Nicht nur meckern, machen, Kommentar zur Fachkräftelücke von Anna Steiner

Das Gejammer der Unternehmen ist riesig : Wir finden keine Mitarbeiter.

Der Fach­kräf­te­man­gel ist in Deutsch­land längst eines der drän­gends­ten Pro­ble­me. Zig­tau­sen­de Soft­ware-Exper­ten feh­len, Zehn­tau­sen­de Erzie­her. Aber auch Metall­ar­bei­ter und Hel­fer in allen mög­li­chen Beru­fen sind knapp. Das Gejam­mer der Unter­neh­men ist rie­sig : Wir fin­den kei­ne Mit­ar­bei­ter. Die For­de­rung an die Poli­tik ist laut : För­dert die Aus­bil­dung, stärkt die Zuwan­de­rung ! Die Ampel-Koali­ti­on aus SPD, Grü­nen und FDP hat das Pro­blem auf dem Schirm : Die Aus­bil­dungs­ga­ran­tie und die Reform des Fach­kräf­te­ein­wan­de­rungs­ge­set­zes sind nur zwei Bei­spie­le dafür. Und das ist rich­tig so.

Dass nach wie vor in vie­len Beru­fen die Bedin­gun­gen so unter­ir­disch sind, dass man kei­nem Schul­ab­gän­ger übel­neh­men kann, wenn er sich für einen ande­ren Weg ent­schei­det, das ist nicht rich­tig. Dass fast jeder zwei­te Job nicht ein­mal wenigs­tens nach einem Tarif­ver­trag bezahlt wird, ist nicht rich­tig. Und dass Aus­zu­bil­den­de und Berufs­ein­stei­ger an Wochen­en­den job­ben gehen müs­sen, um über­haupt die Mie­te bezah­len zu kön­nen, erst recht nicht. Das aber ist nicht Auf­ga­be der Poli­tik, son­dern der Unternehmen.

Krea­ti­ve Lösun­gen müs­sen her – und kos­ten­los wer­den die­se nicht sein. Ein Job­ti­cket in Zei­ten von 9‑Eu­ro- und 49-Euro-Ticket wird nie­man­den locken. Auch ein Dienst­wa­gen ist nicht mehr so gefragt wie noch vor eini­gen Jah­ren. Mit Urlaubs­ta­gen lässt sich viel­leicht schon etwas errei­chen. Die Arbeits­zei­ten müs­sen stim­men und wenn sie es – betriebs­be­dingt – nicht kön­nen, dann müs­sen sie ent­lohnt wer­den. Der Alten­pfle­ger, der Nacht­schicht im Senio­ren­heim schiebt, muss eben­so wert­ge­schätzt wer­den wie der Indus­trie­me­cha­ni­ker, der am Wochen­en­de dafür sorgt, dass eine Pro­duk­ti­on durch­lau­fen kann. Das wohl Wich­tigs­te beim Kampf um jun­ge Talen­te – gera­de ange­sichts der hohen Lebens­hal­tungs­kos­ten – sind nun ein­mal anstän­di­ge Löhne.

Wer heu­te noch argu­men­tiert, dass ein Mana­ger ja auch eine gro­ße Ver­ant­wor­tung tra­ge für die Mit­ar­bei­ter, der hat noch nicht ver­stan­den, wo Mil­lio­nen Väter und Müt­ter mor­gens ihre Kin­der hin­brin­gen, damit sie selbst arbei­ten kom­men kön­nen. Wird die Kin­der­be­treu­ung aus­ge­baut und wer­den die Erzie­her anstän­dig bezahlt – denn nur dann wer­den sich mehr Men­schen für die­sen Job ent­schei­den -, kann end­lich eines der größ­ten schlum­mern­den Poten­zia­le in Deutsch­land geho­ben wer­den : die Beschäf­ti­gung von Müt­tern und Vätern. Wer an die Markt­wirt­schaft glaubt, der weiß, dass der Markt vie­les regelt. Viel­leicht kann er nicht die gesam­te Lücke schlie­ßen, aber wer die bes­ten Löh­ne zahlt und die bes­ten Bedin­gun­gen bie­tet, wird weni­ger Pro­ble­me bei der Nach­wuchs­su­che haben.

 

Pres­se­kon­takt : Bör­sen-Zei­tung, Redaktion
Ori­gi­nal-Con­tent von : Bör­sen-Zei­tung, über­mit­telt durch news aktuell

Foto­credit : Ado­be­Stock 487125448

 

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