Winterberg-Totallokal : Infoveranstaltung zur Schulentwicklung für Hallenberg, Medebach und Winterberg
winterbergtotallokal : Am letzten Mittwoch fand die dritte und damit letzte Infoveranstaltung zur Schulentwicklung in der Aula des Schulzentrums Medebach statt. Das bekannte Thema : aufgrund der rückläufigen Schülerzahlen in den Stadtgebieten sind Veränderungen im Schulsystem unvermeidlich.
Nach den ersten Presse-Infos vor ein paar Wochen ging ein Aufschrei durch die betroffenen Schüler/Eltern. Hintergrund hierzu war eine Anweisung durch die Bezirksregierung Arnsberg.
Nach Anmeldschluss werden die Eingangszahlen der einzelnen Schulen in Hallenberg, Medebach und Winterberg ausgewertet. In diesem Jahr, mit Rücksichtnahme auf die Prognosen für die nächsten 4 Jahre, waren die Abweichungen zu den gesetzlichen Vorgaben zu groß, als dass „man alles hätte so weiterlaufen lassen können“, erläutert Ferdinand Aßhoff von der Bezirksregierung Arnsberg.
„Die Zahlen sprechen für sich und wir von der Bezirksregierung sind heute hier, um Ihnen Lösungsvorschläge, die für alle Betroffenen die wenigsten Einschnitte bedeuten, zu unterbreiten“, so Aßhoff weiter.
Zum Jahre 2020 sieht die gesetzliche Regelung definitiv eine Überführung aller bestehenden Verbundschulen zu Sekundarschulen vor.
„Nutzen Sie die Möglichkeit, sich im Vorfeld eigene Lösungen zu suchen, bevor im Jahre 2020 über Ihren Kopf hinweg die Schulform fix vorgegeben wird!“ Die Bezirksregierung sieht in der jetzigen Schulproblematik in unserer Region eine Chance, die Weichen für 2020 in eigener Regie zu stellen.
Bürgermeister Thomas Grosche, selber betroffener Vater, sieht drei Punkte, die überhaupt erst zu dieser Diskussion geführt haben :
- die rückläufigen Geburtenzahlen
- der Schülerabgang in die hessischen Nachbarkommunen
- die gesetzlichen Rahmenbedingungen
„Das Wichtigste, das wir den Schülerinnen und Schülern in ihrer Schullaufbahn bieten müssen, ist Kontinuität!“ so sein Fazit. Das könne nur erreicht werden, wenn jetzt gehandelt und eine Schulform gefunden werde, die auch mit der gesetzlichen Vorgabe ab 2020 konform geht ! Hierzu sei es laut Aßhoff der richtige Weg, einen interkommunalen Prozess anzustoßen, um eine möglichst akzeptable Lösung für alle Betroffenen zu finden. Viel Theorie !
Hier die 4 Lösungsvorschläge, die sich laut Bezirksregierung und Kommunalverantwortlichen stellen :
Lösungsvorschlag 1 :
- Errichtung einer Sekundarschule an 2 Standorten (Hauptstandort Medebach, Teilstandort Winterberg), dazu Auflösung der Verbundschulen und Überführung in die Sekundarschule. (teilgebundener Ganztag)
- Gymnasium Winterberg (Sek I und Sek II) bleibt erhalten, Teilstandort Medebach (Klasse 5 – 9) wird geschlossen.
Dies sei vor dem Hintergrund des 2020 in Kraft tretenden Gesetzes zur Überführung aller Verbundschulen in Sekundarschulen die attraktivste Variante. Ein weiterer Vorteil sei die breite Abschlussmöglichkeit einer Sekundarschule, da alle Bildungsgänge (von Hauptschule über Realschule bis zum gymnasialen Zweig mit Berechtigung zur Sek II) möglich sind. Dies ist laut Verbundschulleiter Kruse auch ein enormer Vorteil zu den Mittelschulen in der hessischen Nachbarschaft und wird wohl die Zahl der Abgänger eben nach Hessen eindämmen ! Nach persönlichem Empfinden ist dies wohl der Lösungsvorschlag, der im Grunde schon fixe Sache ist.
Lösungsvorschlag 2 :
- Gymnasium Winterberg
- Gesamtschule Medebach (gebundener Ganztag)
Lösungsvorschlag 3 :
- Gesamtschule Winterberg mit Teilstandort Medebach (gebundener Ganztag), dazu
- Auflösung Gymnasium und Verbundschule
Diese Variante würde das Angebot in der Region auf nur eine Schulform reduzieren.
Lösungsvorschlag 4 :
- Gymnasium Winterberg
- Realschule Medebach
- Hauptschule Winterberg
Mit dieser Lösung sei man auf dem Stand, wie es vor Jahrzehnten war und dies sei nicht erstrebenswert, da nicht alle Abschlüsse möglich wären. Nach vielen Daten und Zahlen, die den Besuchern einen groben Hintergrund zum Thema geben sollten, eröffnete Ferdinand Aßhoff die Diskussions- bzw. Fragerunde. Hier waren deutlich die verschiedenen Interessen der Eltern zu spüren.
