DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2020

Pedelec-ABS bringt deutliche Vorteile beim Bremsen auf nasser Fahrbahn
  • Ver­gleich unter­schied­li­cher Fahrrad-Bremssysteme 
  • Ver­zö­ge­rungs­wer­te auf tro­cke­ner Fahr­bahn erfül­len Anfor­de­run­gen für Kfz 
  • Her­kömm­li­cher Tret­rol­ler bei Näs­se prak­tisch ohne Bremswirkung

win­ter­berg-total­lo­kal : Fahr­rä­der ver­fü­gen heut­zu­ta­ge über wir­kungs­vol­le Brems­sys­te­me. Am bes­ten ent­fal­ten sie – unab­hän­gig vom Kon­struk­ti­ons­prin­zip – ihr Poten­zi­al auf tro­cke­ner Fahr­bahn. Bei Näs­se haben Pedelecs mit ABS-Sys­tem deut­li­che Vor­tei­le. Das ist das Ergeb­nis von Ver­gleichs­ver­su­chen der DEKRA Unfall­for­schung für den aktu­el­len DEKRA Ver­kehrs­si­cher­heits­re­port 2020.

Nach den gesetz­li­chen Vor­schrif­ten in § 65 der deut­schen Stra­ßen­ver­kehrs-Zulas­sungs-Ord­nung (StV­ZO) muss ein Fahr­rad zwei von­ein­an­der unab­hän­gi­ge Brem­sen besit­zen. Bau­art und Beschaf­fen­heit sind nicht vor­ge­ge­ben. Gefor­dert wird zum einen, dass die Brem­sen fest ange­bracht sind. Zum ande­ren müs­sen sie in der Lage sein, die Geschwin­dig­keit hin­rei­chend zu ver­rin­gern und das Fahr­zeug im Stand zu fixie­ren. Ähn­li­che Vor­ga­ben gel­ten für E‑Scooter.

Wie es um die Brems­leis­tung heu­ti­ger Fahr­rä­der, Pedelecs und S‑Pedelecs bestellt ist, hat die DEKRA Unfall­for­schung auf dem Gelän­de des DEKRA Tech­no­lo­gy Cen­ters am Lau­sitz­ring getes­tet. Die sechs Ver­suchs­rä­der waren vor dem Test im All­tags­ge­brauch, Rei­fen­druck und Zustand der Brem­sen wur­den vor­ab geprüft. Fol­gen­de Brems­sys­te­me waren an den Rädern verbaut :

  • City-Rad : Fel­gen­brem­se vorn, Rück­tritt­brem­se hinten
  • Trek­king-Rad : Fel­gen­brem­se vorn und hinten
  • Moun­tain­bike 1 : Fel­gen­brem­se vorn und hinten
  • Moun­tain­bike 2 : Schei­ben­brem­se vorn und hinten
  • S‑Pedelec : Schei­ben­brem­se vorn und hinten
  • Pedelec : Schei­ben­brem­se mit ABS vorn, Schei­ben­brem­se hinten

„Ver­gleich­bar sind die Brems­sys­te­me nur, wenn auch die Rei­fen­auf­stands­flä­che ähn­lich ist. Des­we­gen kamen Renn­rä­der oder so genann­te Fat­bikes für den Ver­gleichs­ver­such nicht in Fra­ge“, erläu­tert DEKRA Unfall­for­scher Lui­gi Ancona.

Das Test­sze­na­rio sah meh­re­re Brem­sun­gen mit jedem Ver­suchs­rad jeweils auf tro­cke­ner und auf nas­ser Fahr­bahn vor. Es wur­de jeweils durch einen ver­sier­ten Test­fah­rer aus 25 km/​h mit maxi­mal mög­li­cher Ver­zö­ge­rung abge­bremst. Bei den Brem­sun­gen auf nas­ser Fahr­bahn wur­den die kom­plet­te Anlauf- und Fahr­stre­cke sowie der Brems­be­reich, aber auch die Räder selbst und ihre Brems­sys­te­me inten­siv gewäs­sert, um Regen­wet­ter mög­lichst rea­lis­tisch abzubilden.

