Peter Liese : Jede Woche mehr Impfstoff für Menschen in unserer Region

Kooperation zwischen Impfstoff- Hersteller CureVac und nordrhein-westfälischem Pharmaunternehmen Bayer wird helfen Produktion zu steigern / Für BioNTech-Werk in Marburg liegen alle Genehmigungen vor / 10 Punkte für mehr Impfstoff in unserer Region, Deutschland, Europa und der Welt / Verantwortliche sollen so schnell wie möglich spezielle Spritzen besorgen um 20 % mehr Menschen mit dem Impfstoff von BioNTech zu impfen

win­ter­berg-total­lo­kal : „Nach mei­ner Ein­schät­zung wird es jetzt jede Woche mehr Impf­stoff für die Men­schen in unse­rer Regi­on geben. Dafür arbei­te ich und dar­an glau­be ich“, dies erklär­te der süd­west­fä­li­sche CDU-Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te und Arzt Dr. Peter Lie­se. Lie­se teil­te mit, dass ihm der Chef des Impf­stoff­her­stel­lers Cur­e­Vac aus Tübin­gen ges­tern dar­über infor­miert hat, dass sie eine gro­ße Koope­ra­ti­on mit dem NRW-Phar­ma­her­stel­ler Bay­er ver­ein­bart haben, um den Impf­stoff, der jetzt in der drit­ten Pha­se der kli­ni­schen Prü­fung ist und wahr­schein­lich im Früh­jahr zuge­las­sen wird, schnell im gro­ßen Stil her­zu­stel­len. Der Cur­e­Vac-Impf­stoff basiert, genau wie der Impf­stoff von BioNTech auf der neu­ar­ti­gen mRNA-Tech­no­lo­gie. Ges­tern hat die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on einen zwei­ten Impf­stoff, näm­lich den von der Fir­ma Moder­na, der eben­falls auf der glei­chen Tech­no­lo­gie basiert, zuge­las­sen und Lie­se ist der Mei­nung, dass dies eben­falls hel­fen wird. Die EU hat sich ins­ge­samt 160 Mil­lio­nen Dosen gesi­chert. „Das ist drei­mal so viel wie Groß­bri­tan­ni­en pro Kopf der Bevöl­ke­rung. Von Cur­e­Vac hat sich Groß­bri­tan­ni­en übri­gens gar kei­nen Impf­stoff gesi­chert“, so der Arzt und Europaabgeordnete.

Peter Lie­se hat einen 10 Punk­te Plan aus­ge­ar­bei­tet, wie die Men­schen in unse­rer Regi­on, Deutsch­land, Euro­pa und der Welt mög­lichst schnell, mög­lichst viel Impf­stoff bekom­men. Als wich­tigs­ten prak­ti­schen Punkt nann­te Lie­se, dass die Ver­ant­wort­li­chen vor Ort sich jetzt so schnell wie mög­lich die soge­nann­ten Fein­do­sie­rungs­sprit­zen besor­gen sol­len. Mit die­sen Sprit­zen bekommt man aus einer Ampul­le BioNTech-Impf­stoff sechs statt bis­her nur fünf Impf­do­sen. „Die Bun­des­re­gie­rung und die Lan­des­re­gie­rung emp­feh­len die­se Pra­xis schon seit eini­gen Tagen und als Arzt sage ich, das kann man sofort umset­zen, auch wenn noch kei­ne Geneh­mi­gung der Euro­päi­schen Arz­nei­mit­tel­agen­tur (EMA) vor­liegt. In mei­ner Zeit in der Kin­der­kli­nik Pader­born habe ich, nach Rück­spra­che mit mei­nem Chef­arzt, auch eigen­ver­ant­wort­lich Medi­ka­men­te ein­ge­setzt, die für die Anwen­dung nicht zuge­las­sen waren, wenn es medi­zi­nisch ange­zeigt war. So etwas nennt man „Off-Label-Use“ und wird von ver­ant­wort­li­chen Ärz­ten in Deutsch­land jeden Tag gemacht. Unab­hän­gig davon appel­lie­re ich an die Euro­päi­sche Arz­nei­mit­tel­agen­tur und die Fir­ma BioNTech, sich schnellst­mög­lich über eine ent­spre­chen­de Ände­rung der Zulas­sung zu eini­gen. BioNTech hat zunächst nur die Nut­zung von fünf Dosen aus einer Ampul­le bean­tragt, da sie nicht genü­gend Bewei­se dafür vor­ge­legt haben, dass man sicher sechs Impf­do­sen bekom­men kann. Jetzt ver­han­deln die Euro­päi­sche Arz­nei­mit­tel­agen­tur und BioNTech offen­sicht­lich um die Fein­hei­ten der For­mu­lie­rung. Ich sag’s mal flap­sig, die sol­len sich ein­fach 24 Stun­den ein­schlie­ßen und erst wie­der raus­kom­men, wenn sie eine gemein­sa­me For­mu­lie­rung gefun­den haben“, so Liese.