Eltern von Gymnasiasten wehren sich gegen die Auflösung des Teilstandortes Medebach. Die jetzigen Gymnasiasten sind in der wohl wahrscheinlichsten Lösung die Verlierer, da bei Einführung einer Sekundarschule der gymnasiale Zweig noch nicht unterrichtet werden kann. Die Sekundarschule beginnt mit der 5. Klasse. Für sie bedeutet dies, voraussichtlich in 2018, den Wechsel auf ein auswärtiges Gymnasium. Dies muss, gerade vor dem Hintergrund von G8, ja nicht zwingend Winterberg bedeuten, da in der hessischen Umgebung G9 gefahren wird.
Dem entgegen zu halten ist, dass der Abschluss mit der mittleren Reife bei der jetzigen Form des Teilstandortes Medebach durch die fehlende 10. Klasse nicht machbar und ein Wechsel auf jeden Fall vonnöten ist. Der Teilstandort Medebach ist auch aufgrund der geringen Schülerzahlen ein Auslaufmodell. (Anmeldungen 2016 => 35 Kinder!)
Hier kam die Frage aus dem Publikum, warum Medebach dann nicht gymnasialer Standort für die Sekundarstufe I und II werden kann, da es platzmäßig eben aufgrund der rückläufigen Schülerzahlen ausreichen würde. Hier wurde angeführt, dass dies keine Möglichkeit sei, da erstens Winterberg einwohnermäßig größer sei und die Rahmenbedingungen beim Standort Winterberg als Eliteschule des Sports bindend sind.
Als nicht glücklich gelaufen bezeichnete eine Wortmeldung die Tatsache, dass man sein Kind im Gymnasium Medebach anmeldet und kurze Zeit später vor die Tatsache gestellt wird, dass diese Schulform kurzfristig geschlossen wird ! „Hier fühlt man sich hintergangen!“ Dies sei ein normales Procedere der Bezirksregierung, so Aßhoff, da man erst nach den Anmeldezahlen reagieren kann. Und da die Mindestgrenze deutlich unterschritten sei, war der Anruf nun in diesem Jahr leider fällig.
Weitaus emotionaler reagierten die Eltern der betroffenen Verbundschüler aus Siedlinghausen. Sie verlieren ihren Standort in allen Modellen komplett (genau wie Hallenberg) und werfen dem Winterberger Bürgermeister fehlende Offenlegung der Zahlen und Fakten sowie nicht genug Engagement vor. Sie fühlen sich regelrecht übergangen und sprechen dem Medebacher Bürgermeister Thomas Grosche ein großes Kompliment aus:“ Die Medebacher Bürger können sich glücklich schätzen, dass ihr Bürgermeister sich so für ihre Belange einsetzt ! Das ist bei uns leider nicht der Fall!“. Die Eltern seien mit dieser Entscheidung regelrecht überrollt worden und der Sitzungstermin in den Stadträten am 05.07.16 sei zu kurzfristig, um alle Für und Wider abwägen zu können. Hier wird es wohl noch weiteren Diskussionsbedarf geben !
Den großen Vorteil einer Sekundarschule mit eben allen Bildungsgängen könnten bei Überführung der Verbundschule die jetzigen Verbundschüler leider nicht genießen. Sie würden in ihren Bildungsgängen bleiben und nur einer anderen Schulform angehören, da auch hier, wie oben beschrieben, die Sekundarschule von der 5. Klasse an aufgebaut würde.
Hier stellte sich dann die Frage, inwieweit die Lehrer der Sekundarschule und des Gymnasiums Winterberg zusammen arbeiten würden, um den Sekundarschülern im gymnasialen Zweig den reibungslosen Sprung in die Sekundarstufe II zu ermöglichen. Hier wurde ausgeführt, dass die Lehrpläne gewisse Spielfreiheiten böten und der Austausch der Gymnasial- und Sekundarschullehrer in jedem Falle gewährleistet sei, um eben jedem Schüler die bestmögliche Schulausbildung mit Abschluss bieten zu können.
Ferdinand Aßhoff schloss die Diskussionsrunde mit der Feststellung, dass bei diesem Thema jeder Standort Einbußen zu erwarten hat und es keinen Sieger geben wird !
Ein wahrer Satz, der leicht ausgesprochen werden kann, wenn man nicht selber betroffen ist ! Natürlich sprechen Zahlen eine eigene Sprache, aber gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, sind die Einwohner besonders empfindlich, wenn wichtige Meilensteine/Institutionen aus dem ländlichen Bereich wegen eines Gesetzbeschlusses wegrationalisiert werden sollen ! Der ländliche Raum soll attraktiv für Fachkräfte bleiben und dem wirken eben solche Gesetze (2020) entgegen !
Hierzu noch eine Anmerkung eines Besuchers aus der Diskussionsrunde:“ Ich appelliere an die Stadträte ! Bitte überlegen Sie vor der Entscheidungsfindung sehr gut, ob wirklich alle Lösungsmöglichkeiten gefunden wurden, oder ob es nicht doch noch eine Variante gibt ! Es ist für kleine Kommunen von oben herunter schon des Öfteren eine Entscheidung gefällt worden, die im Nachgang bereut wurde ! Wir dürfen nicht alles wortlos hinnehmen ! Es gibt bei dem ganzen Gesetzes-Wirrwarr immer wieder Ausnahmelösungen für eben die kleinen Kommunen im ländlichen Raum. Und hierfür müssen wir kämpfen!!“
In diesem Sinne !
Die Räte der drei Kommunen müssen nun in einer öffentlichen Ratssitzung am 05.07.2016 eine Entscheidung treffen, wie die Neuaufteilung der Schulformen angesetzt wird.
Text und Bild : Norbert Schellen