Statistisches Bundesamt: Jeder 100. Todesfall in Deutschland ist ein Suizid

Präventionstag gegen Suizid: Jeder 100. Todesfall in Deutschland ist ein Suizid

  • Zahl der Fäl­le nach his­to­ri­schem Tiefst­stand 2019 wie­der leicht gestiegen
  • Aktu­ell deut­lich weni­ger Sui­zi­de von unter 25-Jäh­ri­gen als 2003, dage­gen Zunah­me bei Hochbetagten
  • Sui­zid bei 10- bis unter 25-Jäh­ri­gen häu­figs­te Todesursache

Jeder 100. Todes­fall in Deutsch­land ist ein Sui­zid. Im Jahr 2023 star­ben rund 10 300 Men­schen durch Sui­zid, wie das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt (Desta­tis) anläss­lich des welt­wei­ten Prä­ven­ti­ons­ta­ges gegen Sui­zi­de am 10. Sep­tem­ber mit­teilt. Das waren mehr als drei­mal so vie­le Todes­fäl­le wie bei­spiels­wei­se in Fol­ge von Ver­kehrs­un­fäl­len. Gegen­über dem Vor­jahr nahm die Zahl der Sui­zi­de damit leicht zu (+1,8 %), gegen­über 2019 mit dem his­to­ri­schen Tiefst­stand von gut 9 000 Fäl­len betrug der Anstieg 14 %. Auch die Sui­zid­ra­te, die Zahl der Sui­zi­de je 100 000 Ein­woh­ne­rin­nen und Ein­woh­ner, stieg an: Von 12,1 im Jahr 2022 (10 100 Sui­zi­de) auf 12,2 im ver­gan­ge­nen Jahr. Am nied­rigs­ten war sie 2019 mit 10,9.

Im lang­fris­ti­gen Ver­gleich ist die Zahl der Sui­zi­de nach einem deut­li­chen Rück­gang in den 1980er und 1990er Jah­ren in den letz­ten 20 Jah­ren jedoch rela­tiv kon­stant geblie­ben. Im 20-Jah­res­ver­gleich ging die Zahl der ent­spre­chen­den Todes­fäl­le um knapp 8 % zurück (2003: 11 200 Fäl­le). Gegen­über 1980, dem Beginn der Zeit­rei­he, mit 18 500 Sui­zi­den nahm die Zahl der ent­spre­chen­den Todes­fäl­le 2023 um 44 % ab. Ähn­lich ent­wi­ckel­te sich lang­fris­tig auch die Sui­zid­ra­te. Gab es 1980 noch 23,6 Sui­zi­de je 100 000 Ein­woh­ne­rin­nen und Ein­woh­ner, so waren es 2003 noch 13,5. Dem­ge­gen­über lag die Rate im Jahr 2023 noch ein­mal etwas nied­ri­ger bei 12,2 – und hat sich damit seit 1980 eben­falls nahe­zu halbiert.

Deut­lichs­ter Rück­gang gegen­über 2003 bei den 35- bis 44-Jährigen

Die Fall­zah­len in den ein­zel­nen Alters­grup­pen haben sich seit 2003 unter­schied­lich ent­wi­ckelt. So ging die Zahl der Sui­zi­de unter jun­gen Men­schen deut­lich stär­ker zurück als die ent­spre­chen­den Fäl­le ins­ge­samt: Star­ben 2003 noch gut 700 unter 25-Jäh­ri­ge in Deutsch­land durch Sui­zid, so waren es im ver­gan­ge­nen Jahr knapp 500. Die Sui­zid­ra­te in die­ser Alters­grup­pe sank im sel­ben Zeit­raum von 3,3 auf 2,4. Noch deut­li­cher fiel der Rück­gang bei den 35- bis 44-Jäh­ri­gen aus: Hier hal­bier­te sich die Zahl der Sui­zi­de von knapp 2 000 im Jahr 2003 auf knapp 1 000 im ver­gan­ge­nen Jahr. Die Sui­zid­ra­te sank im sel­ben Zeit­raum von 14,2 auf 9,0. Unter älte­ren Men­schen nah­men dage­gen die Sui­zi­de bin­nen 20 Jah­ren teil­wei­se deut­lich zu. Am stärks­ten war der Anstieg in Alters­grup­pe 85+: Hier hat sich die Zahl der Sui­zi­de von 600 im Jahr 2003 auf knapp 1 300 im Jahr 2023 mehr als ver­dop­pelt; die Sui­zid­ra­te nahm im sel­ben Zeit­raum von 42,4 auf 45,7 zu.

