„Brilon ist mittlerweile eine echte Museumsstadt geworden.“ Dieser Satz ist das Resümee für das Jahr 2022 durch den Leiter des Museums Haus Hövener Carsten Schlömer und beschreibt die geleistete Arbeit wie auch die imponierende Leidenschaft des Museumsteams für die Arbeit im Haus direkt am Markplatz.
Dass diese Bewertung nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt das Zahlenwerk des Museums. Mit 12.877 Besucherinnen und Besuchern und über 200 Veranstaltungen in den vergangenen zwölf Monaten kann die Briloner Stiftung des Hauses Hövener auf das erfolgreichste Museumsjahr seit der Eröffnung vor zwölf Jahren blicken. Dem Museumsteam und den ehrenamtlichen Mitgliedern des Briloner Heimatbundes – Semper Idem e.V. gelang es, das Projekt „Geschichtserlebnispark Brilon und die 16 Dörfer“ erfolgreich ins Leben zu rufen. Was sich hinter dem Namen verbirgt, sind zum Beispiel über 100 Museums- und Stadtführungen oder auch die E‑Biketouren „vom Kirchturm zu Kirchturm“ zu den 16 Dörfern um die Kernstadt herum. Der Geschichtserlebnispark ist ein Sammelsurium von Veranstaltungen, Forschungen und Projekten, die das Geschichtsbewusstsein mit der Faszination für das Vergangene verbinden. Andere Veranstaltungen, für die das Museum Haus Hövener „nur“ den Raum stellt, schließen sich da an, sodass ein richtiger Schmelztiegel für Kultur und Austausch direkt am Briloner Marktplatz entstand.
Doris Tilly, Museumsmitarbeiterin: Das Museum Haus Hövener ist für uns alle eine Herzensangelegenheit.
In besonderer Erinnerung bleibt den Verantwortlichen der Integrationstag für ukrainische Geflüchtete im Frühjahr 2022. 120 Personen, vor allem Frauen und Kinder, lernten Brilon an einem Tag durch die Esel des Heimatbundes, Gustav, Fridolin und Jack, sowie den ehrenamtlichen Helfern und Guides auf besondere Art und Weise kennen. „Damals haben wir den Menschen die Angst vor der Fremde genommen. Eine Aufgabe, die wir alle mit Herzblut erfüllen“, kommentiert Carsten Schlömer. Diesem Auftrag schließen sich Events wie Lesungen, Forschungspublikationen, Themenwanderungen und gar der sehr erfolgreiche Briloner Wintermarkt im Museum an. Den Beteiligten geht es um die Etablierung eines neuen Museumstyps.
Einerseits werden klassische museale Arbeiten geleistet, andererseits muss ein Museum mehr sein als nur ein Ausstellungsraum.
„Es geht uns um die Kommunikation, um das Miteinander der Bürgerinnen und Bürger. Das Haus Hövener ist ein Ort für alle und muss als Spiegel der Geschichte allen Facetten des Zusammenlebens etwas bieten“, fasst Carsten Schlömer zusammen. Aus diesem Grund sind die Räumlichkeiten weiterhin auch für Brautpaare geöffnet. 17 Ja-Worte wurden im Museum 2022 gegeben. Der historische Garten als „grüne Oase“ mitten in der Stadt überzeugt dabei und dient als geeignete Kulisse für diese Momente. Darüber hinaus sind die Museums‑, Stadt- und Themenführung Garanten für die Lebendigkeit des Hauses Hövener. 135 Führungen durch das Haus und die Stadt schenkten den interessierten Gästen einen Blick in die Vergangenheit. Insgesamt erreicht das Team eine Veranstaltungsdichte von über 90%. „Konkret bedeutet das, dass fast jeden Tag eine Führung, eine Lesung, ein Vortrag oder ein Event anderer Art im Museum stattfinden. Das ist nur mit der Leidenschaft des Teams für das Haus möglich“, so Schlömer weiter.
Apollonia Held-Wiese, Museumsmitarbeiterin: Geschichte bewahren wir, indem wir Geschichten erzählen
Besonders stolz ist das Team auf die modernisierte und optimierte Dauerausstellung zur Stadtgeschichte. Nicht nur, dass das interaktive Stadtmodell komplett überarbeitet wurde und somit die erste 3D Rekonstruktion eines historischen Stadtkernes darstellt, auch die 16 Dörfer von Alme bis Wülfte bekamen einen festen Platz im Museum. Die interaktive Dorfkarte lässt die Geschichte im Stadtgebiet Brilon breit gefächert lebendig werden. Eine enge Zusammenarbeit mit den Kennern und Kümmerern aus den Dörfern war notwendig und soll auch weiter intensiviert werden. Infolgedessen ist es nicht verwunderlich, dass das Museumsteam beispielsweise auch während des Dorfjubiläums von Brilon-Wald mit von der Partie war.
