Energetische Sanierung: Wie finanzieren? Familien und Rentnern fällt es besonders schwer

Energetische Sanierung: Wie viel Eigentümer finanzieren können

LBS-Stu­die: Ein Teil der selbst­nut­zen­den Wohn­ei­gen­tü­mer könn­te eine mit­tel­gro­ße Sanie­rung sei­ner Immo­bi­lie über einen Kre­dit und aus vor­han­de­nem Geld­ver­mö­gen finan­zie­ren, wie eine Stu­die von empi­ri­ca für die Lan­des­bau­spar­kas­sen zeigt. Für bestimm­te Grup­pen wird es jedoch schwierig.

Will Deutsch­land sei­ne Kli­ma­schutz­zie­le errei­chen, führt kein Weg dar­an vor­bei, den Bestand an Wohn­ge­bäu­den in Deutsch­land ener­ge­tisch zu ertüch­ti­gen. Ob Ver­mie­ter, Mie­ter oder selbst­nut­zen­der Eigen­tü­mer – betrof­fen sind zunächst ein­mal alle. Die Her­aus­for­de­run­gen sind jedoch unter­schied­lich. Die Situa­ti­on der Selbst­nut­zer hat das Ber­li­ner For­schungs­in­sti­tut empi­ri­ca im Rah­men einer Son­der­ana­ly­se für die Wohn­ei­gen­tums­stu­die der Lan­des­bau­spar­kas­sen genau­er unter die Lupe genommen.

Bestands­auf­nah­me: Wer heizt wie?

Die Stu­die basiert auf der Ein­kom­mens- und Ver­brauchs­stich­pro­be (EVS) des Sta­tis­ti­schen Bun­des­amts – die aktu­ell für Ana­ly­sen ver­füg­ba­re Aus­ga­be des Zah­len­werks datiert aus dem Jahr 2018. Die Bestands­auf­nah­me der Heiz­si­tua­ti­on ist somit nicht ganz aktu­ell, lie­fert nach Ein­schät­zung von LBS Rese­arch aber den­noch eini­ge Erkennt­nis­se: Jene, dass Selbst­nut­zer häu­fi­ger als Mie­ter mit Gas und Öl hei­zen (78 zu 65 Pro­zent), sei sicher­lich genau­so wenig über­ra­schend wie der höhe­re Fern­wär­me­an­teil bei den Mie­tern (26 zu 8 Pro­zent). Bei­des dürf­te weni­ger auf die Nut­zungs­form als auf die jeweils domi­nie­ren­de Immo­bi­li­en­art – Woh­nung oder Haus – und auf den Wohn­ort zurück­zu­füh­ren sein. So leben Selbst­nut­zer öfter in Klein­städ­ten, in denen kei­ne Fern­wär­me ver­füg­bar ist. Inter­es­sant sei jedoch der Unter­schied bei den rege­ne­ra­ti­ven Energien:

Wäh­rend 10 Pro­zent der selbst­nut­zen­den Eigen­tü­mer mit Erd­wär­me, Son­nen­en­er­gie oder Holz hei­zen, gilt dies nur für 4 Pro­zent der Mieter.

Dies dürf­te haupt­säch­lich dar­an lie­gen, dass immer­hin jeder sechs­te Selbst­nut­zer in einem Neu­bau wohnt, aber nicht ein­mal halb so vie­le Mie­ter. Der höhe­re Neu­bau­an­teil und der Umstand, dass selbst­nut­zen­de Eigen­tü­mer eine Bestands­im­mo­bi­lie in der Regel dann ener­ge­tisch sanie­ren, wenn sie die­se neu erwor­ben haben, führt zu einer auf­fäl­li­gen Altersdifferenzierung:

So hei­zen bereits rund 25 Pro­zent der jün­ge­ren Selbst­nut­zer im Alter zwi­schen 30 und 39 Jah­ren emis­si­ons­arm (ein­schließ­lich Strom­hei­zun­gen), aber nur 11 Pro­zent der 70- bis 79-Jäh­ri­gen und nur 8 Pro­zent der über 80-Jährigen. 

Umge­kehrt sind Ölhei­zun­gen bei den jün­ge­ren Selbst­nut­zern deut­lich sel­te­ner als bei den älte­ren (19 zu 30 bzw. 35 Pro­zent), wäh­rend Gas­hei­zun­gen in allen Alters­grup­pen ähn­lich weit ver­brei­tet sind. Bei Mie­tern exis­tie­ren sol­che Alters­un­ter­schie­de nicht, weil Miets­häu­ser durch den Ver­mie­ter ener­ge­tisch ertüch­tigt wer­den – unab­hän­gig vom Ein­zugs­da­tum der Bewoh­ner und damit auch von deren Lebensphase.