Die­se Ent­wick­lun­gen sind zumin­dest teil­wei­se auf demo­gra­fi­sche Effek­te zurück­zu­füh­ren. So hat sich die Zahl der Men­schen im Alter von 85 Jah­ren und älter in Deutsch­land in den letz­ten 20 Jah­ren mehr als ver­dop­pelt (+110 %), was in etwa auch dem Anstieg der Sui­zi­de in die­ser Alters­grup­pe ent­spricht. Die Rück­gän­ge in der Bevöl­ke­rung unter 25 Jah­ren (-6 %) und in der Alters­grup­pe 35 bis 44 Jah­re (-22 %) fie­len im sel­ben Zeit­raum jedoch deut­lich nied­ri­ger aus als bei den Todes­fäl­len durch Suizid.

5 % der durch Sui­zid Ver­stor­be­nen unter 25 Jah­re, 46 % min­des­tens 65 Jah­re alt

Mit zuneh­men­dem Alter sinkt zwar der Anteil von Sui­zi­den an allen Todes­ur­sa­chen, die abso­lu­te Zahl der Sui­zi­de und die alters­spe­zi­fi­schen Sui­zid­ra­ten je 100 000 Ein­woh­ne­rin­nen und Ein­woh­ner stei­gen hin­ge­gen in der Regel an. Im Jahr 2023 war knapp die Hälf­te der Men­schen, die Sui­zid begin­gen, 65 Jah­re oder älter (46 %), jede ach­te Per­son war min­des­tens 85 Jah­re alt (12 %). Gleich­zei­tig war jede 21. Per­son, die durch Sui­zid starb, jün­ger als 25 Jahre.

Auch wenn die Zahl der Fäl­le in den jün­ge­ren Alters­grup­pen gerin­ger ist, so ist die sui­zid­be­ding­te Sterb­lich­keit gera­de bei jun­gen Men­schen beson­ders hoch. Bei den 10- bis unter 25-Jäh­ri­gen war Sui­zid im Jahr 2023 die häu­figs­te Todes­ur­sa­che, vor Ver­kehrs­un­fäl­len und Krebs. 18 % aller Todes­fäl­le in die­sem Alter waren Sui­zi­de. Zum Ver­gleich: In der Alters­grup­pe 85+ mach­ten die Sui­zi­de 0,3 % aller Todes­ur­sa­chen aus.

73 % der Sui­zi­de 2023 von Män­nern began­gen – Anteil seit Jah­ren kaum verändert

Über alle Alters­grup­pen hin­weg bege­hen Män­ner deut­lich häu­fi­ger Sui­zid als Frau­en. Im Jahr 2023 töte­ten sich in knapp drei Vier­tel der Fäl­le (73 %, 7 500) Män­ner selbst, 2 800 Sui­zi­de begin­gen Frau­en. Das Ver­hält­nis ist seit dem Jahr 2003 von klei­ne­ren Schwan­kun­gen abge­se­hen unver­än­dert, damals betrug der Anteil der von Män­nern began­ge­nen Sui­zi­de eben­falls 73 %.

Sui­zid­ra­te in Deutsch­land nahe am EU-Durchschnitt

Um Daten zu Sui­zi­den auch inter­na­tio­nal ver­glei­chen zu kön­nen, wer­den stan­dar­di­sier­te Sui­zid­ra­ten ver­wen­det, die Unter­schie­de im Alters­auf­bau aus­glei­chen. Inner­halb der Euro­päi­schen Uni­on lag Deutsch­land im Jahr 2021 mit einer stan­dar­di­sier­ten Sui­zid­ra­te von 10,3 nahe am EU-Durch­schnitt von 10,2. Die höchs­ten Sui­zid­ra­ten wie­sen nach Anga­ben der EU-Sta­tis­tik­be­hör­de Euro­stat Slo­we­ni­en (19,8), Litau­en (19,5) und Ungarn (15,7) auf. Die nied­rigs­ten Sui­zi­de je 100 000 Ein­woh­ne­rin­nen und Ein­woh­ner zei­gen Zypern (2,7), Grie­chen­land (4,2) und Ita­li­en (5,9).

