Junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren zählen seit Jahren zu den Hochrisikogruppen im Straßenverkehr

Erkenntnisse aus dem DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2022 – Feedback mit hohem Mehrwert
  • Rück­mel­de­sys­te­me für mehr Ver­kehrs­si­cher­heit von jun­gen Fahrern
  • Instal­la­ti­on und Nut­zung von Feed­back-Sys­te­men soll­ten ein­fa­cher werden

  • Tele­ma­tik kann wert­vol­le Hin­wei­se zum Fahr­ver­hal­ten liefern

Jun­ge Men­schen zwi­schen 18 und 24 Jah­ren zäh­len seit Jah­ren zu den Hoch­ri­si­ko­grup­pen im Stra­ßen­ver­kehr. Die – im Ver­hält­nis zu ihrem Anteil an der Gesamt­be­völ­ke­rung – ver­gleichs­wei­se hohe Unfall­quo­te hat zum einen mit einer oft­mals höhe­ren Risi­ko­be­reit­schaft zu tun, zum ande­ren aber auch mit Uner­fah­ren­heit und der häu­fig noch unvoll­stän­dig aus­ge­präg­ten Fähig­keit, gefähr­li­che Situa­tio­nen früh­zei­tig zu erken­nen und ange­mes­sen zu reagie­ren. „Um im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes gegen­zu­steu­ern, soll­ten des­halb ver­stärkt soge­nann­te Rück­mel­de­sys­te­me im Fahr­zeug in Betracht gezo­gen wer­den“, sagt Dr. Tho­mas Wag­ner, Fach­be­reichs­lei­ter der amt­lich aner­kann­ten Begut­ach­tungs­stel­len für Fahr­eig­nung bei DEKRA. „Die­se Sys­te­me unter­stüt­zen die Infor­ma­ti­ons­ver­ar­bei­tung und tra­gen dazu bei, ris­kan­tes Fahr­ver­hal­ten zu ver­mei­den, indem sie die Fahr­wei­se über­wa­chen und ein geziel­tes Feed­back geben“, ergänzt der erfah­re­ne Verkehrspsychologe.

Der DEKRA Ver­kehrs­si­cher­heits­re­port 2022 „Mobi­li­tät jun­ger Men­schen“ beleuch­tet unter ande­rem auch die Vor­tei­le von Rückmeldesystemen.

Über­höh­te Geschwin­dig­keit, unbe­dach­te Über­hol­vor­gän­ge, Miss­ach­tung der Vor­fahrt, Ablen­kung am Steu­er, Fah­ren unter Alko­hol­ein­fluss : Die Unfall­sta­tis­ti­ken aus Deutsch­land und vie­len ande­ren Staa­ten unter­strei­chen jedes Jahr aufs Neue die Anfäl­lig­keit vor allem von Fahr­an­fän­gern und jun­gen Fah­rern für ris­kan­tes Ver­hal­ten am Steu­er. „Man­geln­de Erfah­rung im Fahr­zeug­hand­ling, eine unzu­rei­chen­de Gefah­ren­ein­schät­zung sowie die noch wenig aus­ge­präg­te Fähig­keit, im Gehirn das Wis­sen über die Zusam­men­hän­ge des Sys­tems Mensch–Fahrzeug–Umwelt zu spei­chern, sind wesent­li­che Kenn­zei­chen von Fahr­an­fän­gern“, gibt DEKRA Exper­te Dr. Wag­ner zu beden­ken. Die Exper­ti­se geüb­ter Fah­rer ent­wick­le sich nach der erfolg­rei­chen Befä­hi­gungs­prü­fung erst mit der Zeit in der stän­di­gen Aus­ein­an­der­set­zung mit den Anfor­de­run­gen im Straßenverkehr.

Umso wich­ti­ger sei des­halb gera­de in der Anfangs­pha­se die Ver­wen­dung von Rückmeldesystemen.

