Peter Liese : Die Corona-Isolationspflicht hat ausgedient. Offener Brief mit ärztlichem Direktor des Klinikum Hochsauerland und Pflegeheimleitung

Peter Liese : Die Corona-Isolationspflicht hat ausgedient / Maßnahme führt zu Personalengpässen, schützt die Bevölkerung aber nicht signifikant / Lauterbach muss anderen EU-Ländern und den fünf Bundesländern nachziehen, die die Isolationspflicht abgeschafft haben
Offener Brief mit ärztlichem Direktor des Klinikum Hochsauerland und Pflegeheimleitung

„Die Coro­na-Iso­la­ti­ons­pflicht hat aus­ge­dient, die jet­zi­ge Daten­la­ge recht­fer­tigt die­se ein­schnei­den­de Maß­nah­me nicht mehr“, erklär­te der süd­west­fä­li­sche CDU-Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te und gesund­heits­po­li­ti­sche Spre­cher der größ­ten Frak­ti­on im Euro­päi­schen Par­la­ment, Dr. Peter Lie­se (EVP-Christ­de­mo­kra­ten). „Ich war lan­ge jemand, dem die Vor­sicht bei die­sem The­ma sehr wich­tig war und habe viel frü­her als ande­re vor der Gefähr­lich­keit der Erkran­kung gewarnt. Aber wenn sich die Situa­ti­on ändert, muss ein Arzt sei­ne The­ra­pie anpas­sen und wenn sich Fak­ten ändern, muss die Poli­tik reagieren.“

„Im Ver­gleich zum Früh­jahr 2020 und dem Win­ter 2020/2021 sind wir in einer ganz ande­ren Lage.

Damals war es rich­tig dras­ti­sche Maß­nah­men zu ergrei­fen und ich bin sicher, es wur­den dadurch vie­le Men­schen­le­ben geret­tet. Aber wäh­rend die Ster­be­ra­ten bei den vor­he­ri­gen Virus­va­ri­an­ten bis zu 30-mal so hoch war wie bei der Grip­pe (Influ­en­za), sind wir bei der Omi­kron­va­ri­an­te etwa auf dem Niveau der Influ­en­za. Das liegt vor allem auch dar­an, dass wir nun eine star­ke Immu­ni­tät in der Bevöl­ke­rung haben. Die aller­meis­ten Men­schen in Euro­pa sind voll­stän­dig geimpft oder gar geboos­tert. Vie­le haben (zusätz­lich) Immu­ni­tät durch eine durch­ge­mach­te Infek­ti­on. Eine Iso­la­ti­ons­pflicht für einen Infekt, der nur noch in sel­te­nen Fäl­len schwe­re Ver­läu­fe ver­ur­sacht, ist nicht mehr zu recht­fer­ti­gen. Ins­be­son­de­re, weil dadurch Eng­päs­se in der kri­ti­schen Infra­struk­tur ent­ste­hen. Es soll­te kein Zug aus­fal­len müs­sen, weil ein sym­ptom­frei­er Lok­füh­rer zu Hau­se in Abson­de­rung sitzt.

Beson­ders besor­gend ist eine Abson­de­rung im Gesund­heits­we­sen wegen der ohne­hin ange­spann­ten Personalsituation.

Selbst­ver­ständ­lich müs­sen Risi­ko­per­so­nen in Kran­ken­häu­sern und Pfle­ge­ein­rich­tun­gen wei­ter streng geschützt wer­den, aber die Grup­pe der Risi­ko­pa­ti­en­ten ist wesent­lich klei­ner. Wir wis­sen jetzt, dass Men­schen mit einem gut ein­ge­stell­ten Dia­be­tes oder einer gut behan­del­ten Asth­ma-Erkran­kung kein erhöh­tes Risi­ko haben und selbst bei über 80-Jäh­ri­gen ist die Ster­be­ra­te deut­lich gerin­ger. Das größ­te Risi­ko besteht für stark immun­ge­schwäch­te Men­schen, zum Bei­spiel nach einer Che­mo­the­ra­pie oder Trans­plan­ta­ti­on. Die­se müs­sen gegen jede Form von Infek­ti­ons­krank­hei­ten geschützt wer­den. Ärz­te und Pfle­ge­kräf­te sind dar­in aber erfah­ren und brau­chen von Herrn Lau­ter­bach kei­ne geson­der­ten Coro­na-spe­zi­fi­schen Regeln. Die all­ge­mei­nen Regeln des Infek­ti­ons­schut­zes und die gesetz­li­chen Grund­la­gen für ande­re Infek­ti­ons­krank­hei­ten wie Influ­en­za rei­chen voll­kom­men aus“, so Liese.

