Leonie Fiebig will „Frust“ in positive Energie umleiten

Bob-Medaille bei WM in St. Moritz im Visier und „ambitioniert am Skeleton schnuppern“

win­ter­berg-total­lo­kal : Win­ter­berg : Für Leo­nie Fie­big ist es nach Olym­pia ein dop­pel­ter Neu­start. Den Frust und die Ent­täu­schung, in Peking zwar dabei gewe­sen zu sein, aber nicht star­ten zu kön­nen, will die Bob-Sport­le­rin des BSC Win­ter­berg in posi­ti­ve Ener­gie umlei­ten. Mit Pilo­tin Kim Kali­cki peilt sie bei der WM in St. Moritz eine Medail­le an. Gleich­zei­tig star­tet sie ein „gewag­tes Pro­jekt“: Als Sei­ten­ein­stei­ge­rin will sich die 32-Jäh­ri­ge auf dem Ske­le­ton pro­bie­ren und „ambi­tio­niert rein­schnup­pern“, wie sie es for­mu­liert. „Ich habe das Gefühl, dass ich noch nicht fer­tig bin und noch Poten­zi­al habe“, beton­te sie im Gespräch mit dem Sport­zen­trum Win­ter­berg (SZW) nach ihrem – gemein­sam mit Kim Kali­cki – ers­ten Anschub­trai­ning in der VELTINS-EisArena.

SZW : Wie ist das ers­te Anschub­trai­ning in der Vor­be­rei­tung für die neue Sai­son gelaufen ?

Fie­big : Kim und ich haben das ers­te Anschub­trai­ning erfolg­reich gemeis­tert. Es fühlt sich gut an. Wir sind zufrieden.

SZW : Für Dich ist die neue Sai­son prak­tisch ein Neu­start. Einer­seits war die Teil­nah­me an den Olym­pi­schen Spie­len in Chi­na eine Ehre, ander­seits aber frus­trie­rend als Ersatz-Anschie­be­rin nicht star­ten zu kön­nen. Wie lan­ge hat Dein Frust angedauert ?

Fie­big : Da hat­te ich schon lan­ge dar­an zu knab­bern und habe teil­wei­se noch dar­an zu knab­bern. Aber ich muss­te mich irgend­wann ent­schei­den, wie es wei­ter­geht. Ich will die Ent­täu­schung und den Frust in posi­ti­ve Ener­gie umlei­ten. Ich will mich auf das kon­zen­trie­ren, was in Zukunft kommt und auf mei­ne Zie­le, die ich mir neu gesteckt habe.

SZW : Bevor wir auf die Zie­le zu spre­chen kom­men : Wel­che Optio­nen stan­den bei Dir nach Olym­pia zur Debat­te ? Stand Dei­ne sport­li­che Kar­rie­re auf der Kippe ?

Fie­big : Eine Opti­on war auf jeden Fall auf­zu­hö­ren. Vor vier Jah­ren hat­te ich mir als Ziel gesetzt : Peking und dann auf­zu­hö­ren. Die zwei­te Opti­on war mei­ne aka­de­mi­sche Kar­rie­re als Sport­wis­sen­schaft­le­rin zu inten­si­vie­ren. (Anmer­kung der Redak­ti­on : Leo­nie hat den Bache­lor- und den Mas­ter­ab­schluss). Die drit­te war dann tat­säch­lich die Opti­on Ske­le­ton, die sich auf­ge­tan hat. Ich habe mir vie­le Gedan­ken gemacht. Auf jeden Fall woll­te ich die nächs­ten ein bis vier Jah­re nicht so gestal­ten wie bis­her, mich aus­schließ­lich auf den Bob zu fokus­sie­ren und nichts ande­rem Raum geben. Da war mir die Unsi­cher­heit zu groß, dass ich trotz mei­ner erbrach­ten Leis­tung im End­ef­fekt nicht auf dem Schlit­ten sitze.

SZW : Bevor wir auf Dein Pro­jekt Ske­le­ton zu spre­chen kom­men, was war der ent­schei­den­de Punkt, Dei­ne Kar­rie­re fortzusetzen ?

