HSK : Delegiertenversammlung des Caritasverbandes Brilon – Hoffnungszeichen in dieser Zeit – Konkrete Hilfen in harschen Zeiten

Hochsauerlandkreis : Aktuelle Projekte von der Frühförderung bis zu Senioren-Wohnungen – Systemanpassungen in Umbruch- und Neuordnungszeiten – Lösungen für den Notfall

Alt­kreis Bri­lon / Wal­deck. Krieg, Coro­na, Infla­ti­on, gesell­schaft­li­che Spal­tung, Ener­gie- und Kir­chen­kri­se : „Was ist unse­re Rol­le als Cari­tas in die­sen Zei­ten“, frag­te Cari­tas­rats­vor­sit­zen­der Lud­wig Alb­racht zum Auf­takt der elf­ten Dele­gier­ten­ver­samm­lung des Cari­tas­ver­ban­des Bri­lon. Ant­wor­ten auf die­se Fra­ge gab es im aus­führ­li­chen Tätig­keits­be­richt, den Cari­tas-Vor­stand Heinz-Georg Eirund vorstellte.

Kon­kre­te Hil­fen in har­schen Zeiten

„Wir müs­sen in die­sen har­schen Zei­ten den Men­schen ver­läss­li­che und hand­fes­te Hil­fen anbie­ten“, sag­te Vor­stand Heinz-Georg Eirund. Hil­fen, die ganz kon­kret und an den Bedürf­nis­sen aus­ge­rich­tet sind. Dazu zäh­len bei­spiels­wei­se die Waren­kör­be für die enorm ange­stie­ge­ne Zahl der Bedürf­ti­gen oder die Flücht­lings­hil­fe durch Bera­tungs­an­ge­bo­te und auch durch die Auf­nah­me von Geflüch­te­ten. Seit dem 20. März leben 17 jun­ge Frau­en mit Behin­de­run­gen und ihre Betreue­rin­nen aus Kiew in der Wohn­grup­pe St. Micha­el, die bin­nen zwei Wochen im Alt­bau des Senio­ren­zen­trum St. Engel­bert ein­ge­rich­tet wur­de. „Es geht dar­um, Men­schen zu hel­fen, aber auch Hoff­nungs­zei­chen in die­ser Zeit zu set­zen“, sag­te Eirund.

Aktu­el­le Pro­jek­te von der Früh­för­de­rung bis zu Senioren-Wohnungen

Dass trotz Kri­sen­ge­men­ge die Ent­wick­lung der Cari­tas Bri­lon fort­ge­schrie­ben wird, zeig­te der Blick auf die aktu­el­le Pro­jekt­lis­te. Dar­aus ein Aus­zug :  Seit August gehört der Kin­der­gar­ten „Regen­bo­gen“ in Oes­dorf zum Cari­tas­ver­band Bri­lon und wird zukünf­tig auch ein Stand­ort der Inter­dis­zi­pli­nä­ren Früh­för­de­rung sein. Um die Hil­fen näher zu den Men­schen zu brin­gen, ist seit Novem­ber auch das neue Cari-Mobil in allen Städ­ten des Alt­krei­ses Bri­lon unter­wegs. Der mobi­le Bera­tungs­bus macht Sta­ti­on und bie­tet Erst­be­ra­tun­gen für alle Not- und Lebens­la­gen an. In der Bri­lo­ner Gar­ten­stra­ße wur­den bar­rie­re­freie Miet­woh­nun­gen für Senio­ren gebaut und in Mede­bach ist eine Senio­ren-Wohn­ge­mein­schaft geplant. In den Cari­tas-Werk­stät­ten St. Mar­tin gibt es seit die­sem Jahr die Peer-Bera­tung, einem Bera­tungs­an­ge­bot von Men­schen für Men­schen mit Behin­de­run­gen als Exper­ten in eige­ner Sache. Um die Chan­cen der Digi­ta­li­sie­rung zu nut­zen, gibt es seit dem Früh­jahr eine Stabs­stel­le zur Digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on und seit Juni hat der Cari­tas­ver­band Bri­lon neue Kanä­le auf Insta­gram und Facebook.