„Viele Exponate und Erkenntnisse, die durch unsere Arbeit der letzten acht Jahre überhaupt erst erschlossen wurden, konnten eingepflegt werden“.
Das war möglich, weil der Förderverein des Hauses Hövener uns unentwegt unterstützt“, erklärt Schlömer. Ein wahrer Schatz ist dabei die älteste Luther-Bibel Brilons aus der historischen Bibliothek des Gymnasiums. Über 350 Jahre alt ist sie und wurde durch den Förderverein und Unterstützer restauriert. Nun ist sie im Museum neben der ältesten katholischen Bibel aus Lyon (1527) zu sehen. Dem schließt sich die wertvollste Handschrift, eine Anleitung für Teufelsaustreibungen aus dem hiesigen Minoritenkloster, an. Datiert im 17. Jahrhundert ist sie ein einmaliges Artefakt für die Regionsgeschichte und war sogar in einer großen Sonderausstellung im Sauerlandmuseum zu sehen.
Innerhalb der neuen Ausstellung wurde der Fokus vor allem auf die stadtprägenden Geschichten gelegt. Endlose Aufzählungen von Jahreszahlen sehen Besucherinnen und Besucher nicht. Stattdessen werden Briloner Charakteristiken wie das Schützenwesen, der Bergbau, die Schnade, die Rolle der Esel im Mittelalter und die drei großen Herrschaftsepochen unter den Erzbischöfen von Köln, dem hessischen Großherzog und dem preußischen und späteren deutschen Monarchen dargestellt. So entstand eine Straße der Geschichte, deren Beschreiten unterhaltsam und wissenswert zugleich ist.
Marion Bornemann, Museumsmitarbeiterin: Heimatbund und Museum – das ist ein starkes Bündnis für die ganze Region.
Sechs größere Sonderausstellungen konnten in dem Jahr 2022 eröffnet werden. Nadelstickerei, Portraitfotografie, Malerei, Skulpturen und eine Jubiläumsausstellung zum Rundfunk waren dabei im Portfolio des Museums verzeichnet worden und lockten einige Gäste in das Museum. Vor allem die Kunstausstellung der Volkshochschule Brilon- Marsberg-Olsberg gilt für das Museumsteam als eine gelungene Sache. Die Werke von Brilonerinnen und Brilonern wurden erstmals ausgestellt und zeigten, dass Kultur vor allem durch die Menschen vor Ort erschaffen wird. Erwähnenswert sind jedoch auch die kleinen Foyerausstellungen zu den Geschichten aus den Dörfern. Die Geschichte Brilon-Walds und des Kriegervereins Thülen-Radlinghausen wurden im Haus Hövener präsentiert und bewiesen, dass jedes Dorf seine eigene besondere Vergangenheit besitzt, die es zu erzählen gilt.
Auch für das kommende Jahr stehen schon spannende Themen, Aktionen und Veranstaltungen an.
„Wir machen weiter, denn Stillstand ist im Grunde Rückschritt. Sowohl unseren Gästen als auch der Bürgerschaft möchten wir etwas bieten, damit sie Brilon und die 16 Dörfer als lebens- und liebenswerte Heimat erfahren“, endet Carsten Schlömer mit seinem Resümee. Man darf daher gespannt sein, welche Projekte 2023 verwirklicht werden. Dabei sind die ersten Umsetzungen bereits im Frühjahr geplant und erarbeitet. Die Innenstadt wird so belebt, und die Kultur bereichert das bürgerschaftliche Miteinander auf eine wertvolle Art und Weise. Vor allem die erstmalige Erwähnung Brilons vor 1050 Jahren in einer Urkunde Ottos II. steht dabei im Zentrum der Planungen. Hier will man besonders darauf achten, die Interessen und die Neugier der Bürgerinnen und Bürger zu wecken. Für junge Menschen, die sich mit der Stadtgeschichte auseinandersetzen und eine Arbeit im Museum Haus Hövener verfassen, wird der Wilhelmine-Hövener-Stiftungspreis auch im kommenden Jahr verliehen. Hierauf freuen sich die Verantwortlichen besonders und hoffen auf eine rege Teilnahme. Der Förderverein, der Briloner Heimatbund und das Museumsteam freuen sich auf die kommenden Monate. Das macht Brilon wirklich zu einer echten Museumsstadt, die ihren Bürgerinnen, Bürgern und Gästen einiges zu bieten hat.
Zahlen – Daten – Fakten: Museumsjahr 2022
Öffnungstage: 330
Besucher/innen: 12.877
Führungen: 135
Sonderausstellungen: 5
Trauungen 17
sonst. Veranstaltungen 49
Quelle: Carsten Schlömer, Museum Haus Hövener, Brilon