Studie: Weihnachtsgeschäft in Gefahr – Kaufzurückhaltung bei Geschenken, Textilien und Spielwaren

Allianz Trade Studie: Großinsolvenzen in Deutschland sind zurück – vor allem bei Kliniken und im Mode-Einzelhandel
  • Groß­in­sol­ven­zen in Deutsch­land neh­men Kurs auf Rekord­jahr 2020 (Höchst­stand seit 2016)
  • Beson­ders vie­le gro­ße Tex­til­un­ter­neh­men und Mode-Ein­zel­händ­ler sowie Kli­ni­ken betroffen
  • Gas­tro­no­mie zeigt schon vor Mehr­wert­steu­er­erhö­hung Schwä­che: Bei Gesamt­in­sol­ven­zen aller Unter­neh­mens­grö­ßen stärks­ter Anstieg bei Insol­venz­fäl­len im Han­del, Gast­ge­wer­be und der Baubranche
  • „Oh, du trau­ri­ge“: Weih­nachts­ge­schen­ke in Gefahr; weni­ger Spiel­zeug, weni­ger Weih­nachts­pull­over durch Kauf­zu­rück­hal­tung der Verbraucher

Die Groß­in­sol­ven­zen [1]  in Deutsch­land sind zurück: Die Zahl der gro­ßen Plei­ten in Deutsch­land nimmt mit 45 Fäl­len in den ers­ten neun Mona­ten 2023 Kurs auf das Rekord-Niveau von 2020. Zum Ver­gleich: Im glei­chen Zeit­raum im Jahr 2022 waren es mit 26 gro­ßen Insol­ven­zen ein gutes Drit­tel weni­ger, 2021 waren es gera­de mal 17. Das ist eine Zunah­me um 73 % gegen­über dem Vor­jahr bezie­hungs­wei­se 165 % im Ver­gleich zu 2021. 2020 mar­kier­te den höchs­ten Stand der Insol­ven­zen seit 2016 mit damals 58 Groß­in­sol­ven­zen im Gesamt­jahr und 44 Fäl­len im Ver­gleichs­zeit­raum in den ers­ten neu­en Mona­ten. Zu die­sem Schluss kommt die aktu­el­le Ana­ly­se des welt­weit füh­ren­den Kre­dit­ver­si­che­rers Alli­anz Trade.

„Die gro­ßen Insol­ven­zen sind in die­sem Jahr zurück­ge­kehrt und neh­men Kurs auf den Höchst­stand aus 2020“, sagt Maxi­me Lemerle, Lei­ter Insol­venz­for­schung bei Alli­anz Trade. „Beson­ders vie­le gro­ße Plei­ten gab es im bis­he­ri­gen Jah­res­ver­lauf im (Mode-)Einzelhandel, bei Kran­ken­häu­sern und im Maschinenbau.“

Am sei­de­nen Faden: Mode­un­ter­neh­men und Kliniken

Ins­ge­samt zwölf gro­ße Tex­til­un­ter­neh­men und Mode­ein­zel­händ­ler schlit­ter­ten bis Sep­tem­ber 2023 in die Insol­venz sowie acht Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men, dar­un­ter sechs Kli­ni­ken. Das passt zu dem Lage­bild des Deut­schen Kran­ken­haus­in­sti­tuts (DKI), nach­dem zwei Drit­tel der deut­schen Kli­ni­ken ihre finan­zi­el­le Lage aktu­ell als schlecht oder sehr schlecht bezeich­nen, bei den mit­tel­gro­ßen Kli­ni­ken sind dies sogar noch mehr. Im Maschi­nen­bau (5 Fäl­le) sowie in der Metall- (4) und der Bau­bran­che (3) gab es eben­falls eini­ge gro­ße Pleiten.

Alle Unter­neh­mens­grö­ßen: Stärks­te Zunah­me der Plei­ten im Han­del, Gast­ge­wer­be und Baubranche

Bei den bun­des­wei­ten Insol­ven­zen aller Unter­neh­mens­grö­ßen ist der Trend inner­halb der Bran­chen sehr hete­ro­gen. Im bis­he­ri­gen Jah­res­ver­lauf bis inklu­si­ve August 2023 ver­zeich­ne­te die Bau­bran­che die meis­ten Insol­venz­fäl­le, gefolgt vom Han­del und Unter­neh­men im Dienst­leis­tungs­sek­tor. Der Han­del ver­zeich­ne­te dabei den stärks­ten Zuwachs bei den Fall­zah­len im Ver­gleich zum Vor­jah­res­zeit­raum, aber auch das Gast­ge­wer­be zeigt schon vor der Mehr­wert­steu­er­erhö­hung Schwä­che. In der Bau­bran­che gab es im bis­he­ri­gen Jah­res­ver­lauf 2023 eben­falls deut­lich mehr Fäl­le als noch im Vorjahreszeitraum.

