Ein „Schuhmacher“ als Aushängeschild der Hansestadt ?

Winterberg-Totallokal : Auf der Suche nach einem Symbol für den internationalen Fernhandel – Der „Schuhmacher“ als Aushängeschild

win­ter­berg-total­lo­kal : Mede­bach. Was hat ein Schuh­ma­cher mit der Han­se zu tun ?

Unbe­strit­ten ist, dass die Stadt Mede­bach zu den ers­ten Städ­ten in West­fa­len gehör­te, die sich im Mit­tel­al­ter der inter­na­tio­na­len Städ­teh­an­se ange­schlos­sen haben. Schon im Jahr 1165 gab sich die Stadt Mede­bach eine Rechts­ord­nung, in der sehr detail­liert das Rechts­ver­hält­nis zwi­schen den Mede­ba­cher Kauf­leu­ten im Fern­han­del behan­delt wur­de. In die­ser Urkun­de wur­de übri­gens mit der Aus­sa­ge über Kauf­leu­te, wel­che in Dania und Rus­sia Han­del trie­ben, erst­mals ein deut­scher Ost­han­del erwähnt.

Was lei­der nicht erwähnt wur­de, sind die Pro­duk­te, mit denen die Mede­ba­cher in jenen Zei­ten ihren Fern­han­del betrie­ben. Damals wer­den es kaum Alu­fel­gen, Dich­tig­keits­prüf­an­la­gen für die Auto­in­dus­trie, Mess- und Rege­lungs­tech­nik, Holz/​Aluminiumfenster oder Pas­siv­häu­ser gewe­sen sein, Pro­duk­te mit denen heu­te das „Made in Mede­bach“ in alle Welt getra­gen wird. Da im Hoch­mit­tel­al­ter die hei­mi­schen Vor­kom­men an Eisen­erz, Kup­fer und Gold schon weit­ge­hend aus­ge­beu­tet waren, kann man davon aus­ge­hen, dass es kaum Metall­wa­ren aus eige­ner Pro­duk­ti­on gewe­sen sein wer­den. Auf­schluss über die dama­li­ge Pro­dukt­pa­let­te kann ein Blick in spä­te­re Steu­er­lis­ten der Stadt Mede­bach geben. Hier fällt eine sehr hohe Anzahl von Schuh­ma­chern auf. Selbst wenn schon damals vie­le Mede­ba­cher Frau­en einen „Schuh­tick“ gehabt haben könn­ten, war die Pro­duk­ti­on die­ser vie­len Betrie­be wohl kaum nur für den Eigen­be­darf gedacht.

Wei­te­res Licht ins Dun­kel der Geschich­te brin­gen alte Über­lie­fe­run­gen und ande­re urkund­li­che Hin­wei­se. Am Schus­ter­kreuz bei Lie­sen tra­fen sich noch im 19. Jahr­hun­dert Schuh­ma­cher aus Mede­bach, Win­ter­berg und Hal­len­berg, die noch in die­ser Zeit mit ihren Schu­hen bis nach Süd- und Ost­deutsch­land auf Han­del gin­gen. Sie trans­por­tier­ten die vie­len Paa­re Schu­he mit einem soge­nann­ten Rick, einem Lei­ter­ge­stell, wel­ches von jeweils zwei kräf­ti­gen Bur­schen getra­gen wer­den musste.

Das Grund­ma­te­ri­al für die Schuh­her­stel­lung ist Leder. Auf den rie­si­gen Hei­de­flä­chen rund um die Stadt wei­de­ten damals Tau­sen­de von Scha­fen und Zie­gen, aus deren Haut vor­züg­li­ches Leder zur Her­stel­lung von Schu­hen ent­steht. Wenn der Chro­nist des 30-jäh­ri­gen Krie­ges ver­merkt, dass bei einem feind­li­chen Ein­fall sie­ben­tau­send Scha­fe geraubt wur­den, sagt das schon eini­ges über die Bedeu­tung die­ser Tie­re für die dama­li­ge Wirt­schaft aus. Nach­weis­lich ist heu­te noch der Stand­ort einer Loh­müh­le im Har­be­cke­tal bekannt, in wel­cher aus Eichen­rin­de Gerb­säu­re, ein wich­ti­ger Roh­stoff für das Ger­ben von Leder pro­du­ziert wur­de. An die­sen Loh­müh­len, außer­halb der Stadt­mau­ern, befan­den sich auch die Ger­be­rei­en, da man die­se wegen der hohen Geruchs­em­mis­sio­nen nicht in der Stadt haben wollte.

