COVID19 ist riesige Belastung für Patienten, Angehörige, Pflegekräfte und Ärzte

Deutscher Intensivmediziner schildert eindrücklich die Corona-Situation in niederländischer Intensivklinik / Ärzte in Belgien entscheiden jetzt schon bei jüngeren Menschen, wen sie überhaupt noch beatmen

win­ter­berg-total­lo­kal : „Bel­gi­sche Kol­le­gen berich­ten, dass sie schon nicht mehr die Ent­schei­dung tref­fen ob sie 60- oder 70-jäh­ri­ge beatmen, son­dern sich auf­grund der voll­stän­di­gen Über­las­tung ein­zel­ner Kli­ni­ken schon ent­schei­den müs­sen, ob sie einem 30-jäh­ri­gen oder einem 50-jäh­ri­gen das Leben ret­ten“, mit die­sen ein­dring­li­chen Wor­ten schil­der­te der deut­sche Anäs­the­sist und Inten­siv­me­di­zi­ner Prof. Dr. Tho­mas Schee­ren die Situa­ti­on der Inten­siv­me­di­zin in unse­rem Nach­bar­land. Schee­ren nahm auf Ein­la­dung des Arz­tes und Euro­pa­po­li­ti­kers Dr. Peter Lie­se an einer Video­kon­fe­renz mit Jour­na­lis­ten teil (die wich­tigs­ten Aus­schnit­te aus der Video­kon­fe­renz, sowie das gesam­te State­ment von Herrn Schee­ren fin­den Sie hier : Kurz­ver­si­on mit den wich­tigs­ten Aus­sa­gen unter https://​you​tu​.be/​i​k​4​0​a​B​p​a​ED4, State­ment von Tho­mas Schee­ren unter : https://​you​tu​.be/​9​c​D​F​x​3​Q​U​djs).

Der deut­sche Arzt, der in den Nie­der­lan­den arbei­tet und mit sei­nen bel­gi­schen Kol­le­gen in inten­si­vem Kon­takt steht, befürch­tet, dass auch die Nie­der­lan­de vor einer erneu­ten Über­las­tung des Gesund­heits­we­sens ste­hen. Ein­drück­lich schil­der­te er, wie er und die Pfle­ge­kräf­te die ers­te Wel­le in den Nie­der­lan­den erlebt haben. Unter ande­rem sag­te er auch, dass er die Zahl an jun­gen Pati­en­ten, die an COVID-19 schwerst erkrankt sind, nicht mehr an sei­nen zwei Hän­den abzäh­len kann. Beson­ders unter die Haut geht das Bei­spiel eines 21-jäh­ri­gen jun­gen Man­nes, den die Ärz­te nicht mehr ret­ten konnten.

Schee­ren warn­te in der Video­kon­fe­renz vor der Ver­harm­lo­sung von Coro­na. Die Sterb­lich­keit sei zehn­mal höher als bei einer Virus-Grip­pe und neben einer Lun­gen­ent­zün­dung gebe es auch schwe­res Organ­ver­sa­gen. Beson­ders belas­tend sei Coro­na für die Pfle­ge­kräf­te. Nach der ers­ten Wel­le sind heu­te noch 20 % der Pfle­ge­kräf­te an sei­ner Kli­nik wegen Burn­out und ande­rer psy­chi­scher Stö­run­gen dienst­un­fä­hig. Auf­grund der Gefahr und der gro­ßen Belas­tung des Gesund­heits­we­sens appel­lier­te Schee­ren ein­drück­lich an alle Men­schen Coro­na nicht wei­ter zu ver­harm­lo­sen, Mas­ke tra­gen und Abstand hal­ten kon­se­quent umzu­set­zen. Der süd­west­fä­li­sche CDU-Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te Dr. Peter Lie­se rief dazu auf, die Belas­tung von Inten­siv­me­di­zi­nern und Pfle­ge­kräf­ten in der Coro­na-Pan­de­mie viel stär­ker in die öffent­li­che Debat­te ein­zu­be­zie­hen. „Man­che, die über Coro­na reden, reden wie die Blin­den von der Far­be. Wer die Schil­de­rung von Inten­siv­me­di­zi­nern und Pfle­ge­kräf­ten hört, kann Coro­na nicht mehr ver­harm­lo­sen. Wir hat­ten schon vor der Pan­de­mie ein Man­gel an Pfle­ge­kräf­ten, ins­be­son­de­re in der Inten­siv­me­di­zin. Wenn wir jetzt nicht wirk­lich soli­da­risch sind und Infek­tio­nen ver­mei­den, wird sich der Pfle­ge­kräf­te­man­gel in Zukunft dra­ma­tisch wei­ter ver­schär­fen. Wir brau­chen nicht nur Wert­schät­zung und bes­se­re finan­zi­el­le Hono­rie­rung, son­dern müs­sen auch end­lich mit der Ver­harm­lo­sung auf­hö­ren. Es gibt eini­ge, die das Kon­zept des Schut­zes der Risi­ko­per­so­nen offen­sicht­lich auch so ver­ste­hen, dass für die nächs­ten Mona­te alle die, die mit Risi­ko­per­so­nen zu tun haben, sich eben­falls kom­plett iso­lie­ren. Es ist unmensch­lich die Ein­stel­lung zu ver­tre­ten ‑Wir wol­len unser nor­ma­les Leben wei­ter­füh­ren und die Risi­ko­per­so­nen und die, die mit ihnen zu tun haben, müs­sen dann eben sel­ber auf­pas­sen-. Das wür­de auch dazu füh­ren, dass Ärz­te- und Pfle­ge­kräf­te­man­gel deut­lich zuneh­men.“ Lie­se warn­te vor einer Über­las­tung des medi­zi­ni­schen Sys­tems nicht nur in Bel­gi­en, son­dern in vie­len ande­ren Nach­bar­län­dern. „Die Zah­len, die ich aus der Schweiz und den Nie­der­lan­den sehe, las­sen schlim­mes befürch­ten. In Deutsch­land wer­den wir trotz bes­se­rer Aus­gangs­be­din­gun­gen auch nur dann eine Über­las­tung ver­mei­den, wenn die Maß­nah­men, die Bund und Län­der beschlos­sen haben, jetzt kon­se­quent umge­setzt wer­den. Schon jetzt ist klar, dass in Deutsch­land und in ganz Euro­pa die zwei­te Wel­le schlim­mer ist, als die ers­te Wel­le. Wir müs­sen jetzt wirk­lich auf­pas­sen“, so Lie­se abschließend.

Bild : Peter Lie­se hat wäh­rend der ers­ten Coro­na-Wel­le für drei Wochen in der Pra­xis von Dr. Ulrich Schee­ren in Best­wig und Rams­beck gear­bei­tet. Dort berich­te­te ihm Dr. Schee­ren von den dra­ma­ti­schen Erleb­nis­sen sei­nes Bru­ders Prof. Dr. Tho­mas Schee­ren, gebür­tig aus Mesche­de, auf einer Coro­na-Sta­ti­on in den Niederlanden.

Foto­credit : Europabüro

Quel­le : Dr. Peter Lie­se MdEP

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