Coro­na : Leben und Arbei­ten in zwei Welten

Mit Blick auf die Steue­rung und auch Siche­rung des Cari­tas­ver­ban­des Bri­lon mit 1.200 Mitarbeiter*innen in 60 Diens­ten und Ein­rich­tun­gen ist Coro­na immer noch The­ma. „Gefühlt leben wir in zwei Wel­ten, da in unse­ren Ein­rich­tun­gen Coro­na den Lebens- und Arbeits­all­tag noch immer mit­be­stimmt“, sag­te Heinz-Georg Eirund. Ein fader Bei­geschmack bleibt beim The­ma der ein­rich­tungs­be­zo­ge­nen Impf­pflicht. „Da hät­ten wir uns einen offe­ne­ren und kla­rer kom­mu­ni­zier­ten Pro­zess in Form einer Geset­zes­än­de­rung gewünscht. Jetzt erscheint es so, als sol­le die ein­rich­tungs­be­zo­ge­nen Impf­pflicht mög­lichst laut­los aus­schlei­chen“, kri­ti­sier­te Vor­stand Eirund sowohl mit Blick auf die Trans­pa­renz gegen­über den Mitarbeiter*innen als auch auf den büro­kra­ti­schen Ver­wal­tungs­auf­wand. Adres­siert an die Poli­tik wird eben­falls der Wunsch nach schnel­le­ren Ent­schei­dun­gen laut, damit Kos­ten­trä­ger Hand­lungs­si­cher­heit für die Refi­nan­zie­rung der Coro­na-Schutz­maß­na­men erhalten.

Angriffs­krieg, Kri­sen­prä­ven­ti­on und Risikomanagement

Neben der Pan­de­mie-Steue­rung wur­den dar­über hin­aus im Früh­jahr wei­te­re Fach­grup­pen für die Kri­sen­prä­ven­ti­on und das Risi­ko­ma­nage­ment gebil­det. Infol­ge des rus­si­schen Angriffs­krie­ges auf die Ukrai­ne sind Ener­gie­si­cher­heit, Infla­ti­on und wei­ter­hin Lie­fer­ket­ten beson­ders sorg­sam zu betrach­ten. So wur­den Fach­grup­pen für die Kom­ple­xe Betriebs­ge­bäu­de, Gebäu­de­tech­nik, Ener­gie / Ein­kauf und Mitarbeiter*innen ein­ge­rich­tet. „Um unse­re Mitarbeiter*innen finan­zi­ell etwas zu ent­las­ten, geben wir einen Ben­zin­kos­ten­zu­schuss. Außer­dem hat die Cari­tas Bri­lon einen Dienst­ge­ber-Sozi­al­fonds, durch den wir Mitarbeiter*innen in exis­ten­zi­el­len Kri­sen durch Ein­zel­fall­hil­fen unter­stüt­zen kön­nen“, so Eirund.

Lösun­gen für den Notfall

Um prak­tisch-fak­tisch für mög­li­che Worst-Case-Sze­na­ri­en gerüs­tet zu sein, wur­den Wär­me­pla­ti­nen für die Wohn­an­ge­bo­te für Senio­ren und Men­schen mit Behin­de­run­gen ange­schafft. Auch der Ein­kauf und die Bevor­ra­tung von Lebens- und Hygie­nemit­teln wur­den ange­passt. „Im Not­fall kön­nen wir unse­re sechs Werk­statt­stand­or­te auf einen Stand­ort zusam­men­le­gen, um einen Teil der Betreu­ung und einen Teil der Pro­duk­ti­on auf­recht­zu­er­hal­ten“, sag­te Vor­stand Heinz-Georg Eirund. Eben­so wur­de eine Steue­rungs­grup­pe gegrün­det, um einen Plan B zur Hand zu haben, soll­te ein Black­out-Sze­na­rio ein­tre­ten. „Im Durch­schnitt erfah­ren pro Tag 5.000 Men­schen Beglei­tung, Hil­fe und Pfle­ge durch die Cari­tas Bri­lon. Auch des­we­gen wol­len wir so gut wie mög­lich gewapp­net sein“, betont Eirund.