„Feed­back-Sys­te­me hel­fen dabei, Umge­bungs­in­for­ma­tio­nen her­aus­zu­fil­tern, die für die Fahr­auf­ga­be rele­vant sein kön­nen“, erläu­tert der Ver­kehrs­psy­cho­lo­ge. Dadurch wer­de die Anti­zi­pa­ti­on sich ent­wi­ckeln­der Gefah­ren­si­tua­tio­nen unter­stützt. Die Sys­te­me sind nut­zer­zen­triert, sam­meln und ana­ly­sie­ren kon­ti­nu­ier­lich Daten und geben dem Fah­rer die Rück­mel­dung in Echt­zeit. Dabei sind zwei ver­schie­de­ne Arten zu unter­schei­den : zum einen auf­merk­sam­keits­ak­ti­vie­ren­de Feed­back-Sys­te­me und zum ande­ren voll­stän­di­ge Überwachungssysteme.

Ers­te­re fokus­sie­ren sich auf spe­zi­fi­sches Verhalten

Sie agie­ren pro­gnos­tisch und reagie­ren mit einer Alar­mie­rung des Fah­rers, wenn bestimm­te Risi­ken wie Müdig­keit, zu gerin­ge Distanz zum vor­aus­fah­ren­den Fahr­zeug oder zu hohe Geschwin­dig­keit auf­tre­ten. Ein Bei­spiel könn­te das dro­hen­de Ein­schla­fen des Fah­rers und der damit ver­bun­de­ne Warn­hin­weis sein, eine Pau­se ein­zu­le­gen. Moni­to­ring­sys­te­me über­wa­chen das Ver­hal­ten des Fah­rers eben­falls, ana­ly­sie­ren es jedoch nur retro­spek­tiv und geben dann eine Rück­mel­dung. Dabei wer­den eben­falls sicher­heits­re­le­van­te Fak­to­ren wie Beschleu­ni­gung, Geschwin­dig­keit, Lini­en­füh­rung, Abstän­de zum vor­aus­fah­ren­den Fahr­zeug und Ähn­li­ches erfasst.

Aus die­sen Roh­da­ten wer­den Situa­tio­nen ana­ly­siert, die (sicherheits-)relevante Ereig­nis­se dar­stel­len könn­ten, zum Bei­spiel plötz­li­ches Abbrem­sen oder das Ver­las­sen der Fahrspur.

Anhand bestimm­ter Grenz­wer­te wird ent­schie­den, in wel­cher Situa­ti­on zu wel­chem Zeit­punkt ein ris­kan­tes Fahr­ma­nö­ver erfolgt ist. Die­se Daten wer­den gesam­melt, zusam­men­ge­fasst und anschlie­ßend an die jewei­li­gen Emp­fän­ger zurück­ge­mel­det. Dies kön­nen die Fah­rer sein, ein Fami­li­en­mit­glied wie etwa ein Eltern­teil oder auch der Ver­si­che­rer des Fahr­zeugs. Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men nut­zen sol­che Infor­ma­tio­nen mit­un­ter für die Tarif­ge­stal­tung. Die betref­fen­den Fah­rer haben damit einen mone­tä­ren Anreiz, nach­weis­lich beson­ders sicher mit dem Pkw auf den Stra­ßen unter­wegs zu sein, und die Ver­kehrs­si­cher­heit kann ins­ge­samt erhöht wer­den. Eltern hin­ge­gen kön­nen durch die Rück­mel­dun­gen Tipps zur Ver­bes­se­rung des Fahr­ver­hal­tens ihrer Kin­der geben, da sie meist ver­kehrs­er­fah­re­ner sind. Auch die Fah­rer selbst ler­nen durch das Feed­back, wel­ches Fahr­ver­hal­ten zu wel­chem Zeit­punkt sicher war oder wo Risi­ken ent­stan­den sind, um sie zukünf­tig zu vermeiden.