Weih­nachts­ge­schäft in Gefahr: Kauf­zu­rück­hal­tung bei Geschen­ken, Tex­ti­li­en und Spielwaren

„In die­sem Jahr dürf­ten deut­lich weni­ger Geschen­ke unter dem Weih­nachts­baum lan­den“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Alli­anz Trade in Deutsch­land, Öster­reich und der Schweiz. „Die Lebens­mit­tel­prei­se sind trotz der gerin­ge­ren Infla­ti­ons­ra­te wei­ter­hin hoch. Ver­brau­cher spa­ren des­halb bei allen ande­ren Aus­ga­ben: Sie gehen weni­ger aus, kau­fen weni­ger Klei­dung – und Weih­nachts­ge­schen­ke. In die­ser Wet­ter­la­ge weht des­halb für vie­le Mode- und Elek­tro­nik-Ein­zel­händ­ler, eini­ge Spiel­wa­ren­her­stel­ler und ‑händ­ler sowie auch teil­wei­se Gas­tro­no­men aktu­ell ein kal­ter Herbst­wind. Dabei ist gera­de für die­se Bran­chen das Weih­nachts­ge­schäft extrem wich­tig, um mit etwas Win­ter­speck in die umsatz­schwa­che ‚Sau­re-Gur­ken-Zeit‘ zu Jah­res­be­ginn zu gehen.“

In der Gas­tro­no­mie sind mit der geplan­ten Erhö­hung der bis­her redu­zier­ten Mehr­wert­steu­er wei­te­re dunk­le Wol­ken am Hori­zont zu sehen, die die Bran­che vor wei­te­re Her­aus­for­de­run­gen stellt.

„Vie­le deut­sche Unter­neh­men sind auch in die­sen schwie­ri­gen Zei­ten gut auf­ge­stellt und haben die not­wen­di­gen Puf­fer – aber eben längst nicht alle“, sagt Bogaerts. „Wenn Wackel­kan­di­da­ten dann bei­spiels­wei­se noch Kre­di­te zurück­zah­len oder refi­nan­zie­ren müs­sen, bei­spiels­wei­se aus der Coro­na-Zeit, kann es schnell kippen.“

Bun­des­wei­te Insol­ven­zen: zurück zur Nor­ma­li­tät, Vor­kri­sen­ni­veau wird erst 2024 erreicht

Die Insol­ven­zen in Deutsch­land ver­zeich­nen 2023 nach Ein­schät­zung von Alli­anz Trade einen Anstieg von vor­aus­sicht­lich 22 %. Das ist der stärks­te Anstieg seit der euro­päi­schen Schul­den­kri­se – aber von nied­ri­gem Niveau kom­mend. Damit nor­ma­li­siert sich das Insol­venz­ge­sche­hen wei­test­ge­hend. Am Jah­res­en­de dürf­ten die Insol­ven­zen wei­ter­hin rund 5 % unter­halb des Niveaus von vor der Pan­de­mie 2019 lie­gen und die­ses erst nach einem erneu­ten Zuwachs um 9 % im kom­men­den Jahr über­schrei­ten. Bei den Groß­in­sol­ven­zen ist die Nor­ma­li­tät aller­dings schon wie­der Realität.

Vor­sicht Schnee­ball: Deut­lich stei­gen­de Insol­ven­zen in wich­ti­gen deut­schen Exportmärkten

Auch welt­weit neh­men die Plei­ten wie­der an Fahrt auf mit einem Zuwachs von 6 %. In Ungarn (+149 %), Polen (+68 %) sowie in eini­gen der wich­tigs­ten deut­schen Export­märk­te – in den Nie­der­lan­den (+59 %), den USA (+47 %), Frank­reich (+36 %) – dürf­te es die stärks­te Zunah­me an Insol­ven­zen geben. Zu die­sem Schluss kommt die aktu­el­le Insol­venz­stu­die des welt­weit füh­ren­den Kre­dit­ver­si­che­rers Alli­anz Trade.

„Das Risi­ko von Zah­lungs­aus­fäl­len steigt nicht nur in Deutsch­land, son­dern mit den Nie­der­lan­den, den USA und Frank­reich auch in gleich drei der wich­tigs­ten deut­schen Export­märk­te. Deut­sche Unter­neh­men soll­ten daher gleich dop­pelt wach­sam sein bezüg­lich dro­hen­der Schnee­ball­ef­fek­te und auf Warn­si­gna­le bei ihren Abneh­mern achten.“

[1] Als Groß­in­sol­ven­zen wer­den in die­sem Kon­text insol­ven­te Unter­neh­men bezeich­net, deren Jah­res­um­satz ober­halb von 50 Mio. EUR liegt

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Quel­le (Aus­zug): Alli­anz Trade, Ant­je Wol­ters, Pressesprecherin
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