Kirche der Zukunft ist Herkulesaufgabe

Kirchenkreis sieht sich vor großen Herausforderungen und diskutiert intensiv über den richtigen Weg

win­ter­berg-total­lo­kal : Soest-Arns­berg : Wenn zwei Men­schen das­sel­be Ziel haben, heißt das noch lan­ge nicht, dass man sich über den Weg dort­hin einig ist und wie man die­ses Ziel errei­chen kann. Einig sind sich Super­in­ten­dent Dr. Manu­el Schil­ling und Dr. Chris­ti­an Welck als Vor­sit­zen­der des Struk­tur­aus­schus­ses dar­in, dass die Evan­ge­li­sche Kir­che vor gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen steht und dass es ein Kraft­akt wird, die Auf­ga­ben der Zukunft zu meis­tern. Vor allem der aktu­ell inten­siv dis­ku­tier­te „Pfarr­stel­len­plan“, mit dem vor­ge­ben wer­den soll, wie vie­le Pfar­rer und Pfar­re­rin­nen in Zukunft (hier beson­ders ab dem Jahr 2032) noch Dienst tun sol­len, erscheint als Herkulesaufgabe.

Die Lan­des­kir­che geht vor dem deut­li­chen Rück­gang an Bewer­be­rin­nen und Bewer­bern für den Pfarr­be­ruf von einer Hal­bie­rung der Stel­len in den Gemein­den aus. Für den Kir­chen­kreis Soest-Arns­berg bedeu­tet dies kon­kret : von den der­zeit 47 Stel­len blei­ben in zehn Jah­ren noch gan­ze 20. Ein wei­te­res Argu­ment für die Redu­zie­rung : Auch die Zahl der Gemein­de­glie­der nimmt ab. Knapp 100.000 waren es noch bei der letz­ten Zäh­lung, die evan­ge­li­sche Kir­chen­steu­er zah­len. 2032 sind es – so die Pro­gno­se der Lan­des­kir­che – allen­falls noch 85.000.

„Das sind schreck­li­che pro­gnos­ti­zier­te Zah­len, die nach einem stren­gen Regi­ment ver­lan­gen“, urteilt der Super­in­ten­dent. Die Zah­len will auch Dr. Welck nicht grund­sätz­lich anzwei­feln : „Vor die­ser Ent­wick­lung kann man natür­lich nicht die Augen ver­schlie­ßen. Es ist ja kei­ne Fra­ge, dass wir uns die­ser Her­aus­for­de­rung stel­len müs­sen. Dis­ku­tiert wer­den muss aber der Weg dorthin.“

Und das ist der Punkt, an dem die Mei­nun­gen von Schil­ling und Welck aus­ein­an­der­ge­hen. Wäh­rend der Super­in­ten­dent davon aus­geht, dass die Zahl der Stel­len in der Tat annä­hernd so radi­kal abneh­men wird wie pro­gnos­ti­ziert, glaubt Welck, dass es auch Alter­na­ti­ven dazu gibt : „Auch die Syn­ode ist der Auf­fas­sung, dass es ande­re Hand­lungs­op­tio­nen gibt.“ Zum Bei­spiel kön­ne man geeig­ne­te Gemein­de­glie­der zu Pre­di­gern qua­li­fi­zie­ren : „Die­se Mög­lich­keit sieht die Kir­chen­ord­nung aus­drück­lich vor.“ Auch bei den so genann­ten Funk­ti­ons­stel­len – zum Bei­spiel Pfar­re­rin­nen und Pfar­rer – die im Schul­dienst sind, gäbe es Spiel­raum : „17 Pro­zent unse­rer Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen sind im staat­li­chen Dienst“, so Welck.

Wenn all dies berück­sich­tigt und umge­setzt wer­de, kön­ne es gelin­gen, den aktu­ell gül­ti­gen Schlüs­sel von einer Pfarr­stel­le für 3000 Gemein­de­glie­der auf­recht zu erhal­ten. Die Lan­des­kir­che geht von einem Ver­hält­nis von 5000 Gemein­de­glie­dern bei einer Pfarr­stel­le ab 2032 aus, schon ab 2026 soll der Schlüs­sel 1:4000 lau­ten. Welck : „Ich erwar­te, dass die­se Dis­kus­si­on in unse­rer Kir­che ergeb­nis­of­fen geführt wird.“

Super­in­ten­dent Schil­ling hat da so sei­ne Zwei­fel, dass die Rech­nung des Vor­sit­zen­den vom Struk­tur­aus­schuss auf­geht. „Ich habe natür­lich Ver­ständ­nis für die­se Über­le­gun­gen. Aber als Super­in­ten­dent muss ich den Kir­chen­kreis als Gan­zes im Blick haben und darf nicht nur die Gemein­den sehen. Ent­schei­dend wird ohne­hin sein, was die Lan­des­syn­ode beschließt. Das wer­den dann unse­re Vor­ga­ben wer­den, die es umzu­set­zen gilt.“

