Klare Regeln für E‑Scooter sind sinnvoll, aber zu vielen Nutzern offenbar unbekannt

DEKRA Experten zur aktuellen Unfallstatistik
  • Mehr als 2.100 E‑S­coo­ter-Unfäl­le mit Per­so­nen­scha­den im Jahr 2020
  • Fünf Getö­te­te und 386 Schwer­ver­letz­te waren zu verzeichnen
  • Häu­fi­ge Pro­ble­me : Alko­hol und fal­sche Fahrbahnnutzung

win­ter­berg-total­lo­kal : Die in Deutsch­land gel­ten­den kla­ren Regeln für die Nut­zung von E‑Scootern sind sinn­voll, wer­den aber noch von zu vie­len Nut­zern – bewusst oder unbe­wusst – miss­ach­tet. So bewer­ten die Exper­ten der DEKRA Unfall­for­schung die aktu­ell vom Sta­tis­ti­schen Bun­des­amt ver­öf­fent­lich­ten Unfall­zah­len. Im Jahr 2020, für das E‑S­coo­ter-Unfäl­le zum ers­ten Mal geson­dert erfasst wur­den, nahm die Poli­zei ins­ge­samt 2.155 Unfäl­le mit Per­so­nen­scha­den auf, an denen elek­trisch betrie­be­ne Tret­rol­ler betei­ligt waren. Dabei wur­den fünf Men­schen getö­tet und 386 schwer verletzt.

E‑Scooter waren an 0,8 Pro­zent aller in Deutsch­land ver­zeich­ne­ten Unfäl­le mit Per­so­nen­scha­den betei­ligt. „Die­ser gerin­ge Anteil spricht zunächst dafür, dass hier­zu­lan­de – auch dank der kla­ren Regeln – das von vie­len befürch­te­te Cha­os rund um E‑Scooter ver­hin­dert wer­den konn­te“, so DEKRA Unfall­for­scher Lui­gi Anco­na. Im Gegen­satz zu vie­len ande­ren Län­dern wur­de 2019 für Deutsch­land klar defi­niert, wel­che Anfor­de­run­gen die Rol­ler erfül­len müs­sen, wer sie nut­zen darf, wel­che Ver­si­che­rung erfor­der­lich ist und wel­che Ver­kehrs­re­geln gel­ten. „Auch wenn ver­gleich­ba­re Unfall­zah­len aus ande­ren Län­dern bis­her nicht vor­lie­gen, ist davon aus­zu­ge­hen, dass die unge­re­gel­te Nut­zung von E‑Scootern zu einem höhe­ren Unfall­ri­si­ko führt“, so der Experte.

Allein­un­fäl­le und Kol­li­sio­nen mit Pkw sind am häufigsten 

Beson­ders auf­fäl­lig ist für den DEKRA Unfall­for­scher der mit fast 43 Pro­zent sehr hohe Anteil an so genann­ten Allein­un­fäl­len, also Unfäl­len ohne einen zwei­ten Betei­lig­ten. In rund einem Drit­tel der Fäl­le kam es zur Kol­li­si­on mit Pkw. Unfäl­le zwi­schen E‑Scootern und Rad­fah­rern oder Fuß­gän­gern machen zusam­men rund 18 Pro­zent des Unfall­ge­sche­hens aus. „Das stützt die oft for­mu­lier­te sub­jek­ti­ve Wahr­neh­mung nicht, dass das eine beson­ders häu­fi­ge Unfall­kon­stel­la­ti­on wäre“, so Anco­na. „Unbe­strit­ten ist aber, dass ein sol­ches Zusam­men­tref­fen auch für die Unfall­geg­ner ein hohes Ver­let­zungs­ri­si­ko birgt.“

1.553 E‑S­coo­ter-Nut­zern wur­de die Haupt­schuld am Unfall zuge­wie­sen. Das ent­spricht einem Anteil von fast 71 Pro­zent. Hier spielt aber die gro­ße Zahl an Allein­un­fäl­len eine wich­ti­ge Rol­le. „Betrach­tet man nur die Unfäl­le mit Unfall­geg­ner, redu­ziert sich der Wert auf ziem­lich exakt 50 Pro­zent“, so der DEKRA Unfall­for­scher. „Dar­aus ergibt sich kein kla­rer Hin­weis dar­auf, dass E‑S­coo­ter-Nut­zer durch­weg rück­sichts­los fah­ren und stän­dig ande­re gefährden.“

Dass E‑Scooter pri­mär von jün­ge­ren Men­schen genutzt wer­den, spie­gelt sich auch in den Unfall­zah­len wider. Über 75 Pro­zent der an Unfäl­len betei­lig­ten E‑S­coo­ter-Fah­rer waren jün­ger als 45 Jah­re, rund ein Drit­tel unter 25 Jah­re alt.

Häu­figs­te Fehl­ver­hal­ten sind Alko­hol­ein­fluss und fal­sche Straßennutzung

Extrem auf­fäl­lig ist bei den Ursa­chen die Alko­ho­li­sie­rung der E‑S­coo­ter-Fah­rer. Die­ses Fehl­ver­hal­ten wur­de von der Poli­zei 431-mal regis­triert, was einem Anteil von mehr als 18 Pro­zent aller vor­ge­wor­fe­nen Fehl­ver­hal­ten ent­spricht. Auf Platz zwei folg­te mit gut 16 Pro­zent die fal­sche Benut­zung der Fahr­bahn oder des Geh­wegs. „Bei­de Arten des Fehl­ver­hal­tens spre­chen dafür, dass vie­le Nut­zer von E‑Scootern die für sie gel­ten­den Ver­kehrs­re­geln nicht ken­nen oder sie bewusst miss­ach­ten“, fol­gert DEKRA Expert Ancona.

