BELIS: Leguminosen für mehr Nachhaltigkeit

Züchtung von Leguminosen für mehr Nachhaltigkeit

EU-weites Forschungsprojekt BELIS: Innovative Geschäftsmodelle für effiziente Züchtung von Körner- und Futterleguminosen

Soest: BELIS steht für Brea­ding European Legu­mes for Increased Sustaina­bi­li­ty.

Das von der Euro­päi­schen Uni­on im Rah­men des For­schungs- und Inno­va­ti­ons­pro­gramms Hori­zon Euro­pe geför­der­te Pro­jekt läuft seit einem guten Jahr. Ziel ist es, die Wett­be­werbs­fä­hig­keit und Nach­hal­tig­keit der euro­päi­schen Legu­mi­no­sen­züch­tungs­ak­ti­vi­tä­ten und ‑pro­duk­ti­on zu stei­gern. Im Fokus ste­hen die Ent­wick­lung effi­zi­en­ter Züch­tungs­in­stru­men­te, eine Opti­mie­rung der wirt­schaft­li­chen und regu­la­to­ri­schen Rah­men­be­din­gun­gen sowie die Siche­rung eines inten­si­ven Inno­va­tions- und Wis­sens­trans­fers über eine Platt­form für poten­zi­el­le natio­na­le und inter­na­tio­na­le Part­ner­schaf­ten. Wis­sen­schaft­ler der Fach­hoch­schu­le Süd­west­fa­len haben im Pro­jekt den Auf­ga­ben­be­reich der Ent­wick­lung von inno­va­ti­ven Koope­ra­ti­ons- und Geschäfts­mo­del­len über­nom­men. Beim ers­ten Jah­res­tref­fen im bel­gi­schen Mel­le bei Gent stell­ten die Agra­ri­er dem For­schungs­kon­sor­ti­um ers­te Ergeb­nis­se vor.

Legu­mi­no­sen, im deut­schen Sprach­raum auch als Hül­sen­früch­te bezeich­net, spie­len in Euro­pa sowohl für die Fut­ter­mit­tel­pro­duk­ti­on als auch in der Human­ernäh­rung eine wich­ti­ge Rol­le. Sie wei­sen einen hohen Pro­te­in­ge­halt auf und bie­ten dar­über hin­aus Ent­las­tungs­po­ten­zia­le und Leis­tun­gen für die Umwelt, indem die Pflan­zen atmo­sphä­ri­schen Stick­stoff bin­den und zur Auf­lo­cke­rung und Wirt­schaft­lich­keit bestehen­der Frucht­fol­gen ent­schei­dend bei­tra­gen können.

Trotz ihres gro­ßen Poten­zi­als ist der Anbau von Hül­sen­früch­ten in Euro­pa mar­gi­nal. Ein Haupt­grund ist der Man­gel an hoch­er­trag­rei­chen und ange­pass­ten Sor­ten, die aktu­el­len qua­li­ta­ti­ven Stan­dards für Lebens- und Fut­ter­mit­tel ent­spre­chen, sodass die Import­ra­ten für pflanz­li­che Pro­te­ine nach Euro­pa immer noch hoch sind. Mit dem Pro­jekt BELIS soll die­se Lücke über den inten­si­ve­ren Ein­satz fort­schritt­li­cher Züch­tungs­me­tho­den und eine inten­si­ve­re Zusam­men­ar­beit zwi­schen den Akteur*innen aus öffent­li­cher For­schung und bestehen­der Züch­tungs­pra­xis geschlos­sen werden.

Unter der Lei­tung von Prof. Dr. Mar­cus Mer­gen­tha­ler wird ein Team der Fach­hoch­schu­le Süd­west­fa­len, Fach­be­reich Agrar­wirt­schaft, die Grund­la­gen für neue Koope­ra­ti­ons- und Geschäfts­mo­del­le ent­wi­ckeln, die eine inten­si­ve­re und effi­zi­en­te­re Hül­sen­frucht­züch­tung ermög­li­chen sol­len. Zunächst wer­den bestehen­de Koope­ra­ti­ons- und Geschäfts­struk­tu­ren von mehr als 20 Part­ner­insti­tu­tio­nen wie Züch­tungs­un­ter­neh­men und For­schungs­in­sti­tu­tio­nen erho­ben und ausgewertet.

„Uns inter­es­siert beson­ders, wel­che Struk­tu­ren haben sich in der Pra­xis als ziel­füh­rend und leis­tungs­fä­hig erwie­sen, um mög­lichst zum Ende des Pro­jekts einen fun­dier­ten Maß­nah­men­ka­ta­log mit Emp­feh­lun­gen für eine erfolg­rei­che Legu­mi­no­sen­züch­tung vor­stel­len zu kön­nen“, beschreibt Lars Wern­ze, wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter im Pro­jekt, das Vor­ge­hen. Dabei ist das Team bereits auf viel­ver­spre­chen­de Ansät­ze gesto­ßen. So berich­tet der Agrar-Inge­nieur von einer Koope­ra­ti­on zwi­schen dem Lipp­städ­ter Pflan­zen­zucht- und Saat­gut­un­ter­neh­men Deut­sche Saat­gut­ver­ede­lung AG (DSV) mit einer aus öffent­li­chen Mit­teln geför­der­ten For­schungs­ein­rich­tung. Dabei konn­ten die Forscher*innen u.a.