Für die Abkehr von fos­si­len Brenn­stof­fen steht vor allem der Tausch von Gas- und Ölhei­zun­gen im Fokus. Von den jün­ge­ren Eigen­tü­mern betrifft dies rund zwei Drit­tel. Der Anteil steigt kon­ti­nu­ier­lich mit dem Alter an und beträgt in der Alters­grup­pe ab 80 Jah­ren 83 Pro­zent der Selbstnutzer.

Finan­zie­rungs­po­ten­zia­le: Die Vermögenssituation

Dass Wohn­ei­gen­tü­mer in punc­to Ver­mö­gen einen rie­si­gen Vor­sprung vor Mie­tern haben, ist durch frü­he­re Unter­su­chun­gen von LBS Rese­arch und empi­ri­ca bekannt (sie­he auch Wohn­ei­gen­tum: Der Schlüs­sel zum erfolg­rei­chen Ver­mö­gens­auf­bau). Das bedeu­te jedoch nicht, dass ener­ge­ti­sche Sanie­run­gen Eigen­tü­mer vor kei­ner­lei Pro­ble­me stel­len wür­den. Denn: Der größ­te Teil ihres Ver­mö­gens ist nicht liqui­de, weil er in der Immo­bi­lie gebun­den ist. Zwar ver­fü­gen Selbst­nut­zer auch über etwas mehr Geld­ver­mö­gen als Mie­ter. Aller­dings haben die Eigen­tü­mer zumeist ver­mut­lich nicht für eine ener­ge­ti­sche Neu­auf­stel­lung ihres Heims gespart, son­dern für ande­re Zwe­cke wie die nor­ma­le Instand­hal­tung, ein Auto oder unvor­her­ge­se­he­ne Ereig­nis­se. Inso­fern ist es aus Sicht von LBS Rese­arch kaum zuläs­sig, für das Gelin­gen der Ener­gie­wen­de dar­auf zu set­zen, dass die­se Erspar­nis­se voll­stän­dig ein­ge­setzt wer­den können.

Um abzu­schät­zen, wie vie­le Selbst­nut­zer eine umfas­sen­de ener­ge­ti­sche Sanie­rung zumin­dest theo­re­tisch aus eige­nen Mit­teln stem­men könn­ten – und wie vie­le nicht -, betrach­tet die Stu­die die Ver­tei­lung der Ver­mö­gen nach Alters­grup­pen. Dabei kris­tal­li­sier­te sich nicht ganz uner­war­tet her­aus, dass die größ­ten Eng­päs­se bei den jun­gen und den ältes­ten Eigen­tü­mern bestehen (Gra­fik):

Nur 35 Pro­zent der Selbst­nut­zer-Haus­hal­te im Alter zwi­schen 30 und 39 Jah­ren ver­fü­gen über mehr als 50.000 Euro Geld­ver­mö­gen. Von den 70- bis 79-Jäh­ri­gen sind es 47 Pro­zent und bei den über 80-Jäh­ri­gen 44 Prozent. 

Aber auch in den mitt­le­ren Alters­grup­pen rei­chen die liqui­den Mit­tel bei gut 40 Pro­zent der Eigen­tü­mer-Haus­hal­te nicht aus, um auf­wen­di­ge­re Sanie­rungs­maß­nah­men kom­plett aus eige­ner Tasche zu bezah­len. Doch das ist gar nicht immer zwin­gend nötig. Je nach Alter und Ein­kom­men kann es auch eine Opti­on sein, zur Finan­zie­rung der ener­ge­ti­schen Ertüch­ti­gung des Eigen­heims oder der eige­nen Woh­nung einen Kre­dit aufzunehmen.

Finan­zie­rungs­po­ten­zia­le: Wer sich einen Kre­dit leis­ten kann

Die EVS lie­fert auch Auf­schlüs­se über die Mög­lich­kei­ten zur Kre­dit­fi­nan­zie­rung: Unter­stellt man, dass die Wohn­kos­ten­be­las­tung ein­schließ­lich der Rate für die­sen Kre­dit stets nicht mehr als 30 Pro­zent des Haus­halts­net­to­ein­kom­mens betra­gen soll­te, besteht abhän­gig vom Alter Luft für eine zusätz­li­che monat­li­che Belas­tung zwi­schen – im Medi­an – 255 Euro bei Haus­hal­ten in der Alters­grup­pe 30 bis 39 Jah­re und 542 Euro in der Alters­grup­pe 50 bis 59 Jah­re (Gra­fik). Der Medi­an­wert besagt, dass jeweils die Hälf­te der Haus­hal­te in der Alters­grup­pe einen noch höhe­ren Finan­zie­rungs­spiel­raum hat, die ande­re Hälf­te aber einen geringeren.

