„Ich bin Erbe geworden – und nun?“ Was Ihnen ein Erbschein bringt und wann Sie ihn benötigen

Stellen Sie sich vor, Sie werden Erbe und der verstorbene Erblasser hat Ihnen Bankkonten und Immobilien hinterlassen. 

Als Erbe haben Sie neben der Trau­er­be­wäl­ti­gung den Kopf nur schwer­lich für recht­li­che Fra­ge­stel­lun­gen frei. Den­noch gilt in den meis­ten Fäl­len: Ohne Nach­weis über die Erben­stel­lung kön­nen Sie weder über Kon­ten noch über Grund­stü­cke ver­fü­gen. Ein Erb­nach­weis soll­te daher zeit­nah beschafft wer­den. Wie geht es also weiter?

Mit dem Tod eines Men­schen geht des­sen gesam­tes Ver­mö­gen auto­ma­tisch auf sei­ne Erben über. Für außen­ste­hen­de Drit­te ist aller­dings nicht ohne Wei­te­res erkenn­bar, wer Erbe des Ver­stor­be­nen ist. Für die­se Außen­ste­hen­den ist es im Grun­de unmög­lich, selbst nach­zu­voll­zie­hen, ob es ein Tes­ta­ment oder gar meh­re­re gibt oder wer ansons­ten zu den gesetz­li­chen Erben des Ver­stor­be­nen zählt. Behör­den, Ban­ken und sons­ti­ge Nach­lass­schuld­ner ver­lan­gen des­halb regel­mä­ßig einen Nach­weis der Erbenstellung.

Um die­sen Nach­weis erbrin­gen zu kön­nen, steht den Erben zual­ler­erst der Erb­schein zur Ver­fü­gung. Der Erb­schein ist ein vom Nach­lass­ge­richt aus­ge­stell­ter Aus­weis dar­über, wer Erbe ist, wie groß der Erb­teil der jewei­li­gen Erben ist und ob Beschrän­kun­gen bestehen. Zustän­dig für die Ertei­lung des Erb­scheins ist das Amts­ge­richt, in des­sen Bezirk der Ver­stor­be­ne sei­nen letz­ten gewöhn­li­chen Auf­ent­halt hatte.

Den Antrag auf Ertei­lung eines Erb­scheins kön­nen Sie sowohl bei Gericht als auch bei einer Nota­rin oder einem Notar Ihrer Wahl stel­len. Ist kein Tes­ta­ment vor­han­den, benö­ti­gen die Erben bei Antrags­stel­lung zum Nach­weis der Erben­stel­lung die Ster­be­ur­kun­de und Urkun­den, die das Ver­wandt­schafts­ver­hält­nis mit dem Ver­stor­be­nen nach­wei­sen (ins­be­son­de­re Hei­rats- oder Geburts­ur­kun­de). Ist ein Tes­ta­ment vor­han­den, ist die­ses vor­zu­le­gen. Sind meh­re­re Per­so­nen Erben, so müs­sen nicht alle Erben den Erb­schein gemein­schaft­lich bean­tra­gen. Viel­mehr genügt es, wenn ein Mit­er­be den Antrag stellt.

Natür­lich kann es auch dazu kom­men, dass sich spä­ter her­aus­stellt, dass der Erb­schein falsch ist – etwa weil ein bis­lang unbe­kann­tes Tes­ta­ment plötz­lich auf­taucht. Notar Micha­el Uer­lings, Pres­se­spre­cher der Rhei­ni­schen Notar­kam­mer, erläu­tert das Ver­fah­ren in die­sem sel­te­nen Fall: „Dann erklärt das Nach­lass­ge­richt den Erb­schein für ungül­tig und zieht ihn ein.“ Und was pas­siert, wenn die Erb­schaft bereits unter den ver­meint­li­chen Erben auf­ge­teilt und teil­wei­se sogar an Drit­te ver­äu­ßert wur­de? „Dann,“ so Uer­lings, „kön­nen sich Drit­te dar­auf beru­fen, dass sie auf den Inhalt des Erb­scheins ver­trau­en durf­ten. Die ver­meint­li­chen Erben müs­sen jedoch die Erb­schaft ein­schließ­lich etwa­iger Ver­kaufs­er­lö­se an die wah­ren Erben her­aus­ge­ben. Sie kön­nen sich nicht dar­auf beru­fen, dass der Erb­schein sie als Erben aus­ge­wie­sen hat.“.

Ist das Tes­ta­ment nicht nur hand­schrift­lich ver­fasst, son­dern nota­ri­ell beur­kun­det, so ist der Nach­weis deut­lich leich­ter. Der Erb­schein ist dann in aller Regel ent­behr­lich. Das nota­ri­el­le Tes­ta­ment zusam­men mit dem gericht­li­chen Eröff­nungs­pro­to­koll genügt regel­mä­ßig als Erb­nach­weis gegen­über Grund­buch­äm­tern, Regis­tern, Behör­den, Ver­si­che­run­gen und Ban­ken. „Ein geson­der­ter Erb­schein kann nur dann gefor­dert wer­den, wenn kon­kre­te Zwei­fel an der Erben­stel­lung bestehen“, erläu­tert Uerlings.

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Quel­le: Rhei­ni­sche Notar­kam­mer, Köln / Ham­bur­gi­sche Notarkammer
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