Zum Prä­ven­ti­ons­tag: Hin­weis auf Hilfsangebote

Die Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on (WHO) hat zusam­men mit der Inter­na­tio­nal Asso­cia­ti­on for Sui­ci­de Pre­ven­ti­on (IASP) den 10. Sep­tem­ber zum Welt­tag der Sui­zid­prä­ven­ti­on erklärt. Neben psy­chi­schen Erkran­kun­gen kön­nen zum Bei­spiel auch über­mä­ßi­ger Stress, finan­zi­el­le Pro­ble­me, ande­re schwe­re Erkran­kun­gen und fami­liä­re Kon­flik­te zu den Fak­to­ren zäh­len, die eine Sui­zid­ab­sicht begünstigen.

Wenn es Ihnen nicht gut geht oder Sie dar­an den­ken, Sui­zid zu bege­hen, ver­su­chen Sie, mit ande­ren Men­schen dar­über zu spre­chen. Das kön­nen Freun­de oder Ver­wand­te sein, es gibt aber auch Hilfs­an­ge­bo­te. Die Tele­fon­seel­sor­ge ist anonym, kos­ten­los und rund um die Uhr unter 0800111 0 111 und 0800111 0 222 erreich­bar. Es gibt auch die Mög­lich­keit einer E‑Mail-Bera­tung oder eines Hil­fe-Chats. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen fin­den Sie bei der Telefonseelsorge.

Metho­di­sche Hinweise:

Die Sui­zid­ra­ten wer­den auf Basis der durch­schnitt­li­chen Bevöl­ke­rung im Berichts­jahr berech­net. Bei den Sui­zid­ra­ten in Deutsch­land han­delt es sich um unbe­rei­nig­te Ster­be­zif­fern. Dafür wird die abso­lu­te Zahl der Sui­zi­de ins Ver­hält­nis zur jewei­li­gen durch­schnitt­li­chen Bevöl­ke­rungs­zahl gesetzt. Der EU-Ver­gleich basiert dage­gen auf den stan­dar­di­sier­ten Ster­be­zif­fern: Da die Todes­ur­sa­che je nach Alter und Geschlecht stark vari­iert, wird für die stan­dar­di­sier­ten Ster­be­zif­fern der Ein­fluss der unter­schied­li­chen Alters­struk­tu­ren der Bevöl­ke­run­gen aus­ge­schal­tet, in dem für alle Staa­ten eine ein­heit­li­che Alters- und Geschlechts­glie­de­rung zugrun­de gelegt wird.

Die Daten zur Bevöl­ke­rung in Deutsch­land stam­men aus der Fort­schrei­bung des Bevöl­ke­rungs­stan­des und bezie­hen sich jeweils auf den Stich­tag 31. Dezem­ber eines jeden Jah­res. Ab 2011 han­delt es sich um die Ergeb­nis­se der Bevöl­ke­rungs­fort­schrei­bung auf Grund­la­ge des Zen­sus 2011. Die Fort­schrei­bungs­er­geb­nis­se bis 2010 sind daher mit den Daten ab 2011 nur ein­ge­schränkt ver­gleich­bar. Wei­te­re metho­di­sche Hin­wei­se fin­den Sie im Qua­li­täts­be­richt zur Bevölkerungsfortschreibung.

Wei­te­re Informationen:

Wei­te­re Ergeb­nis­se, etwa zu ein­zel­nen Bun­des­län­dern oder zu unter­jäh­ri­gen Ent­wick­lun­gen, fin­den Sie auf unse­rer The­men­sei­te Sui­zid. Zur Bericht­erstat­tung über Sui­zid ver­wei­sen wir auf die “Emp­feh­lun­gen zur Bericht­erstat­tung über Sui­zid” der Stif­tung Deut­sche Depressionshilfe.

Die­se Pres­se­mit­tei­lung ist, gege­be­nen­falls ergänzt mit wei­te­ren Infor­ma­tio­nen und Ver­lin­kun­gen zum The­ma, ver­öf­fent­licht unter www​.desta​tis​.de/​p​r​e​s​s​e​m​i​t​t​e​i​l​u​n​gen.

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Quel­le: Sta­tis­ti­sches Bun­des­amt, Pressestelle
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