Da ein Moder­ni­sie­rungs­kre­dit typi­scher­wei­se inner­halb von rund zehn Jah­ren getilgt wird, ergibt sich dar­aus bei­spiels­wei­se bei einem Zins­satz von 4 Pro­zent ein finan­zier­ba­res Kre­dit­vo­lu­men von im Mit­tel knapp 25.000 für die Jün­ge­ren, rund 38.000 Euro für die 70- bis 79-Jäh­ri­gen und sogar fast 53.000 Euro für die 50- bis 59-Jäh­ri­gen. Legt man einen Zins­satz von 1 Pro­zent zugrun­de, der der­zeit aber nur mit einem För­der­kre­dit zu errei­chen wäre, erhöht sich das mitt­le­re Kre­dit­po­ten­zi­al sogar auf knapp 29.000 bis gut 61.000 Euro. Ob weit über 70-Jäh­ri­ge über­haupt noch einen über zehn Jah­re lau­fen­den Kre­dit bekom­men wür­den, steht dabei auf einem ande­ren Blatt.

Die Pro­blem­grup­pen: Für wen das Sanie­ren beson­ders schwie­rig wird

In der öffent­li­chen Dis­kus­si­on wird immer wie­der auf zwei Grup­pen hin­ge­wie­sen, die von einer auf­wen­di­gen Sanie­rung finan­zi­ell über­for­dert sein könn­ten: jun­ge Fami­li­en und Rent­ner. Des­halb wer­den die­se in der Stu­die noch ein­mal exem­pla­risch betrach­tet – und die The­se bestä­tigt sich (Gra­fik oben):

Wäh­rend sich ins­ge­samt 43 Pro­zent der Selbst­nut­zer-Haus­hal­te einen Kre­dit von mehr als 50.000 Euro leis­ten könn­ten, gilt dies nur für 28 Pro­zent der Fami­li­en im Alter von 40 bis 49 Jah­ren mit einem monat­li­chen Net­to­ein­kom­men zwi­schen 3.000 und 4.000 Euro und nur für 24 Pro­zent der Rent­ner­paa­re, die über 2.000 bis 3.000 Euro net­to pro Monat verfügen. 

Dass es bei Allein­er­zie­hen­den und allein­le­ben­den älte­ren Men­schen, die in einer eige­nen Immo­bi­lie woh­nen, noch schlech­ter um aus­rei­chen­de Kre­dit­po­ten­zia­le bestellt sein dürf­te, liegt auf der Hand. Aller­dings ist die­se Grup­pe rela­tiv klein.

Der Anteil der Fami­li­en und Rent­ner­paa­re, deren Geld­ver­mö­gen mehr als 50.000 Euro beträgt, fällt mit 38 und 43 Pro­zent etwas höher aus. Er liegt aber eben­falls weit unter dem Durch­schnitt aller Haus­hal­te. Und gera­de in die­sen Grup­pen wird das Erspar­te eben oft auch für ande­re Zwe­cke benö­tigt, sei­en es beson­de­re Bedürf­nis­se der Kin­der, nöti­ge Anschaf­fun­gen oder schlicht und ein­fach der Lebens­un­ter­halt im Alter.

Da die jün­ge­ren Eigen­tü­mer häu­fi­ger in moder­nen Immo­bi­li­en mit zeit­ge­mä­ßen Heiz­sys­te­men leben, schätzt LBS Rese­arch die Schwie­rig­kei­ten für die Älte­ren als min­des­tens ähn­lich groß ein. Des­halb sei es gut, dass die EU und Deutsch­land vom Sanie­rungs­zwang abge­rückt sei­en und bei den Vor­ga­ben zum Hei­zungs­tausch Här­te­fäl­le berück­sich­tigt wür­den, also von der Pflicht zum Hei­zen mit erneu­er­ba­ren Ener­gien befreit wer­den könnten.

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Quel­le: Iri­na Beren­feld, Refe­rat Woh­nungs- und Ver­mö­gens­po­li­tik / LBS Rese­arch, Bun­des­ge­schäfts­stel­le Landesbausparkassen
Ori­gi­nal-Con­tent von: Bun­des­ge­schäfts­stel­le Lan­des­bau­spar­kas­sen (LBS), über­mit­telt durch news aktuell

Bild­un­ter­schrift: Ener­ge­ti­sche Moder­ni­sie­rung – Fami­li­en und Rent­nern fällt es beson­ders schwer

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