Bilanz des Abflussjahres 2020

An der Ruhr wird es immer trockener und wärmer – 2020 war zusammen mit 2007 das wärmste Abflussjahr seit Beginn der Aufzeichnungen

win­ter­berg-total­lo­kal : Jetzt ist das Dut­zend voll : Zum zwölf­ten Mal in Fol­ge hat der Ruhr­ver­band im Abfluss­jahr 2020, das mit dem so genann­ten „Was­ser­wirt­schafts-Sil­ves­ter“ am 31. Okto­ber 2020 zu Ende gegan­gen ist, für das Ruhr­ein­zugs­ge­biet weni­ger Nie­der­schlag als im lang­jäh­ri­gen Mit­tel ver­zeich­net. Ins­ge­samt fie­len im Ein­zugs­ge­biet der Ruhr 957 Mil­li­me­ter Gebiets­nie­der­schlag, das sind 92 Mil­li­me­ter bzw. neun Pro­zent weni­ger als der lang­jäh­ri­ge Mittelwert.

Eine beson­de­re Rekord­mar­ke setz­te dabei die Sechs-Monats-Pha­se von April bis Sep­tem­ber, in der gera­de ein­mal 58 Pro­zent der in die­sem Zeit­raum übli­chen Regen­men­ge fie­len. Nur ein ein­zi­ges Mal seit Beginn der Nie­der­schlags­auf­zeich­nun­gen, näm­lich im extre­men Tro­cken­jahr 1959, war die­ser Zeit­raum noch tro­cke­ner gewe­sen. Eben­falls nur ein ein­zi­ges Mal, näm­lich 1989, hat­te es zudem in einem Mai noch weni­ger gereg­net als im Mai 2020, der mit nur 23 Mil­li­me­tern Nie­der­schlag der tro­ckens­te Monat des Jah­res war. Der mit Abstand nas­ses­te Monat des Jah­res war der Febru­ar 2020, der mit 204 Mil­li­me­tern rund zwei­ein­halb Mal so viel Nie­der­schlag ver­zeich­ne­te wie ein durch­schnitt­li­cher Februar.

Es wird jedoch nicht nur immer tro­cke­ner im Ruhr­ein­zugs­ge­biet, son­dern auch immer wär­mer. Mit 1,3 Grad über dem Ver­gleichs­wert der Zeit­rei­he 1981 bis 2010 wies das Abfluss­jahr 2020 exakt die glei­che Mit­tel­tem­pe­ra­tur auf wie 2007, das bis­lang den allei­ni­gen Rekord als wärms­tes Abfluss­jahr seit Beginn der Tem­pe­ra­tur­auf­zeich­nun­gen gehal­ten hatte.

Hin­zu kommt, dass die Jah­re 2014, 2016, 2018 und 2019 alle nur um 0,1 Grad „küh­ler“ waren als 2020. Das bedeu­tet : Die sechs­wärms­ten Abfluss­jah­re seit Auf­zeich­nungs­be­ginn vor fast 140 Jah­ren hat es in den letz­ten 15 Jah­ren gege­ben, drei davon in den letz­ten drei­en ! Ein­drucks­voll able­sen lässt sich die­se Ent­wick­lung an den so genann­ten „warm­ing stripes“, die der bri­ti­sche Kli­ma­to­lo­ge Ed Haw­kins ent­wi­ckelt hat, um die Ent­wick­lung der glo­ba­len Erwär­mung zu visualisieren.

Zu Beginn des Abfluss­jah­res 2020, also am 1. Novem­ber 2019, lag der Gesamt­stau­in­halt aller Tal­sper­ren im Ruhr­ein­zugs­ge­biet trotz hoher Bean­spru­chung im vor­an­ge­gan­ge­nen Som­mer­bei 65 Pro­zent vom Voll­stau und damit nur noch um gut 7 Pro­zent unter dem lang­jäh­ri­gen Mit­tel. Haupt­säch­li­cher Grund dafür waren güns­ti­ge Nie­der­schlags­ver­hält­nis­se und stei­gen­de Abflüs­se im Okto­ber 2019.