Alle die­se Indi­zi­en schaf­fen ein kla­res Bild über den dama­li­gen Haupt­ex­port­ar­ti­kel der Han­se­stadt Mede­bach. Was liegt also näher als heu­te an die­se Tra­di­ti­on anzu­knüp­fen und mit der Figur des Schuh­ma­chers, als Sym­bol der frü­he­ren wirt­schaft­li­chen Bedeu­tung der Stadt, eine Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur für die heu­ti­ge Zeit und die Zukunft zu eta­blie­ren ? In Abstim­mung zwi­schen der Stadt Mede­bach, der Tou­ris­tik GmbH, dem Gewer­be- und Ver­kehrs­ver­ein sowie dem Hei­mat- und Geschichts­ver­ein soll daher auf dem Markt­platz die Figur des Schuh­ma­chers als Denk­mal an die Han­se­ge­schich­te erinnern.

Wei­ter­hin ist ange­dacht, dass künf­tig in Zusam­men­ar­beit der Tou­ris­tik GmbH und des Gewer­be- und Ver­kehrs­ver­eins der Schuh­ma­cher als Reprä­sen­ta­ti­ons­fi­gur der Stadt, ähn­lich dem „Jäger von Soest“ und der „Bri­lo­ner Wald­fee“ künf­tig als Bot­schaf­ter der Stadt zu wich­ti­gen Anläs­sen auf­tre­ten soll. Da über die Bestel­lung von Bot­schaf­tern immer die Poli­tik ent­schei­det, wird sich der Mede­ba­cher Stadt­rat in einer sei­ner nächs­ten Sit­zun­gen mit dem The­ma beschäf­ti­gen. Das Pro­ze­de­re zur Wahl und zur Dau­er der jewei­li­gen Amts­zeit soll danach ver­ein­bart wer­den. Die Ver­ant­wort­li­chen des Gewer­be- und Ver­kehrs­ver­eins sowie des Hei­mat- und Geschichts­ver­eins gehen davon aus, dass mit dem Mede­ba­cher Schuh­ma­cher, als Per­so­ni­fi­zie­rung des glo­ba­len Han­dels in der Ver­gan­gen­heit, das opti­ma­le Sym­bol für die heu­ti­gen Mede­ba­cher Wer­te von Welt­of­fen­heit, Tole­ranz und nach­hal­ti­gem wirt­schaft­li­chen Den­ken geschaf­fen wer­den kann. Da sowohl das Denk­mal auf dem Markt­platz, als auch die Figur des „leben­den Schuh­ma­chers“, einen hohen Kos­ten­auf­wand erfor­dern, hängt das gan­ze Vor­ha­ben natür­lich von der Unter­stüt­zung der Mede­ba­cher Bevöl­ke­rung ab. Daher sind wei­te­re Infor­ma­tio­nen sowie die Mög­lich­keit sich mit einer Spen­de an dem Vor­ha­ben zu betei­li­gen, auf der Home­page des Hei­mat- und Geschichts­ver­eins www​.hgv​-mede​bach​.de ab sofort einzusehen.

Bild­un­ter­schrift : Jür­gen Hum­berg vom Gewer­be- und Ver­kehrs­ver­ein und Ralf Kös­ter vom Hei­mat- und Geschichts­ver­ein möch­ten die Erin­ne­rung an die gro­ße Ver­gan­gen­heit des Mede­ba­cher Schuh­ma­cher­hand­werks wie­der auf­le­ben lassen.

Text und Bild : Nor­bert Schnellen

Print Friendly, PDF & Email