Im Tro­cke­nen fällt kein Sys­tem deut­lich ab ; Näs­se sorgt für Unterschiede 

Bei den Brem­sun­gen auf tro­cke­ner Fahr­bahn boten alle Ver­suchs­rä­der anspre­chen­de Leis­tun­gen, kein Sys­tem fiel deut­lich ab. Unter­schie­de gab es den­noch : Den längs­ten Brems­weg hat­te das Rad mit der Kom­bi­na­ti­on aus Fel­gen- und Rück­tritt­brem­se (gemit­telt 4,55 Meter). Der kür­zes­te Brems­weg wur­de beim S‑Pedelec ver­zeich­net (3,66 Meter). Der Unter­schied zwi­schen der bes­ten und der schlech­tes­ten Leis­tung betrug also 89 Zentimeter.

Auf nas­sem Unter­grund waren die Unter­schie­de dage­gen deut­lich grö­ßer. Auch hier schnitt die Kom­bi­na­ti­on aus Fel­gen- und Rück­tritt­brem­se mit 5,53 Metern am schlech­tes­ten ab. Am bes­ten war hier das ABS-Pedelec mit 4,15 Metern. Der Unter­schied zwi­schen dem längs­ten und dem kür­zes­ten Brems­weg lag im „Regen“ bei 1,38 Metern.

„Im Nas­sen ver­län­ger­te sich der Brems­weg bei allen Rädern um etwa 20 Pro­zent – mit Aus­nah­me des Pedelecs mit ABS“, so Lui­gi Anco­na. „Ins­be­son­de­re auf nas­ser Fahr­bahn bringt die­ses Sys­tem also deut­lich erkenn­ba­re Vor­tei­le.“ Das „Bosch eBike ABS“ wur­de im Jahr 2019 mit dem DEKRA Award in der Kate­go­rie „Sicher­heit im Ver­kehr“ ausgezeichnet.

Bei den Brem­sun­gen im Tro­cke­nen wur­den Ver­zö­ge­rungs­wer­te zwi­schen 5,3 und 6,6 m/​s² ver­zeich­net. Damit haben alle Fahr­rä­der die für Kraft­fahr­zeu­ge gefor­der­te Min­dest­ver­zö­ge­rung von 5,5 m/​s² erreicht. Bei Näs­se lagen die Ver­zö­ge­rungs­wer­te noch zwi­schen 4,4 und 5,8 m/​s². Das ABS-Pedelec hat selbst bei Näs­se also noch den von Kraft­fahr­zeu­gen gefor­der­ten Wert erfüllt.

Brems­ver­su­che auch mit E‑Scooter und her­kömm­li­chem Tretroller 

Mit dem glei­chen Ver­suchs­auf­bau führ­ten die DEKRA Exper­ten außer­dem Brems­ver­su­che mit einem E‑Scooter und einem her­kömm­li­chen Tret­rol­ler durch. Beim E‑Scooter han­del­te es sich um ein von Ver­leih­fir­men ver­wen­de­tes Modell mit zwei Trom­mel­brem­sen, der Tret­rol­ler ver­füg­te nur über eine Fuß-Tritt­brem­se am Hin­ter­rad, bei der ein Brems­blech auf den Hart­gum­mi­rei­fen gedrückt wird. Bei­de Rol­ler wur­den auf tro­cke­ner und nas­ser Fahr­bahn aus 20 km/​h gebremst.