Eine schwie­ri­ge aber wich­ti­ge Fra­ge ist nach Ansicht Lie­ses, wie man mit dem Impf­stoff des bri­tisch-schwe­di­schen Unter­neh­mens Astra­Ze­ne­ca umge­hen soll. „Der Astra­Ze­ne­ca-Impf­stoff scheint eine Wir­kung gegen das Coro­na­vi­rus zu haben, sie ist aber offen­sicht­lich, ins­be­son­de­re bei älte­ren Men­schen, nicht so gut wie bei den zwei zuge­las­se­nen Impf­stof­fen von Moder­na und BioNTech. Auf der ande­ren Sei­te ist die­ser Impf­stoff welt­weit stär­ker ver­füg­bar, unter ande­rem, weil er auf einer tra­di­tio­nel­len Tech­no­lo­gie beruht. Ich fin­de es ist ver­tret­bar, die­sen Impf­stoff unter stren­gen Bedin­gun­gen zuzu­las­sen und den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern unter 55 ein Impf­an­ge­bot zu machen. Jeder soll­te dann selbst ent­schei­den kön­nen, ob er den nicht ganz so guten Impf­stoff von Astra­Ze­ne­ca sofort nut­zen möch­te oder eini­ge Mona­te auf die Imp­fung mit einem „bes­se­ren“ Impf­stoff war­tet“, so Liese.

Lie­se plä­dier­te dafür, die oben genann­ten Punk­te so schnell wie mög­lich umzu­set­zen und nicht zu viel Zeit mit der Fra­ge zu ver­schwen­den, wer in der Ver­gan­gen­heit hät­te viel­leicht anders han­deln kön­nen. Auch er ist ent­täuscht, dass die Imp­fung so schlep­pend beginnt. Lie­se, der auch gesund­heits­po­li­ti­scher Spre­cher der größ­ten Frak­ti­on im Euro­päi­schen Par­la­ment (EVP-Christ­de­mo­kra­ten) in Brüs­sel ist, legt aber Wert dar­auf, dass wesent­li­che Argu­men­te in der deut­schen Debat­te bis­her zu kurz gekom­men sind. „Ers­tens, die Fir­ma Pfi­zer, die mit BioNTech zusam­men­ar­bei­tet, hat in den Ver­hand­lun­gen offen­sicht­lich dar­auf gedrängt, von der Haf­tung aus­ge­nom­men zu werden.

