Im Fokus: Die Gewalt in Haiti macht es immer schwieriger, Kinder in Not zu erreichen!

Bandengewalt, Morde und Entführungen: In Haiti wird das Leben für Kinder immer bedrohlicher. „Sobald wir das Haus verlassen, müssen wir um unser Leben fürchten“, sagt Faimy Loiseau, Leiterin der SOS-Kinderdörfer in Haiti.

In den letz­ten zwei Jah­ren habe sich die Situa­ti­on kon­ti­nu­ier­lich ver­schlech­tert. Die SOS-Kin­der­dör­fer sind eine von weni­gen Orga­ni­sa­tio­nen, die noch im Land aktiv sind. Die Gewalt war im Juli 2021, nach der Ermor­dung des Prä­si­den­ten Jove­nel Moï­se, eska­liert. Bewaff­ne­te Ban­den haben vie­ler­orts die Macht über­nom­men, in der Haupt­stadt Port-au-Prin­ce kon­trol­lie­ren sie laut Loi­se­au 90 Pro­zent der Gebie­te. Die Wahr­schein­lich­keit, Opfer von Gewalt zu wer­den, sei hoch.

Hai­ti ist das ärms­te Land des ame­ri­ka­ni­schen Kon­ti­nents und seit Jahr­zehn­ten von Natur­ka­ta­stro­phen und Kon­flik­ten bedroht. Die viel­fäl­ti­gen Kri­sen haben mas­si­ve Aus­wir­kun­gen auf das Leben der Kinder:

Hun­ger und Unterernährung

Das Land befin­det sich in einer schwe­ren Hun­ger­kri­se. Geschätz­te 2,6 Mil­lio­nen Kin­der sind auf huma­ni­tä­re Hil­fe ange­wie­sen, jedes fünf­te Kind ist chro­nisch unter­ernährt. „Dazu kommt: Die eska­lie­ren­de Gewalt in vie­len Gemein­den macht es schwie­rig bis unmög­lich, die Kin­der zu errei­chen und zu ver­sor­gen“, sagt Loi­se­au. Auch die SOS-Kin­der­dör­fer hät­ten ihre Sicher­heits­maß­nah­men aus­ge­baut. „Damit gelingt es uns zum Glück, unse­re Pro­gram­me wei­ter­zu­füh­ren und Kin­der und Fami­li­en zu unter­stüt­zen“, sagt Loiseau.

Gesund­heit bedroht

Ins­be­son­de­re die schlech­te Ernäh­rungs­si­tua­ti­on wirkt sich auch auf die Gesund­heit vie­ler Kin­der kri­tisch aus. „Unter­ernäh­rung macht sie für Krank­hei­ten beson­ders anfäl­lig“, sagt Loi­se­au. Seit Okto­ber 2022 brei­tet sich in Hai­ti die Cho­le­ra aus. Im März 2023 sei die Zahl der Infi­zier­ten bereits auf über 33.000 gestie­gen, die meis­ten davon Kin­der. Für sie kann die Krank­heit schnell töd­lich wer­den. Auch die psy­chi­sche Gesund­heit der Kin­der macht Fai­my Loi­se­au gro­ße Sor­gen. Stän­di­ge Angst und Gewalt ver­setz­ten die Kin­der in Dau­er­stress und führ­ten zu psy­chi­schen Pro­ble­men. Loi­se­au sagt: „Der per­ma­nen­te Druck ist zu viel für ein Kind!“

Kein Zugang zu Bildung

Vie­le Kin­der in Hai­ti haben kei­ne Chan­ce, zur Schu­le zu gehen. Zahl­rei­che Fami­li­en befän­den sich auf der Flucht vor der Gewalt. Zudem hät­ten vie­le Schu­len den Betrieb ein­ge­stellt, da das Sicher­heits­ri­si­ko zu groß sei. Und auch das schwe­re Erd­be­ben vor zwei Jah­ren wir­ke sich wei­ter nega­tiv auf die Bil­dung aus. Loi­se­au sagt: „Im Süden der Regi­on Port-au-Prin­ce sind noch immer 70 Pro­zent der Schu­len zer­stört. In vie­len Fäl­len wur­de mit dem Wie­der­auf­bau nicht ein­mal begonnen.“