Auf tro­cke­nem Unter­grund kam der E‑Scooter auf einen gemit­tel­ten Brems­weg von 3,37 Metern, was einer Ver­zö­ge­rung von 4,6 m/​s² ent­spricht. Ver­gli­chen damit war der Tret­rol­ler erschre­ckend schlecht mit einem gemit­tel­ten Brems­weg von 9,70 Metern und einer Ver­zö­ge­rung von 1,6 m/​s². Noch deut­lich gra­vie­ren­der waren die Unter­schie­de auf nas­ser Fahr­bahn. Wäh­rend der E‑Scooter nahe­zu iden­ti­sche Wer­te erreich­te, hat­te die Tritt­brem­se des Tret­rol­lers fast kei­ne Brems­wir­kung mehr : Der gemit­tel­te Brems­weg ver­dop­pel­te sich auf 19,25 Meter, die Brems­ver­zö­ge­rung lag nur noch bei 0,8 m/​s². „Brem­sun­gen mit Abset­zen eines Fußes auf den Asphalt waren hier deut­lich wir­kungs­vol­ler“, so Anco­na. „Bei sol­chen Tret­rol­lern, die nicht als Fahr­zeu­ge, son­dern als Spiel­ge­rä­te gel­ten, sind sehr unter­schied­li­che Brems­sys­te­me auf dem Markt. Das ist ein Punkt, auf den man beim Kauf unbe­dingt ach­ten sollte.“

Posi­tiv her­vor­zu­he­ben sind die guten Brem­sen des E‑Scooters. „Bei­de Brems­grif­fe konn­ten ohne Beden­ken mit maxi­ma­lem Druck gezo­gen wer­den. Die Brem­sun­gen waren sta­bil durch­zu­füh­ren und ver­mit­tel­ten dem Fah­rer ein siche­res Gefühl“, bilan­ziert der DEKRA Experte

Der DEKRA Verkehrssicherheitsreport 

Seit 2008 ver­öf­fent­licht DEKRA jähr­lich den Ver­kehrs­si­cher­heits­re­port zu einem Aus­schnitts­the­ma. Der Report 2020 beschäf­tigt sich mit Mobi­li­tät auf zwei Rädern. Die Ver­kehrs­si­cher­heit im Zusam­men­hang mit Fahr­rä­dern, Pedelecs, E‑Scootern und Kraft­rä­dern wird dabei von den DEKRA Exper­ten aus den unter­schied­lichs­ten Blick­win­keln beleuch­tet. Am Ende ste­hen kon­kre­te For­de­run­gen und Emp­feh­lun­gen zu den Berei­chen Tech­nik, Infra­struk­tur und Fak­tor Mensch.

Das Online-Por­tal www​.dekra​-road​sa​fe​ty​.com bie­tet die Inhal­te des Reports und sei­ner Vor­gän­ger sowie tie­fer­ge­hen­de Infor­ma­tio­nen, zum Bei­spiel auch Bewegt­bil­der des Brems­ver­gleichs. Außer­dem kön­nen hier alle DEKRA Ver­kehrs­si­cher­heits­re­ports als PDF her­un­ter­ge­la­den werden.

Über DEKRA 
Seit mehr als 90 Jahren arbeitet DEKRA für die Sicherheit: Aus dem 1925 in Berlin gegründeten Deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein e.V. ist eine der weltweit führenden Expertenorganisationen geworden. Die DEKRA SE ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des DEKRA e.V. und steuert das operative Geschäft des Konzerns. Im Jahr 2019 hat DEKRA einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro erzielt. Fast 44.000 Mitarbeiter sind in rund 60 Ländern auf allen fünf Kontinenten im Einsatz. Mit qualifizierten und unabhängigen Expertendienstleistungen arbeiten sie für die Sicherheit im Verkehr, bei der Arbeit und zu Hause. Das Portfolio reicht von Fahrzeugprüfungen und Gutachten über Schadenregulierung, Industrie- und Bauprüfung, Sicherheitsberatung sowie die Prüfung und Zertifizierung von Produkten und Systemen bis zu Schulungsangeboten und Zeitarbeit. Die Vision bis zum 100. Geburtstag im Jahr 2025 lautet: DEKRA wird der globale Partner für eine sichere Welt.

Bild : Auf nas­ser Fahr­bahn waren die Brems­we­ge aller Räder um etwa 20 Pro­zent län­ger – mit Aus­nah­me des ABS-Pedelecs. 

Quel­le : DEKRA e. V. Stuttgart

Print Friendly, PDF & Email