Das bestä­tig­te auch die Heim­lei­te­rin der Pfle­ge­ein­rich­tung „Haus am Viti­buck“ in Tien­gen, Anna Offer­mann-de Boor : „Unse­re Bewoh­ner schei­nen gegen die der­zeit auf­tre­ten­den Coro­na­va­ri­an­ten glück­li­cher­wei­se gut geschützt zu sein.

Sowohl Bewoh­ner als auch Mit­ar­bei­ter sind zu einem deut­lich höhe­ren Grad durch­ge­impft gegen­über der All­ge­mein­be­völ­ke­rung und es besteht für Mit­ar­bei­ter und Besu­cher eine Mas­ken- und Test­pflicht – die­ser sehr hohe Schutz wird sich durch eine Iso­la­ti­ons­pflicht nicht wei­ter ver­bes­sern. Vor dem Per­so­nal­man­gel sind unse­re Bewoh­ner aller­dings nicht geschützt. Kön­nen durch Per­so­nal­man­gel zur Ver­fü­gung ste­hen­de Plät­ze nicht belegt wer­den, sind die Aus­wir­kun­gen erheb­lich drastischer.“

Die Unter­stüt­zung für ein Ende der Iso­la­ti­ons­pflicht wächst indes­sen auch unter vie­le Exper­ten an.

Die Bun­des­ärz­te­kam­mer schätzt die Iso­la­ti­ons­pflich­ten zum jet­zi­gen Zeit­punkt als unver­hält­nis­mä­ßig ein. Auch der Direk­tor des Kli­ni­kums Hoch­sauer­land, Dr. Nor­bert Peters äußer­te sich zu den Maß­nah­men : „Wir sehen trotz dem Anstieg der Infek­tio­nen kei­nen Anstieg der Kran­ken­haus­ein­wei­sun­gen. Pro­ble­ma­tisch wird es jedoch, wenn uns das Per­so­nal auf­grund der Iso­la­ti­on fehlt und wir einen OP-Saal schlie­ßen müs­sen. In den Kran­ken­häu­sern konn­ten wir bereits vor der Pan­de­mie mit den Noro­vi­ren oder der Influ­en­za umge­hen. Es braucht jetzt wie­der mehr Eigen­ver­ant­wor­tung für die Fachleute.“

Peters, Offer­mann-de Boor und Lie­se wand­ten sich am Frei­tag in einem gemein­sa­men Brief mit die­sen For­de­run­gen an den Gesund­heits­mi­nis­ter Karl Lau­ter­bach. Dabei ver­wie­sen sie auch auf die Erfah­run­gen ande­rer Län­der : „Vie­le unse­rer euro­päi­schen Nach­bar­staa­ten haben die Iso­la­ti­ons­pflicht bereits vor län­ge­rer Zeit abge­schafft. Wir sehen dort weder höhe­re Infek­ti­ons- noch Ster­be­zah­len. Auf die­ser Grund­la­ge haben zuletzt nun auch fünf Bun­des­län­der die Iso­la­ti­ons­pflicht aus­ge­setzt. Lau­ter­bach muss jetzt end­lich evi­denz­ba­siert han­deln und als Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter nach­zie­hen“, so der Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te und Arzt.

 

Quel­le : Die­ter Berger
Foto­credit : Ado­be­Stock 392201270 – Peter Lie­se – brilon-totallokal

 

 

 

 

Print Friendly, PDF & Email