie­der­zu­fin­den – ent­we­der über den Kun­den oder über das Projekt.

Noch ein wei­te­rer Tipp: Abends fünf Minu­ten vor Fei­er­abend den Schreib­tisch auf­räu­men. Das gibt dann noch ein­mal ein gutes Gefühl, nichts ver­ges­sen zu haben. So kann am nächs­ten Tag ent­spannt mit einem „sau­be­ren“ Schreib­tisch gestar­tet werden.

Tag und Woche mit Puf­fer- und Pau­sen­zei­ten planen

Stu­di­en bele­gen, dass Men­schen nega­ti­ven Stress (sog. Distress) nur durch kör­per­li­che Bewe­gung abbau­en kön­nen. Jeg­li­che Behaup­tung, dass TV-schau­en oder Musik hören den glei­chen Effekt hat, ist nicht belegt. In der heu­ti­gen hoch­tech­no­lo­gi­sier­ten Welt ist jedoch fol­gen­des passiert:

arbei­ten vie­le Men­schen stän­dig am Limit, weil der „Leis­tungs­zug Deutsch­land“ eben­so schnell fährt und weil man heut­zu­ta­ge schein­bar nur noch punk­ten kann, wenn man pro Woche 60 Stun­den „Non­stop“ arbei­tet und sein Feld­bett im Büro hat­brau­chen wir uns kaum noch bewegen.

Zur Arbeit fährt man mit dem Auto, die Eta­gen im Büro­ge­bäu­de über­win­det man – sofern man nicht alles nur noch per eMail oder Tele­fon regelt – mit dem Auf­zug, der Dru­cker steht direkt neben dem Schreib­tisch. Zudem bele­gen Umfra­gen, dass der Groß­teil der Arbeit­neh­mer immer zuguns­ten sei­ner Arbeit und zu Unguns­ten sei­nes Pri­vat­le­bens ent­schei­det. Der Mensch erle­digt lie­ber noch eine beruf­li­che Auf­ga­be und ver­zich­tet damit zum Bei­spiel auf den Besuch im Fitness-Studio.

Das Fazit: Die „Stress-Silos“ der Men­schen lau­fen immer wei­ter voll und kol­la­bie­ren irgend­wann. Die stei­gen­de Anzahl der Burn­out-Pati­en­ten belegt die­se Entwicklung.

Tipp: Pau­sen- und Pri­vat­ter­mi­ne mit der glei­chen Wich­tig­keit in den Wochen­ka­len­der ein­pla­nen wie beruf­li­che Ter­mi­ne. Die Ver­bind­lich­keit steigt um ein viel­fa­ches, wenn ein Ter­min im Kalen­der steht. Sonst besteht die Gefahr, dass ande­re die freie Zeit verplanen.

„Ach­ten Sie auf sich und auf den Aus­gleich zwi­schen Arbei­ten und Pau­sie­ren. Call-Cen­ter sind nur eine Mög­lich­keit, sich ein­fach mal eine „Aus­zeit“ zu ver­schaf­fen. Die Kun­den kön­nen ihre Anlie­gen auch in Ihrer Abwe­sen­heit bei sym­pa­thi­schen Men­schen los­wer­den und Sie kön­nen sich dar­um küm­mern, wenn Sie wie­der frei und ener­gie­voll dafür sind.“

Foto: Begrüß­ten beim Mit­tel­stands­tref­fen zum The­ma Zeit­fres­ser über 60 inter­es­sier­te Unter­neh­mer und lei­ten­de Ange­stell­te (v.li.): Chris­toph Klo­ke (BVMW), Ralf Becker und Mat­thi­as Hage­dorn (Fir­men Her­mann Becker/​B‑Cube), Ste­fa­nie Heit­her-Bür­ger (Netz­kul­tur), Her­mann Becker (Seni­or­chef Fa. Becker), Bür­ger­meis­ter Dr. Chris­tof Bartsch und Michel Lan­fran­ca (Vis­con­ti). Foto: BVMW HSK