Sys­tem­an­pas­sun­gen in Umbruch- und Neuordnungszeiten

Die Her­aus­for­de­run­gen in den aktu­el­len Umbruch- und Neu­ord­nungs­zei­ten sind auch für das Sozi­al­un­ter­neh­men Cari­tas Bri­lon enorm : Der monat­li­che Finanz­be­darf liegt bei 5,7 Mil­lio­nen Euro, die zu 96 Pro­zent aus leis­tungs­re­le­van­ten Erträ­gen erwirt­schaf­tet wer­den müs­sen und nicht pau­schal zur Hand ste­hen. Die Finan­zie­rung der sozia­len Ange­bo­te aus Kir­chen­steu­er­mit­teln beträgt 0,7 Pro­zent des Gesamt­haus­hal­tes des Cari­tas­ver­ban­des Brilon.

Als direk­ter Anbie­ter sozia­ler Hil­fen steht die Cari­tas Bri­lon bild­lich gespro­chen am Ende der Finan­zie­rungs­ket­te. „Wir ver­han­deln tur­nus­mä­ßig mit Kos­ten­trä­gern wie bei­spiels­wei­se den Pfle­ge- und Kran­ken­kas­sen oder auch dem Land­schafts­ver­band die Refi­nan­zie­run­gen unse­rer Leis­tun­gen, etwa die Pfle­ge­sät­ze oder Tages­sät­ze für Alten­hei­me, Wohn­häu­ser für Men­schen mit Behin­de­run­gen oder den Kli­ni­ken“, erklärt Heinz-Georg Eirund. Ver­han­delt wird mit Blick auf die Gesetz­ge­bung, wor­in die Hil­fe­leis­tun­gen fixiert sind. Auf­grund der enor­men Schnel­lig­keit und Kom­ple­xi­tät des Kri­sen­ge­men­ges – Coro­na, Krieg, Infla­ti­on, Ener­gie etc. – ste­hen die Leis­tungs­ver­hand­lun­gen nun in der Bre­douil­le zwi­schen Plan- und Echt­zeit-Sze­na­ri­en. Eirund skiz­ziert den Zwie­spalt : „In den Ver­hand­lun­gen zie­hen sich die Kos­ten­trä­ger zuneh­mend dar­auf zurück, dass sie kei­ne gesetz­li­chen Grund­la­gen haben, mehr Geld für Hil­fen zu geben, obwohl die Kos­ten, um die Hil­fen anzu­bie­ten, real sogar wei­ter gestie­gen sind.“ Auch beim Cari­tas­ver­band Bri­lon tref­fen – genau wie in Pri­vat­haus­hal­ten oder der Frei­en Wirt­schaft – täg­lich Brie­fe von Dienst­leis­tern und Lie­fe­ran­ten ein, die in Fol­ge der glo­ba­len Kri­sen­la­gen Preis­er­hö­hun­gen ankün­di­gen müssen.

