Demenz verändert das Leben – 5.100 Menschen im Hochsauerlandkreis betroffen – Wie damit umgehen?

Eine Demenzerkrankung verändert das Leben – 5.100 Menschen im Hochsauerlandkreis betroffen – Wie damit umgehen?

Hoch­sauer­land­kreis: Am 21. Sep­tem­ber ist Welt-Alz­hei­mer­tag unter dem Mot­to: Demenz – Gemein­sam. Mutig. Leben. Es erin­nert dar­an, dass den Her­aus­for­de­run­gen, die die Erkran­kung mit sich brin­gen, gemein­sam begeg­net wer­den muss. Und das am bes­ten gemein­sam als Fami­lie, im Freun­des­kreis, als Gesell­schaft. Eine Demenz­er­kran­kung ver­än­dert das Leben. Das gilt ins­be­son­de­re für die Betrof­fe­nen, aber auch für ihr Umfeld. Nach aktu­el­len Ergeb­nis­sen des Wis­sen­schaft­li­chen Insti­tuts der AOK (WIdO) leb­ten im Jahr 2022 im Hoch­sauer­land­kreis rund 5.100 Men­schen mit die­ser Erkran­kung. Betrof­fen sind am häu­figs­ten über 75-Jäh­ri­ge und ten­den­zi­ell mehr Frau­en als Män­ner. Wer als Ange­hö­ri­ger oder auch als pro­fes­sio­nel­le Pfle­ge­fach­kraft die Betreu­ung eines an Demenz erkrank­ten Men­schen über­nimmt, benö­tigt viel Kraft und Geduld.

Wenn Demenz­kran­ke aggres­siv und laut oder gar hand­greif­lich wer­den, wird das auch als her­aus­for­dern­des Ver­hal­ten bezeichnet.

Das bringt nicht nur pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge, son­dern auch beruf­lich Pfle­gen­de bis­wei­len an die Gren­zen. Hier gilt es, Ver­ständ­nis und Ein­füh­lungs­ver­mö­gen zu zei­gen. „Es ist hilf­reich, sich immer wie­der bewusst zu machen, dass die­ses Ver­hal­ten nicht per­sön­lich gemeint ist, son­dern Sym­ptom einer Erkran­kung“, sagt AOK-Ser­vice­re­gi­ons­lei­ter Dirk Schnei­der.

Her­aus­for­dern­des Ver­hal­ten von an Demenz erkrank­ten Men­schen sind Ver­su­che der Erkrank­ten, sich mit­zu­tei­len. Dies kann oft nur durch Schrei­en, Beschimp­fen, Schla­gen oder das Wer­fen von Gegen­stän­den gesche­hen. Wenn ver­sucht wird, die Per­spek­ti­ve der demen­ten Per­son ein­zu­neh­men, stellt sich das zunächst als ’stö­rend‘ emp­fun­de­ne Ver­hal­ten oft als unver­stan­de­nes Ver­hal­ten her­aus. Ängs­te, Über­for­de­rung, Miss­ver­ständ­nis­se oder auch unbe­wäl­tig­te Lebens­the­men kön­nen hin­ter aggres­si­vem Ver­hal­ten ste­cken. Eine stö­ren­de Lärm­ku­lis­se, die feh­len­de Bril­le oder die Ver­än­de­run­gen in der All­tags­rou­ti­ne kön­nen für die Betrof­fe­nen bedroh­lich sein. Natür­lich füh­ren auch die krank­heits­be­ding­ten Ver­än­de­run­gen bei Men­schen mit Demenz zu Frust und nicht sel­ten zu Verbitterung.

Stu­di­en legen nahe, dass ande­re Maß­nah­men als Medi­ka­men­te – wie zum Bei­spiel Akti­vi­tä­ten im Frei­en, Berüh­rungs- oder Mas­sa­ge­the­ra­pien sowie Musik, wirk­sa­mer sind als eine phar­ma­ko­lo­gi­sche The­ra­pie. Wenn Medi­ka­men­te ein­ge­setzt wer­den, dann soll­ten sie in der geringst­mög­li­chen Dosis über einen mög­lichst kur­zen Zeit­raum und unter eng­ma­schi­ger Kon­trol­le ver­ab­reicht werden.

Was kön­nen Pfle­ge­fach­kräf­te oder Ange­hö­ri­ge tun, um mög­lichst ent­spannt mit den täg­li­chen Her­aus­for­de­run­gen umzugehen?

Eine Emp­feh­lung lau­tet: Vali­die­ren. „Vali­da­ti­on ist mehr eine Grund­hal­tung als eine Tech­nik. Sie basiert auf Empa­thie, Bestä­ti­gung und Wert­schät­zung im Umgang mit­ein­an­der“, erklärt Schnei­der. Es ist der Ver­such, in die inne­re Welt des oder der Demenz­kran­ken ein­zu­tau­chen und Kon­takt zu den Gefüh­len aufzunehmen.

Die Pfle­ge­kraft oder die Pfle­ge­per­son zuhau­se kann auf die Ängs­te aktiv ein­ge­hen und zum Bei­spiel nach­fra­gen, war­um die feh­len­de Bril­le gera­de jetzt so wich­tig, die ver­meint­lich klei­ne Ver­än­de­rung so bedroh­lich ist oder das Bis­he­ri­ge so gut war. Durch so ein iden­ti­täts­stif­ten­des Gespräch kann ein ech­ter Kon­takt zur oder zum Pfle­ge­be­dürf­ti­gen ent­ste­hen, der den erleb­ten Stress lin­dert. Auf kei­nen Fall soll­te die oder der Erkrank­te dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, dass die Vor­stel­lungs­welt nicht der Rea­li­tät ent­spricht. „Auch für die Pfle­gen­den ist es ent­spann­ter, sich in die Situa­ti­on ein­zu­füh­len, als zu kor­ri­gie­ren oder zu ver­su­chen, das Ver­hal­ten zu unter­bin­den“, so Schnei­der. So lässt es sich ein­fa­cher mutig gemein­sam leben.

Für pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge bie­tet die AOK Nord­West spe­zi­el­le Pfle­ge­kur­se auch online an. Unter www​.aok​.de/​n​w​/​o​n​l​i​n​e​p​f​l​e​g​e​k​urs  fin­det sich ein Kurs­an­ge­bot im Chat expli­zit für die Pfle­ge Demenz­er­krank­ter‚ Dement oder nur ver­gess­lich. Außer­dem kann das Online-Selbst­hil­fe­pro­gramm‚ Fami­li­en­coach Pfle­ge dabei hel­fen, die eige­ne Psy­che zu stär­ken und sich vor Über­las­tung zu schützen.

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Quel­le: Jörg Lewe, Spe­zia­list Pres­se Ser­vice­re­gi­on, AOK Nord­West. Die Gesund­heits­kas­se.

Bild: Das her­aus­for­dern­de Ver­hal­ten demenz­kran­ker Men­schen ist nicht per­sön­lich gemeint, bringt trotz­dem auch Pfle­gen­de an ihre Gren­zen. Es gibt Hil­fe­stel­lun­gen, damit bei­de Sei­ten sich ent­span­nen können.

Foto:©AOK/ colourbox/​ hfr.