Vorgetäuschter Eigenbedarf – Gerichtsurteile zu einem heiklen Thema – Es stellte sich heraus, dass der Vater …

Ach­tung, Eigen­be­darf! Gerichts­ur­tei­le zu einem heik­len Themengebiet

Ange­sichts einer ange­spann­ten Situa­ti­on auf dem Woh­nungs­markt fürch­ten vie­le Mie­ter, dass ihnen eines Tages der Eigen­tü­mer der Immo­bi­lie die Kün­di­gung aus­spricht. Die Begrün­dung: Eigen­be­darf. Das hat der Gesetz­ge­ber eigens als Grund für eine ordent­li­che Kün­di­gung vor­ge­se­hen. Doch nicht jede Vari­an­te, die Eigen­tü­mer vor­brin­gen, hält auch vor Gericht stand. Der Info­dienst Recht und Steu­ern der LBS hat sich mit die­sem heik­len The­men­ge­biet befasst und stellt ent­spre­chen­de Urtei­le vor.

Eine Eigen­be­darfs­kün­di­gung muss eine gewis­se Sub­stanz auf­wei­sen. So hat­te ein Vater den Mie­tern mit der Begrün­dung gekün­digt, sein Sohn wer­de ein­zie­hen. Denn die­sem dro­he sei­ner­seits der Abriss des Miets­hau­ses, in dem er woh­ne. Doch dann stell­te sich her­aus, dass der Vater mit dem Sohn noch nicht ein­mal sei­ne Plä­ne bespro­chen hat­te. Das Amts­ge­richt Mün­chen (Akten­zei­chen 433 C 1658117) hat­te begrün­de­te Zwei­fel an der Ernst­haf­tig­keit des Über­las­sungs­wil­lens und sah auch kei­nen tat­säch­li­chen Nutzungswillen.

Was über­haupt nicht in Fra­ge kommt als Grund für eine Eigen­be­darfs­kün­di­gung, das ist eine soge­nann­te abs­trak­te Fami­li­en­pla­nung. Eine Woh­nung soll­te für den Enkel des Eigen­tü­mers und des­sen Fami­li­en­grün­dung frei gemacht wer­den, obwohl die­ser noch nicht ein­mal eine fes­te Part­ne­rin hat­te. Das Land­ge­richt Ber­lin (Akten­zei­chen 64 S 26022) erkann­te wie schon die Vor­in­stanz kei­nen nach­voll­zieh­ba­ren Anspruch. Die angeb­li­che Fami­li­en­pla­nung sei bes­ten­falls als vage zu bezeichnen.

Es kommt daher gar nicht so sel­ten vor, dass Mie­ter erheb­li­che Zwei­fel an der ihnen über­mit­tel­ten Eigen­be­darfs­kün­di­gung haben. Manch­mal schal­ten sie sogar Pri­vat­de­tek­ti­ve ein, um der Sache auf den Grund zu gehen. Das Land­ge­richt Ber­lin (Akten­zei­chen 80 T 48922) stell­te fest, dass sol­che Kos­ten erstat­tungs­fä­hig sein kön­nen, „wenn sie pro­zess­be­zo­gen waren und sich – gemes­sen an den wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­sen der Par­tei­en und der Bedeu­tung des Streit­ge­gen­stan­des – in ver­nünf­ti­gen Gren­zen hal­ten“. Die Rech­nun­gen müss­ten aller­dings gewis­se Min­dest­vor­aus­set­zun­gen erfül­len, zum Bei­spiel den Nach­weis des Stun­den­auf­wan­des und der jeweils erbrach­ten Tätigkeit.

Längst nicht alle Ver­wand­ten genie­ßen im Zusam­men­hang mit Eigen­be­darf die­sel­ben Rech­te. Ein Cou­sin zum Bei­spiel ist kein Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ger im Sin­ne des Miet­rechts und recht­fer­tigt des­we­gen auch kei­ne Eigen­be­darfs­kün­di­gung. Das Amts­ge­richt Ber­lin-Mit­te (Akten­zei­chen 25 C 18322) wies dar­auf hin, dass auch ein beson­de­res Ver­trau­ens­ver­hält­nis zum Cou­sin dar­an nichts ändere.

Manch­mal fal­len die Grün­de für eine bereits aus­ge­spro­che­ne Eigen­be­darfs­kün­di­gung weg. In die­sem Fall muss der Eigen­tü­mer nach Ansicht des Amts­ge­richts Waib­lin­gen (Akten­zei­chen 9 C 110618) von sich aus auf die ver­än­der­te Situa­ti­on hin­wei­sen. Sind die­se Erklä­run­gen nicht schlüs­sig, kann sogar ein Scha­den­er­satz gegen­über dem Mie­ter fäl­lig werden.

Grund­sätz­lich soll­ten sich Eigen­tü­mer vor vor­ge­täusch­tem Eigen­be­darf hüten, denn das kann sie unter Umstän­den sehr teu­er zu ste­hen kom­men. Der Mie­ter kann nicht nur die Umzugs­kos­ten gel­tend machen, son­dern auch eine dop­pel­te Miet­be­las­tung und die Dif­fe­renz zwi­schen der alten und der neu­en Mie­te für einen Zeit­raum von drei­ein­halb Jah­ren. Mit die­ser Begrün­dung sprach das Amts­ge­richt Coes­feld (Akten­zei­chen 4 C 15619) einer Mie­te­rin mehr als 5.000 Euro Scha­den­er­satz zu.

Ein Ver­mie­ter plan­te, ein Mehr­fa­mi­li­en­haus zu einem selbst genutz­ten Ein­fa­mi­li­en­haus umzu­bau­en und sprach des­we­gen eine Eigen­be­darfs­kün­di­gung aus. Das Amts­ge­richt Ham­burg (Akten­zei­chen 49 C 29422) ging von einer unge­recht­fer­tig­ten Kün­di­gung aus, weil zu dem Zeit­punkt noch nicht ein­mal eine bau­sta­ti­sche und bau­ge­neh­mi­gungs­recht­li­che Vor­prü­fung vor­ge­le­gen habe.

Der Eigen­tü­mer eines Mehr­fa­mi­li­en­hau­ses mit über 15 Woh­nun­gen und Gewer­be­ein­hei­ten sprach einem Mie­ter die Kün­di­gung aus, weil er dem von ihm selbst betreu­ten und ver­wal­te­ten Objekt nahe sein wol­le. Wegen tat­säch­li­cher Zwei­fel, ob die­ser Grund vor­liegt, reich­te dies dem Amts­ge­richt Mün­chen (Akten­zei­chen 423 C 561520) nicht als Begrün­dung aus – eben­so wenig wie der Wunsch des Eigen­tü­mers, sei­ne Arbeits­platz­su­che auf die Stadt Mün­chen auszudehnen.

 

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Bild: Gerichts­ur­tei­le zu einem heik­len The­men­ge­biet Ange­sichts einer ange­spann­ten Situa­ti­on auf dem Woh­nungs­markt fürch­ten vie­le Mie­ter, dass ihnen eines Tages der Eigen­tü­mer der Immo­bi­lie die Kün­di­gung aus­spricht. Die Begrün­dung: Eigenbedarf.

Quel­le: Dr. Ivonn Kap­pel, Refe­rat Pres­se, Bun­des­ge­schäfts­stel­le Landesbausparkassen
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