Siche­rung von Gesund­heits- und Hilfeangeboten

Cari­tas-Vor­stand Eirund for­dert von der Poli­tik schnel­le wie schlüs­si­ge Ent­schei­dun­gen zur Siche­rung von Gesund­heits- und Hil­fe­an­ge­bo­ten sowie von den Kos­ten­trä­gern deren zeit­na­he, trans­pa­ren­te und wirk­sa­me Umset­zun­gen. Er sieht dafür zwei Wege : Ent­we­der die Kos­ten­trä­ger, also Kran­ken­kas­sen, Pfle­ge­kas­sen, Land­schafts­ver­band, Kom­mu­nen, erhö­hen die Ver­gü­tung oder der Staat stützt die Sozi­al­sys­te­me durch Ret­tungs­schir­me. Gebe es kei­ne Ret­tungs­schir­me, müs­sen Bewoh­ner und Ange­hö­ri­ge bei­spiels­wei­se von Pfle­ge­ein­rich­tun­gen durch die Anhe­bung von Sozi­al­leis­tun­gen in Form von Pfle­ge­wohn­geld gestützt wer­den. „Die Mehr­kos­ten dür­fen nicht dazu füh­ren, dass Pfle­ge­leis­tun­gen oder die Wohn­qua­li­tät ein­ge­schränkt wer­den, dass zu Pfle­gen­de nicht aus­rei­chend ver­sorgt wer­den oder dass Ange­hö­ri­ge völ­lig über­las­tet sind. Pfle­ge­be­dürf­tig­keit darf nicht zur Armut füh­ren. Aber auch den haupt­amt­li­chen Mitarbeiter*innen darf kei­nes­falls noch mehr auf­ge­bür­det wer­den“, for­dert Heinz-Georg Eirund.

Cari­tas-Direk­tor Lüt­tig : Als Kir­che mehr ein­la­dend als bewer­tend sein

Als Gast­red­ner sprach Josef Lüt­tig, Direk­tor des Diö­ze­sanca­ri­tas­ver­ban­des Pader­born, zu den Dele­gier­ten aus den Cari­tas­kon­fe­ren­zen und Mit­glieds­ver­bän­den über die Her­aus­for­de­run­gen und Chan­cen von Cari­tas und Kir­che. Dazu wähl­te Cari­tas-Direk­tor Lüt­tig das neu­tes­ta­men­ta­ri­sche Aga­pe-Motiv der Tisch- und Weg­ge­mein­schaft. „Unse­re Her­kunft wird uns die Zukunft wei­sen. Als Cari­tas und Kir­che sit­zen wir mit den Armen, Kran­ken und Frem­den gemein­sam als Men­schen auf Augen­hö­he an einem Tisch. Auch so brin­gen wir die Kir­che zurück in die Welt.“ Josef Lüt­tig sprach über den Wunsch nach einer siche­re­ren, lang­fris­ti­gen Basis­fi­nan­zie­rung für die direk­te cari­ta­ti­ve Hil­fe der Men­schen vor Ort sowie eine Neu­fas­sung der Grund­ord­nung durch die Bischofs­kon­fe­renz, die jüngst erfolgt ist. „Wir müs­sen als Kir­che mehr ein­la­dend als bewer­tend sein“, so Lüttig.

 

Info : Gute Taten statt Karten

Wie bereits in den ver­gan­ge­nen Jah­ren wird der Cari­tas­ver­band Bri­lon kei­ne Weih­nachts­kar­ten ver­sen­den. Das dadurch gespar­te Geld wird für direk­te Hil­fe am Nächs­ten ver­wen­det, und zwar für den Kin­der­gar­ten Regen­bo­gen in Oes­dorf und für Ein­zel­fall­hil­fen für die Kli­en­ten des Ambu­lant Betreu­te Wohnen.

 

Bild­zei­le : Unse­re Her­kunft wird uns die Zukunft wei­sen (v. l.) Anne Bar­tho­lo­me und Lud­wig Alb­racht vom Cari­tas­rat, Josef Lüt­tig (Direk­tor des Diö­ze­sanca­ri­tas­ver­band Pader­born) und Heinz-Georg Eirund (Vor­stand Cari­tas­ver­band Bri­lon) spra­chen auf der Dele­gier­ten­ver­samm­lung auch über Cari­tas und Kir­che in Krisenzeiten.

Foto : Cari­tas Bri­lon / San­dra Wamers
Quel­le : San­dra Wamers, Inter­ne | Exter­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on, Mar­ke­ting, Cari­tas­ver­band Bri­lon e.V.

 

 

 

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