Neuer Höchststand : 66.000 Studierende ohne Abitur in Deutschland

Fachhochschule Südwestfalen zählt zu den drei nachgefragtesten Hochschulen in NRW/ Burak Turan ist einer von ihnen

win­ter­berg-total­lo­kal : FH-SWF : Immer mehr Per­so­nen nut­zen in Deutsch­land die Mög­lich­keit, sich über den beruf­li­chen Weg für ein Stu­di­um zu qua­li­fi­zie­ren. Aktu­ell stu­die­ren in Deutsch­land rund 66.000 Per­so­nen ohne Hoch­schul- und Fach­hoch­schul­rei­fe. Zu die­sem Ergeb­nis kommt das dies­jäh­ri­ge Moni­to­ring des CHE Cen­trum für Hoch­schul­ent­wick­lung. Die Fach­hoch­schu­le Süd­west­fa­len zählt neben der Fern­Uni­ver­si­tät in Hagen und der FOM zu den Hoch­schu­len in NRW mit den meis­ten Studienanfänger*innen ohne Abitur.

In den ver­gan­ge­nen zwei Jahr­zehn­ten hat sich die Zahl der Studienanfänger*innen ohne Abitur mehr als ver­vier­facht. Schrie­ben sich im Jahr 2002 noch 3.240 beruf­lich qua­li­fi­zier­te Erst­se­mes­ter ein, sind es mit aktu­ell 15.161 so vie­le wie nie zuvor. Damit klet­tert auch deren Anteil an allen Studienanfänger*innen im Bun­des­ge­biet auf ein neu­es Hoch von 3,1 Pro­zent. Die Zahl der Stu­die­ren­den ohne Hoch­schul- und Fach­hoch­schul­rei­fe ist gegen­über dem Vor­jahr um 2.060 Per­so­nen auf nun rund 66.000 gewach­sen. Das ent­spricht einem Anteil von 2,2 Pro­zent an der gesam­ten Stu­die­ren­den­schaft in Deutsch­land, so CHE. Mit 157 Erst­se­mes­tern ohne Abitur nimmt die Fach­hoch­schu­le in NRW Platz drei ein.

Einer der Stu­die­ren­den, die auch ohne Abitur ein Stu­di­um begon­nen haben, ist Burak Turan, der dem­nächst sein Stu­di­um der Fer­ti­gungs­tech­nik in Iser­lohn abschließt. Mit guten Noten und in Regel­stu­di­en­zeit. Burak Tur­ans Lebens­lauf ist bunt und sicher­lich nicht strom­li­ni­en­för­mig. Aber er zeigt, dass die strik­te Tren­nung von beruf­li­cher und aka­de­mi­scher Bil­dung nicht mehr greift. „Heu­te gehö­ren bei­de Berei­che nach­schu­li­scher Bil­dung immer selbst­ver­ständ­li­cher zu ein und der­sel­ben Bil­dungs­bio­gra­fie”, sagt auch Frank Zie­ge­le. “Dies zeigt die seit Jah­ren kon­stant wach­sen­de Grup­pe der Stu­die­ren­den, die über den drit­ten Bil­dungs­weg auf einen deut­schen Cam­pus gelan­gen”, so der Geschäfts­füh­rer des CHE Cen­trum für Hochschulentwicklung.

Auf­ge­wach­sen in der Tür­kei, kommt Burak Turan erst mit 16 Jah­ren nach Deutsch­land, nach Solin­gen. In der För­der­klas­se der dor­ti­gen Haupt­schu­le steht erst ein­mal Deutsch­ler­nen auf dem Plan. Burak kniet sich rein und schafft den Abschluss. Wei­ter geht’s zum Tech­ni­schen Berufs­kol­leg in Solin­gen, wo er sich für den Metall­be­reich ent­schei­det und die Fach­ober­schul­rei­fe erhält.

Mit Ler­nen ist jetzt erst ein­mal Schluss. Der fami­li­en­ei­ge­ne Bäcke­rei­be­trieb ruft und Burak Turan arbei­tet für die kom­men­den zwei Jah­re als Bäcker. „Im Grun­de war das gewis­ser­ma­ßen schon eine Vor­stu­fe zu mei­nem jet­zi­gen Stu­di­en­gang“, lacht Burak, „denn die Teig­ver­ar­bei­tung hat auch mit Umfor­men zu tun“.

2011, mitt­ler­wei­le ist er ver­hei­ra­tet und hat eine Fami­lie gegrün­det, gibt es wie­der eine Kehrt­wen­de in sei­nem Leben. „Mir wur­de klar, dass ich ohne eine abge­schlos­se­ne Berufs­aus­bil­dung kaum Chan­cen auf Kar­rie­re habe. In der Bäcke­rei konn­te ich mich nicht wei­ter ent­wi­ckeln“, gibt er zu beden­ken. Er spricht mit Bera­tern vom Arbeits­amt und schließt da an, wo er schon im Berufs­kol­leg sei­nen Schwer­punkt gewählt hat. Bei einem Unter­neh­men im Vel­bert beginnt er ein Qua­li­fi­zie­rungs­jahr im Bereich Metall und ein Jahr spä­ter eine Aus­bil­dung in Solin­gen als Zer­spa­nungs­me­cha­ni­ker. Die Aus­bil­dung schließt er mit Bra­vour ab. Mit einem Sti­pen­di­um der IHK Düs­sel­dorf in der Tasche finan­ziert er sei­nen Indus­trie­meis­ter Metall. Zum Win­ter­se­mes­ter 2019/20 schreibt er sich in den Stu­di­en­gang Fer­ti­gungs­tech­nik an der Fach­hoch­schu­le Süd­west­fa­len in Iser­lohn ein. Auch ohne Abitur, als Beruf­lich Qua­li­fi­zier­ter, steht ihm ein Bache­lor­stu­di­um offen.

„Ich bin der ers­te in unse­rer Fami­lie, der dem­nächst ein Stu­di­um abschließt und der leben­di­ge Beweis, dass man zu jeder Zeit neue Bil­dungs­wei­chen stel­len kann. Ich möch­te aber auch ein Vor­bild sein und zei­gen, dass es geht“. Nicht nur er sel­ber, son­dern die gan­ze Fami­lie ist stolz auf sei­ne Leis­tun­gen. Sein Nef­fe möch­te jetzt auch Maschi­nen­bau studieren.

Aus­führ­li­che wei­ter­ge­hen­de Infor­ma­tio­nen bie­tet der Online-Stu­di­en­füh­rer www​.stu​die​ren​-ohne​-abitur​.de.

Foto­credits : FH-SWF

Quel­le : Fach­hoch­schu­le Südwestfalen

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