Ver­suchs­stand­or­te im Sor­ten­prüf­netz­werk der DSV nut­zen. Im Gegen­zug erhielt die DSV die Ver­triebs­rech­te für die gemein­sam ent­wi­ckel­ten Sor­ten. Der Bün­de­lung von Exper­ti­se, Erfah­rung und Res­sour­cen ist es zu ver­dan­ken, dass hier in ver­gleichs­wei­se kur­zer Zeit signi­fi­kan­ter Zucht­fort­schritt erreicht und durch neue Sor­ten ver­mark­tet wer­den konnte.
Auch das Pro­jekt­team um Prof. Dr. Mer­gen­tha­ler arbei­tet inten­siv mit der DSV zusammen.

Die Koope­ra­ti­on basiert auf dem metho­di­schen Ansatz eines Living-Labs (Real-Labor). Bei der Ent­wick­lung eines inno­va­ti­ven oder idea­len Geschäfts­mo­dells wer­den dem­nach nicht nur Aspek­te aus For­schung und Pflan­zen­zucht betrach­tet, viel­mehr geht es dar­um, mög­lichst alle Ansprü­che und Inter­es­sen ent­lang der Wert­schöp­fungs­ket­te zu berück­sich­ti­gen. Dazu zäh­len Produzent*innen von Hül­sen­früch­ten aus der Land­wirt­schaft, eben­so wie Vertreter*innen aus Ver­ar­bei­tung und Vertrieb.

„Wir möch­ten Betei­lig­te aus allen Berei­chen zusam­men­brin­gen und die Koope­ra­ti­on stär­ken. Im Rah­men von Work­shops kön­nen bei­spiels­wei­se spe­zi­fi­sche Bedar­fe aus der Indus­trie, also wie muss das Pro­dukt beschaf­fen sein, damit es sich gut ver­mark­ten lässt, oder wie las­sen sich poten­zi­ell ent­hal­te­ne, wert­min­dern­de Inhalts­stof­fe mini­mie­ren, an die Produzent*innen wei­ter­ge­ge­ben wer­den“, hebt Prof. Dr. Mer­gen­tha­ler die Vor­tei­le eines Living-Lab-Kon­zep­tes hervor.

Dahin­ter steckt die Idee, Ver­än­de­run­gen und Inno­va­tio­nen durch die Inter­ak­ti­on von Expert*innen aus ver­schie­de­nen Fach­dis­zi­pli­nen anzu­sto­ßen. Wis­sen­schaft­lich beglei­tet durch Eva­lua­ti­on in einem natür­li­chen Expe­ri­men­tier­feld, ermög­licht die­se Vor­ge­hens­wei­se einen nied­rig­schwel­li­gen Wis­sens­trans­fer, schafft Trans­pa­renz und för­dert den Aus­tausch aller am Pro­jekt Betei­lig­ten. Dar­aus kön­nen idea­ler­wei­se wert­vol­le Kenn­zei­chen für eine effi­zi­en­te Hül­sen­frucht­for­schung und ‑züch­tung gewon­nen werden.

Hin­ter­grund­in­for­ma­ti­on:

Das von „Hori­zon Euro­pe“ der Euro­päi­schen Uni­on finan­zier­te Pro­jekt BELIS star­te­te im Okto­ber 2023 mit dem Titel „Züch­tung euro­päi­scher Legu­mi­no­sen für mehr Nach­hal­tig­keit“. Damit soll eine soli­de Basis für die Legu­mi­no­sen­züch­tungs­ge­mein­schaft in For­schung und Indus­trie in ganz Euro­pa geschaf­fen wer­den. Das Kon­sor­ti­um besteht aus 34 Part­nern aus 18 Län­dern, dar­un­ter For­schungs­in­sti­tu­te, Pflan­zen­züch­ter, Saat­gut­un­ter­neh­men, Sorten­zu­las­sungs­be­hör­den und Land­wirt­schaft­li­che Beratungsdienste.

Fokus liegt auf der Ver­mitt­lung von Wis­sen und Infor­ma­tio­nen zu inno­va­ti­ven Züch­tungs­in­stru­men­ten und opti­mier­ten Sor­ten an alle Akteur*innen der Wert­schöp­fungs­ket­te sowie auf der Beschrei­bung, Bewer­tung und Ent­wick­lung von Geschäfts- und Koope­ra­ti­ons­mo­del­len. Das Pro­jekt kon­zen­triert sich dabei auf die sie­ben Fut­ter­le­gu­mi­no­sen Rot‑, Weiß- und Horn- und Per­ser Klee, Luzer­ne, Espar­set­te und Wicke sowie auf die sie­ben Körn­er­le­gu­mi­no­sen Erb­se, Acker­boh­ne, Soja­boh­ne, Wei­ße Lupi­ne, Lin­se, Kicher­erb­se und Gartenbohne.

 

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Quel­le: Fach­hoch­schu­le Südwestfalen
Bild: Die Wei­ße Lupi­ne gilt als eine wich­ti­ge Kul­tur­pflan­ze für die mensch­li­che und tie­ri­sche Ernährung.
Foto­credits: Deut­sche Saat­gut­ver­ede­lung AG