So gilt auch bei der Nut­zung der E‑Scooter, wie am Steu­er eines Pkw, die Alko­hol­gren­ze von 0,5 Pro­mil­le, für Füh­rer­schein­neu­lin­ge die 0‑Pro­mil­le-Gren­ze – auch wenn für die Nut­zung der E‑Scooter kein Füh­rer­schein erfor­der­lich ist. In Sachen Stra­ßen­nut­zung gel­ten die glei­chen Regeln wie für Rad­fah­rer. Falls nicht aus­drück­lich frei­ge­ge­ben, sind Geh­we­ge und Fuß­gän­ger­zo­nen tabu. Wenn vor­han­den, müs­sen Fahr­rad­we­ge oder Schutz­strei­fen genutzt wer­den, ansons­ten die Fahr­bahn. Wer E‑Scooter fah­ren will, muss min­des­tens 14 Jah­re alt sein.

Kla­re Regeln für Zulas­sung der Fahrzeuge 

In Deutsch­land dür­fen im öffent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr aus­schließ­lich E‑Scooter ver­wen­det wer­den, die die Anfor­de­run­gen der Elek­tro­kleinst­fahr­zeu­ge-Ver­ord­nung erfül­len, die ent­spre­chend geprüft sind und denen eine All­ge­mei­ne Betriebs­er­laub­nis erteilt wur­de. Ver­langt sind unter ande­rem eine Höchst­ge­schwin­dig­keit von maxi­mal 20 km/​h, Beleuch­tungs­ein­rich­tun­gen und zwei von­ein­an­der unab­hän­gi­ge Brem­sen. Die Fahr­zeu­ge müs­sen außer­dem, wie Mofas und S‑Pedelecs, ein Ver­si­che­rungs­kenn­zei­chen haben. Ande­re Kon­zep­te wie selbst­ba­lan­cie­ren­de Monowheels oder Hover­boards sind nicht zuge­las­sen und dür­fen des­halb allen­falls auf pri­va­tem Gelän­de genutzt werden.

Ver­kehrs­re­geln ken­nen und befolgen

Der Appell der DEKRA Unfall­for­schung ist klar : Wer auf einen E‑Scooter steigt, soll­te die gel­ten­den Regeln ken­nen und befol­gen. Ver­käu­fer und Ver­mie­ter soll­ten ihre Nut­zer nach­hal­tig im siche­ren Umgang mit den Fahr­zeu­gen schu­len – etwa durch ein Tuto­ri­al. Nut­zer soll­ten vor der ers­ten Fahrt im Stra­ßen­ver­kehr den siche­ren Umgang mit dem Fahr­zeug unter kon­trol­lier­ten Bedin­gun­gen üben. Und die Emp­feh­lung, einen Helm zu tra­gen, gilt für den E‑Scooter genau­so wie fürs Fahrrad.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen und Emp­feh­lun­gen zur Ver­kehrs­si­cher­heit rund um alle Arten von Zwei­rä­dern ent­hält der DEKRA Ver­kehrs­si­cher­heits­re­port 2020 „Mobi­li­tät auf zwei Rädern“. Er ver­steht sich als Rat­ge­ber für Poli­tik, Ver­wal­tung, Ver­bän­de und Ver­kehrs­teil­neh­mer und ist – kos­ten­los als PDF und mit digi­ta­lem Begleit­ma­te­ri­al – online zu fin­den unter www​.dekra​-road​sa​fe​ty​.com.

Bild : DEKRA Crash­test mit einem E‑Scooter : Die kla­ren Regeln, die in Deutsch­land gel­ten, sind sinn­voll, wer­den aber von zu vie­len Nut­zern – aus Unkennt­nis oder mit Absicht – missachtet.

Über DEKRA 
Seit fast 100 Jahren arbeitet DEKRA für die Sicherheit: Aus dem 1925 in Berlin gegründeten Deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein e.V. ist eine der weltweit führenden Expertenorganisationen geworden. Die DEKRA SE ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des DEKRA e.V. und steuert das operative Geschäft des Konzerns. Im Jahr 2020 hat DEKRA einen Umsatz von voraussichtlich 3,2 Milliarden Euro erzielt. Mehr als 43.000 Mitarbeiter sind in rund 60 Ländern auf allen fünf Kontinenten im Einsatz. Mit qualifizierten und unabhängigen Expertendienstleistungen arbeiten sie für die Sicherheit im Verkehr, bei der Arbeit und zu Hause. Das Portfolio reicht von Fahrzeugprüfungen und Gutachten über Schadenregulierung, Industrie- und Bauprüfung, Sicherheitsberatung sowie die Prüfung und Zertifizierung von Produkten und Systemen bis zu Schulungsangeboten und Zeitarbeit. Die Vision bis zum 100. Geburtstag im Jahr 2025 lautet: DEKRA wird der globale Partner für eine sichere Welt.

Quel­le : DEKRA e. V. Stuttgart

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