Dies ist kei­ne tri­via­le Fra­ge und es geht auch hier nicht vor allem ums Geld. Wenn eine Fir­ma nicht haf­tet, haben Men­schen berech­tig­ter­wei­se weni­ger Ver­trau­en, dass bei der Her­stel­lung alles mit rech­ten Din­gen zugeht. Ver­trau­en ist aber beim Imp­fen ein ganz wich­ti­ger Punkt und des­we­gen habe ich durch­aus Ver­ständ­nis, dass die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on einen Ver­trag mit BioNTech/​Pfizer erst unter­schrie­ben hat, als klar war, dass die Fir­ma zu min­des­tens dann haf­tet, wenn sie sel­ber einen Feh­ler began­gen hat. Dies hat die Ver­trags­un­ter­zeich­nung offen­sicht­lich ver­zö­gert, aber jeder, der jetzt sagt, er hät­te es anders gemacht, soll sich wirk­lich über­le­gen, ob er zu die­ser Aus­sa­ge auch ste­hen kann, wenn dann tat­säch­lich ein Pro­blem auf­taucht. Zwei­tens, es wird der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on vor­ge­wor­fen, sie habe zu viel von fran­zö­si­schen Her­stel­lern und zu wenig von deut­schen Her­stel­lern gekauft. Ein Blick auf die Zah­len zeigt : 705 Mil­lio­nen deut­sche Impf­stoff­do­sen von BioNTech und Cur­e­Vac und 300 fran­zö­si­sche Impf­stoff­do­sen von Sano­fi, dass das Gegen­teil rich­tig ist.

Der Sano­fi-Impf­stoff beruht im Gegen­satz zu Cur­e­Vac und BioNTech auf einem tra­di­tio­nel­len Ver­fah­ren und aus der Situa­ti­on des Som­mers her­aus war es sicher­lich nicht falsch, von sechs Ver­trä­gen min­des­tens einen Ver­trag mit einem sehr tra­di­tio­nel­len Ansatz zu haben. Dass Sano­fi nicht so gut funk­tio­niert, konn­te man nach mei­ner Ein­schät­zung im Som­mer, als die Ent­schei­dung getrof­fen wer­den muss­te, nicht wis­sen. Drit­tens, die Euro­päi­sche Uni­on hat Wert dar­auf­ge­legt, dass alle Her­stel­ler, mit denen Ver­trä­ge gemacht wer­den, in Euro­pa pro­du­zie­ren. Dies führt offen­sicht­lich dazu, dass wir bei Moder­na weni­ger bestellt haben als bei ande­ren Her­stel­lern, aber das ist auch aus der Situa­ti­on im Som­mer her­aus verständlich.

Ich bin wahr­schein­lich wie 90 % der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger sehr froh, dass Donald Trump das Wei­ße Haus in weni­gen Tagen ver­las­sen muss, aber das wuss­ten wir im Som­mer nicht und wir sehen gera­de wie­der ein­mal, dass die­sem Mann alles zuzu­trau­en ist. Hät­ten wir uns auf Fir­men ver­las­sen, die haupt­säch­lich in den USA pro­du­zie­ren, wie man­cher jetzt in der Rück­schau neun­mal­klug ver­langt, hät­te die ernst­haf­te Gefahr bestan­den, dass Donald Trump unter dem Mot­to „Ame­ri­ca First“ einen Export-Stopp für Impf­stof­fe ver­hängt. Das man die­ses Risi­ko ver­mei­den woll­te, war sicher­lich klug. Unab­hän­gig davon soll­te jeder, der jetzt weiß, was man hät­te im August anders machen müs­sen, sich ein­mal das Zitat von Chris­ti­an Dros­ten, unse­rem bes­ten Viro­lo­gen, vor Augen füh­ren. Er hat wört­lich gesagt „Das ist so eine kom­ple­xe Ange­le­gen­heit. Man muss­te den Impf­stoff mit Mona­ten Vor­lauf bestel­len – und wuss­te zu dem Zeit­punkt gar nicht, ob der betref­fen­de Impf­stoff auch funk­tio­nie­ren wür­de. Das nun im Nach­hin­ein bewer­ten zu kön­nen, sei „prak­tisch unmöglich“.

Jeder der glaubt, er hät­te in die­ser Fra­ge bes­ser Bescheid gewusst als Chris­ti­an Dros­ten, soll­te sei­ne Selbst­ein­schät­zung über­prü­fen“, so Lie­se abschließend.

Quel­le : Dr. Peter Lie­se MdEP

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