Fie­big : Ich hat­te bzw. habe das Gefühl, dass ich noch nicht fer­tig bin. Ich habe immer noch das Gefühl, dass ich Poten­zi­al habe und noch nicht am Limit bin. Das sport­li­che Zeit­fens­ter im Leben ist eh so ein kur­zes. Da habe ich mir gedacht, ist es scha­de, wenn ich das jetzt schlie­ße – auf­grund von Ent­täu­schung, Ziel nicht erreicht oder Unsi­cher­hei­ten. Solan­ge ich das Gefühl habe, ich kann mich noch ver­bes­sern, will ich die Zeit nutzen.

SZW : Im Damen-Bob wer­den die Kar­ten nach den Rück­trit­ten von Maria­ma Jaman­ka und Ste­pha­nie Schnei­der, Dei­ner frü­he­ren Pilo­tin, neu gemischt. Du gehst mit Kim Kali­cki in die neue Sai­son. Wie siehst Du eure Perspektiven ?

Fie­big : Ziel ist es, bei der WM in St. Moritz mit Kim am Start zu sein und dort auch eine Medail­le zu holen. Nach den Plät­zen 4, 5 und 7 wäre es mei­ne ers­te WM-Medail­le. Unse­re Zie­le sind auf jeden Fall hochgesteckt.

SZW : Lass uns auf das Pro­jekt Ske­le­ton, wie Du es bezeich­nest, zu spre­chen kom­men. Bob und Ske­le­ton, wie ver­trägt sich das ?

Fie­big : Trai­nings­mä­ßig lässt sich das gut ver­ei­nen. Es ist ein Ver­such. Ich wer­de mal rein­schnup­pern und mich drauf­le­gen. Ob das am Ende funk­tio­niert, kann ich natür­lich noch nicht sagen. Ich habe mein Pro­jekt auf jeden Fall kom­mu­ni­ziert, es wis­sen alle Bescheid. Ich weiß, es ist ein gewag­tes Pro­jekt, im Alter von 32 Jah­ren noch etwas Neu­es anzu­fan­gen, das auch vor dem Hin­ter­grund, dass wir gute, inter­na­tio­nal erfolg­rei­che Ske­le­to­nis haben. Aber letzt­end­lich, solan­ge ich von mir nicht sagen kann, dass es eine Num­mer zu groß ist und es nicht klappt, möch­te ich das ger­ne ausprobieren.

SZW : Vik­to­ria Döni­cke hat den Sprung vom Bob zum Ske­le­ton geschafft. Ihr habt einen gro­ßen Vor­teil, näm­lich den schnel­len Start …

Fie­big : Genau, das ist auch unse­re ein­zi­ge Chan­ce, die feh­len­de Erfah­rung wett­zu­ma­chen. Durch einen schnel­le­ren Start kön­nen wir uns auch zwei Feh­ler mehr erlau­ben, ich kann das aber nicht ein­schät­zen. Die Fra­ge ist, wie schnell man das Fah­ren ler­nen kann. Ich weiß, es ist eine gro­ße und har­te Num­mer. Ich bin sehr gespannt und sehr dank­bar für die Unter­stüt­zung, die ich von allen Sei­ten erhal­te und dass das so in die Wege gelei­tet wurde.

SZW : Zie­hen wir ein Fazit : Du greifst mit neu­er Ener­gie wie­der an und machst als Bob-Anschie­be­rin auf jeden Fall ein Jahr wei­ter – mit dem Ziel in St. Moritz Dei­ne ers­te WM-Medail­le zu holen. Gleich­zei­tig, qua­si par­al­lel, schnup­perst Du ambi­tio­niert am Ske­le­ton. Wie es in der Sai­son 2023/2024 aus­sieht – ob Bob oder Ske­le­ton – ist der­zeit völ­lig offen.

Fie­big : So kann man das zusammenfassen.

SZW : Vie­len Dank für das Gespräch.

Bild : Star­tet mit neu­er Ener­gie in die neue Sai­son : Leo­nie Fiebig.

 

Foto­credits : Inga Bremenkamp

Quel­le : VELTINS-EisArena

 

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