Die Schu­len der SOS-Kin­der­dör­fer konn­te bis­lang geöff­net blei­ben. Über 2200 Kin­der gehen dort zum Unter­richt. Sie bekom­men außer­dem eine kos­ten­lo­se Schul­mahl­zeit. „Für vie­le die ein­zi­ge Mahl­zeit des Tages“, sagt Loiseau.

Loi­se­au appel­liert an die inter­na­tio­na­le Gemein­schaft. Sie sagt: „Die Welt­be­völ­ke­rung hat eine Stim­me, die soll­te sie ein­set­zen, um für Sicher­heit in Hai­ti zu sor­gen. Es müs­sen kon­kre­te Maß­nah­men ergrif­fen wer­den. Nur, wenn wir die Sicher­heits­the­ma­tik lösen, kann Hai­ti wie­der auf die Füße kommen.

Hin­ter­grund

Kli­ma­wan­del, Fol­gen der Pan­de­mie, Krieg in der Ukrai­ne, Auf­stän­de im Iran, Erd­be­ben in Syri­en und der Tür­kei – nie zuvor wuch­sen Kin­der in einer Zeit auf, in der sich so vie­le schwer­wie­gen­de Kri­sen über­la­ger­ten. Die media­le Bericht­erstat­tung lenkt dabei den Fokus der Öffent­lich­keit vor allem auf Kata­stro­phen mit einem aktu­el­len Bezug. Doch in zahl­rei­chen wei­te­ren Regio­nen auf der Welt kämp­fen Kin­der und Fami­li­en seit Jah­ren ums Über­le­ben – im Schat­ten der Öffent­lich­keit und auf huma­ni­tä­re Hil­fe ange­wie­sen. In einer Serie gehen die SOS-Kin­der­dör­fer Kri­sen nach, die weit­ge­hend im Ver­bor­ge­nen statt­fin­den und zei­gen auf, war­um wir die betrof­fe­nen Men­schen nicht im Stich las­sen dür­fen. Die Serie ist Teil der Kam­pa­gne #InDen­Fo­kus. Rund 30 deut­sche Hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen haben sich zusam­men­ge­schlos­sen, um gemein­sam mit dem Aus­wär­ti­gen Amt ver­ges­se­ne Kri­sen in den Fokus zu rücken. Ziel ist es, das Bewusst­sein für das Leid der Men­schen zu schär­fen, welt­wei­te Not­la­gen, die in den Hin­ter­grund gera­ten sind, wie­der sicht­ba­rer machen und über die Arbeit von Hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen vor Ort zu infor­mie­ren. Über „Ver­ges­se­ne Kri­sen“ in Ban­gla­desch, Hai­ti, Mala­wi und ande­ren Ländern.

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Quel­le: Boris Brey­er, Pres­se­spre­cher, SOS-Kin­der­dör­fer weltweit
Ori­gi­nal-Con­tent von: SOS-Kin­der­dör­fer welt­weit, über­mit­telt durch news aktuell

Bild­un­ter­schrift: Banden­ge­walt, Mor­de und Ent­füh­run­gen: In Hai­ti wird das Leben für Kin­der immer bedroh­li­cher. „Sobald wir das Haus ver­las­sen, müs­sen wir um unser Leben fürch­ten“, sagt Fai­my Loi­se­au, Lei­te­rin der SOS-Kin­der­dör­fer in Hai­ti. In den letz­ten zwei Jah­ren habe sich die Situa­ti­on kon­ti­nu­ier­lich ver­schlech­tert. Die SOS-Kin­der­dör­fer sind eine von weni­gen Orga­ni­sa­tio­nen, die noch im Land aktiv sind.

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Fotograf:©Thomas Eugs­ter / Hintergrund
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