Güns­ti­ge Nie­der­schlags­ver­hält­nis­se in den Fol­ge­mo­na­ten führ­ten zu einem kon­ti­nu­ier­li­chen Anstieg, so dass Anfang Febru­ar wie­der ein durch­schnitt­li­cher Füll­stand erreicht wur­de. Die nie­der­schlags­rei­chen Fol­ge­wo­chen bis Mit­te März sorg­ten für einen wei­te­ren deut­lich Anstieg bis zum höchs­ten Füll­stand des Abfluss­jah­res 2020, der am 4. April mit 96 Pro­zent vom Voll­stau bzw. 6 Pro­zent über dem lang­jäh­ri­gen Mit­tel erreicht wur­de. Auf­grund der erneu­ten gro­ßen Tro­cken­heit ab April nahm der Gesamt­stau­in­halt bis ins letz­te Okto­ber­drit­tel ab und erreich­te am 25. Okto­ber mit 56 Pro­zent vom Voll­stau den nied­rigs­ten Füll­stand im Abfluss­jahr 2020. Sechs Tage spä­ter, am 31. Okto­ber, waren es dank eini­ger Nie­der­schlä­ge zwar rund zwei Mil­lio­nen Kubik­me­ter Was­ser (bzw. 1 Pro­zent vom Voll­stau) mehr, aber immer noch knapp 20 Pro­zent weni­ger als im lang­jäh­ri­gen Mit­tel und damit ein deut­lich grö­ße­res Defi­zit als die 7 Pro­zent von vor einem Jahr.

Die Ruhr­ver­band­s­tal­sper­ren haben im Abfluss­jahr 2020 jeder­zeit genug Was­ser zur Ein­hal­tung der Min­dest­ab­flüs­se an der Ruhr abge­ge­ben. Sie muss­ten dazu aller­dings erneut Schwerst­ar­beit leis­ten, denn nach vor­läu­fi­gen Berech­nun­gen gab es an einem der bei­den gesetz­lich rele­van­ten Kontrollquerschnitt(Ruhrmündung) die­mit Abstand höchs­te und am ande­ren (Pegel Vil­ligst bei Schwer­te) die zweit­höchs­te Anzahl so genann­ter zuschuss­pflich­ti­ger Tage seit Ein­füh­rung des Ruhr­ver­bands­ge­set­zes im Jahr 1990. Gäbe es die Tal­sper­ren des Ruhr­ver­bands nicht, wäre die Ruhr in Vil­ligst von Juli bis­Sep­tem­ber an mehr als der Hälf­te aller Tage tro­cken gefallen.

Hoch­was­ser­er­eig­nis­se (gleich­be­deu­tend mit einem Über­schrei­ten der Mel­de­gren­ze von 300 Kubik-metern pro Sekun­de am Pegel Wet­ter) gab es im Abfluss­jahr 2020 tat­säch­lich auch, und zwar ein­mal Ende Febru­ar und ein wei­te­res Mit­te März. Dabei erreich­te der Abfluss der Ruhr am Pegel Hat­tin­gen am 24. Febru­ar um 14:35 Uhr mit 458 Kubik­me­tern pro Sekun­de­bei einem Was­ser­stand von 535 Zen­ti­me­tern sei­nen höchs­ten Abfluss im Abfluss­jahr 2020.

Abfluss­jah­re (auch hydro­lo­gi­sche Jah­re oder Was­ser­wirt­schafts­jah­re genannt) wei­chen von den Kalen­der­jah­ren ab, damit in der Jah­res­bi­lanz auch Nie­der­schlä­ge in Form von Schnee und Eis, die bereits im Früh­win­ter fal­len, erfasst wer­den kön­nen. Sie wer­den näm­lich erst im fol­gen­den Kalen­der­jahr als Schmelz­was­ser abfluss­wirk­sam. In Deutsch­land legt eine DIN-Norm das Abfluss­jahr jeweils vom 1. Novem­ber bis zum 31. Okto­ber fest, weil die Was­ser­re­ser­ven Ende Okto­ber erfah­rungs­ge­mäß am gerings­ten sind.

Bild : Die Gra­fik der „warm­ing stripes“ für das Ruhr­ein­zugs­ge­biet zeigt die Ent­wick­lung der mitt­le­ren Tem­pe­ra­tu­ren der Abfluss­jah­re von 1882 bis 2020​.Je „blau­er“ ein Abfluss­jahr dar­ge­stellt ist, des­to nied­ri­ger war die Jah­res­mit­tel­tem­pe­ra­tur, und je „röter“ der Strei­fen ist, des­to wär­mer war das Jahr. Die Dyna­mik der Kli­ma­er­wär­mung, ins­be­son­de­re inden letz­ten drei Jahr­zehn­ten, ist deut­lich erkenn­bar. (Datenbasis:Temperaturrasterdaten des DWD, für das Ruhr­ein­zugs­ge­biet gemittelt)

Foto­credit : Ruhrverband

Quel­le : Ruhrverband

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