Hem­mun­gen bezüg­lich der Nut­zung von Rück­mel­de­sys­te­men abbauen

„Aller­dings kön­nen mit Feed­back-Sys­te­men auch nega­ti­ve Erwar­tun­gen und Befürch­tun­gen ver­bun­den sein, die einer weit­ver­brei­te­ten Ver­wen­dung ent­ge­gen­ste­hen“, schränkt Dr. Tho­mas Wag­ner ein. Dabei gehe es unter ande­rem um Beden­ken bezüg­lich des Daten­schut­zes und der Pri­vat­sphä­re sowie um die eige­ne Unab­hän­gig­keit, feh­len­des Ver­trau­en und Limi­ta­tio­nen der Tech­nik, sodass der Nut­zer­kreis bis­lang eher über­schau­bar ist. Nicht zu Unrecht befürch­ten jun­ge Fah­rer, dass die Sys­te­me als Instru­men­te zur Über­wa­chung und Bestra­fung durch die Eltern ein­ge­setzt wer­den könn­ten. Die Über­wa­chung wird außer­dem als Beschnei­dung der als Auto­fah­rer gewon­ne­nen Unab­hän­gig­keit ange­se­hen. Des Wei­te­ren wird befürch­tet, dass die Bezie­hung zu den Eltern lei­den könn­te. Die größ­te Hür­de stel­len aber die Kos­ten dar. Eltern, die um die Fahr­si­cher­heit ihrer Kin­der besorgt sind, fin­den sich eher bereit, die erfor­der­li­chen Gerä­te zu installieren.

Um die­sen Bar­rie­ren zu begeg­nen und Hem­mun­gen bezüg­lich der Nut­zung von Feed­back-Sys­te­me abzu­bau­en, emp­fiehlt es sich, die tech­ni­schen Anfor­de­run­gen für die Instal­la­ti­on und Nut­zung der Sys­te­me zu ver­bes­sern und zu ver­ein­fa­chen. Eine simp­le Bedie­nung über eine App sowie ein über­sicht­li­ches User-Inter­face sind nur zwei Bei­spie­le dafür.

Eben­so muss die Rol­le der Eltern geklärt wer­den, die die Ver­bes­se­rung des Fahr­ver­hal­tens und nicht die Bestra­fung der jun­gen Auto­fah­ren­den zum Ziel haben soll­ten.

„Letzt­lich brau­chen auch die Eltern eine Moti­va­ti­on für ihre Rol­le, sie müs­sen ähn­lich wie beim beglei­te­ten Fah­ren in die­sen Pro­zess ein­ge­bun­den wer­den“, sagt Dr. Wag­ner. Wich­tig sei­en vor allem auch der Daten­schutz und der Schutz der Pri­vat­sphä­re der jun­gen Auto­fah­rer. Die Samm­lung der Daten müs­se klar und trans­pa­rent für alle erfol­gen : Wel­che Infor­ma­tio­nen wer­den wofür erho­ben ? Es dürf­ten nur die not­wen­di­gen und sicher­heits­re­le­van­ten Daten erho­ben wer­den. Die GPS-Daten soll­ten bei­spiels­wei­se erfasst, aber nicht den Eltern mit­ge­teilt wer­den, da sonst die Gefahr der Über­wa­chung besteht. Eine wei­te­re nicht zu unter­schät­zen­de Mög­lich­keit, die Feed­back-Sys­te­me zu eta­blie­ren, ist die Gesetz­ge­bung. Sie könn­te sinn­vol­le Rah­men­be­din­gun­gen set­zen, zum Bei­spiel die ver­pflich­ten­de Anwen­dung von Feed­back-Sys­te­men im Rah­men der Fahr­aus­bil­dung oder in der Probezeit.

 

Quel­le : Wolf­gang Sig­loch, Pres­se­spre­cher Auto­mo­bil, DEKRA

 

 

 

 

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