Edel- oder Ekelgastronomie ?

Stich­wort der Woche von Nor­bert Schnellen

bri­lon-total­loak : In der ver­gan­ge­nen Woche hat unse­re Lan­des­re­gie­rung die Ein­füh­rung der Hygie­ne- Ampel beschlos­sen. Hier­mit sol­len zunächst alle Gas­tro­no­mie­be­trie­be, spä­ter alle Betrie­be in der Lebens­mit­tel­bran­che, mit einer Pla­ket­te von grün (alles in Ord­nung) bis rot (Ekel­knei­pe) gekenn­zeich­net wer­den. Damit wir uns nicht falsch ver­ste­hen, ich fin­de Trans­pa­renz grund­sätz­lich gut. Aber was soll das in die­sem Fall brin­gen, denn die­se Betrie­be wer­den doch schon mehr oder weni­ger regel­mä­ßig von den Lebens­mit­tel­kon­trol­leu­ren der Gesund­heits­äm­ter besucht. Wirk­lich „schwar­zen Scha­fen“, die es sicher­lich gibt, wird auch jetzt schon der Betrieb geschlos­sen. Wenn man sich die Haupt­ur­sa­chen für die 10 Pro­zent Bean­stan­dun­gen der Kon­trol­leu­re näher anschaut, so han­delt es sich hier­bei zum Groß­teil nicht um gesund­heits­ge­fähr­den­de Hygie­ne­män­gel son­dern schlicht und ein­fach um Ver­stö­ße gegen irgend­wel­che Kenn­zeich­nungs­pflich­ten und die Ein­hal­tung (teil­wei­se über­trie­be­ner) gesetz­li­cher Vorgaben.

„Je weni­ger die Leu­te davon wis­sen, wie Würs­te und Geset­ze gemacht wer­den, des­to bes­ser schla­fen sie“ wuss­te schon Otto von Bis­marck. Was in die Wurst kommt, sol­len wir dank die­ser Gesetz­ge­bung künf­tig erfah­ren, was zu die­sem Gesetz geführt hat natür­lich nicht. Seit vie­len Jah­ren beob­ach­ten wir in der Gas­tro­no­mie sowie in der gesam­ten Lebens­mit­tel­bran­che ein Ster­ben der klei­nen Fami­li­en­un­ter­neh­men. Gera­de in unse­rem Bun­des­land sind die gesetz­li­chen Vor­schrif­ten jetzt schon enorm hoch. Umfang­rei­che Doku­men­ta­ti­ons­pflich­ten, über­trie­be­ne Bau­vor­schrif­ten und Kenn­zeich­nungs­pflich­ten kann kein Klein­be­trieb per­so­nell und finan­zi­ell leis­ten. So ist abzu­se­hen, dass nur die gro­ßen Ket­ten, die Bur­ger­bra­ter, die „Cof­fee-to-go-“ Gas­tro­no­mie, die gro­ßen Schlacht­hö­fe und Wurst­fa­bri­ken künf­tig auf der „grü­nen Wel­le“ rei­ten. Die Tat­sa­che, dass sie jede Men­ge Ver­pa­ckungs­müll erzeu­gen und durch lan­ge Trans­port­we­ge unse­re Umwelt ver­pes­ten, fällt ja bei die­sem Gesetz nicht ins Gewicht. Auf der ande­ren Sei­te wer­den Fami­li­en­be­trie­be, wel­che die büro­kra­ti­schen Vor­ga­ben nicht ein­hal­ten, die „rote Kar­te“ kas­sie­ren, beim Ver­brau­cher als „unsau­ber“ daste­hen und irgend­wann ganz von der Bild­flä­che ver­schwin­den. Ist es das, was ein Minis­ter, des­sen Par­tei ihre Exis­tenz durch den Ein­satz für unse­re Umwelt begrün­det, wirk­lich errei­chen will ? Hat nicht auch der Bereich Gas­tro­no­mie und Lebens­mit­tel­er­zeu­gung einen Anspruch auf Arten­viel­falt ? Viel­leicht wäre mehr Trans­pa­renz bei der „Zube­rei­tung“ von Geset­zen für den Ver­brau­cher und Wäh­ler auch inter­es­sant. War­um for­dert eigent­lich kei­ner die Ein­füh­rung einer „Lob­by-Ampel“?

 

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