Anders als Welck set­zen Schil­ling und die Lan­des­kir­che auf die Redu­zie­rung der Stel­len und eine Ergän­zung durch soge­nann­te „Inter­pro­fes­sio­nel­le Teams“ (IPT): „Wir müs­sen uns von dem Gedan­ken ver­ab­schie­den, dass der Pfar­rer der Gene­ra­list ist, der alles macht und alles kann. Das wird es in Zukunft so nicht mehr geben.“ Der Pfar­rer und die Pfar­re­rin müss­ten künf­tig viel­mehr theo­lo­gi­sche und seel­sorg­li­che Spe­zia­lis­ten sein. Ande­re Berei­che – wie Ver­wal­tung, aber auch dia­ko­ni­sche Auf­ga­ben – sol­len ande­re aus der Gemein­de über­neh­men. „Wir ste­hen hier vor einem gro­ßen Para­dig­men­wech­sel. Die Orts­ge­mein­de, wie wir sie heu­te ken­nen und erle­ben, wird es vie­ler­orts nicht mehr geben. Es wäre fatal, wenn wir uns Kir­che nur als eine Ver­län­ge­rung alter und über­lie­fer­ter Struk­tu­ren vor­stel­len können.“

Das will auch Dr. Chris­ti­an Welck nicht : „Ich habe nichts dage­gen, wenn die Kri­se etwas ver­än­dert. Aber wir dür­fen nicht ver­ges­sen, dass die Orts­ge­mein­de der Ort ist, wo Kir­che sicht­bar und spür­bar wird und sich in allen erdenk­li­chen For­men ereignet.“

Kei­ne Fra­ge : Der Dis­kus­si­ons­pro­zess zur Ent­wick­lung der Pfarr­stel­len hat gera­de erst begon­nen. In einer Syn­odal­ver­samm­lung sol­len die Gemein­de­glie­der am 15. Sep­tem­ber ab 18 Uhr in der Schüt­zen­hal­le War­stein ihre Mei­nun­gen zu dem The­ma aus­tau­schen. Auch in den fol­gen­den Syn­oden dürf­te das The­ma wei­ter­hin ganz oben auf den Tages­ord­nun­gen ste­hen. Und spä­tes­tens dann, wird die Fra­ge beant­wor­tet, wel­cher Weg der geeig­ne­te zum gemein­sa­men Ziel ist : Die Evan­ge­li­sche Kir­che trotz aller Pro­ble­me für die Zukunft wet­ter­fest zu machen.

INFO­BOX :

Die Erwach­se­nen­bil­dung im Kir­chen­kreis hat, um den Dis­kus­si­ons­pro­zess zur Pfarr­stel­len­ent­wick­lung kon­struk­tiv zu beglei­ten eine mehr­tei­li­ge Infor­ma­ti­ons­rei­he auf­ge­legt : „Hin­term Hori­zont geht es wei­ter – Per­so­nal- und Struk­tur­ent­wick­lung im Kir­chen­kreis Soest-Arns­berg“. Die Rei­he, die sich expli­zit an Pres­by­te­ri­en, die Pfar­rer­schaft, Dia­ko­nin­nen und Dia­ko­ne und wei­te­re ver­ant­wort­li­che kirch­li­che Berufs­grup­pen sowie Lei­tungs­per­so­nal und enga­gier­te Gemein­de­glie­der rich­tet, besteht aus fünf Ver­an­stal­tun­gen, die alle­samt via Zoom (jeweils von 18 bis 20 Uhr) statt­fin­den werden.

Das The­ma zum Auf­takt am Diens­tag, 9. August, lau­tet : „Regio­na­le Kir­chen­ent­wick­lung – vom neben­ein­an­der zum mit­ein­an­der“. Refe­rent ist Pfar­rer Chris­ti­an Ebert vom Insti­tut für Gemein­de­ent­wick­lung und mis­sio­na­ri­sche Diens­te in der Evan­ge­li­schen Kir­che von Westfalen.

„Kon­takt statt Mit­glied­schaft – Zuge­hö­rig­keit zu Kir­che und Dia­ko­nie im Wan­del“ heißt es am Don­ners­tag, 18. August. Dr. Tobi­as Kirch­hof ist Refe­rent für dia­ko­ni­sche Pro­fil­bil­dung bei der Arbeits­stel­le für mis­sio­na­ri­sche Kir­chen­ent­wick­lung und dia­ko­ni­sche Profilbildung.

Dia­ko­nin Dag­mar Krok nimmt die Inter­es­sier­ten am Diens­tag, 30. August, zum The­ma mit : Koope­ra­ti­on und Inno­va­ti­on – Inter­pro­fes­sio­nel­le Zusam­men­ar­beit in kirch­li­chen Diensten.

„Eine Inspi­ra­ti­on für West­fa­len“ sol­len die Erpro­bungs­räu­me der Evan­ge­li­schen Kir­che Mit­tel­deutsch­land sein. Wie das aus­se­hen kann, dar­über berich­ten am Don­ners­tag, 8. Sep­tem­ber, Pfar­re­rin Jana Petri und Refe­rats­lei­ter Dr. Tho­mas Schlegel.

Abschlie­ßend gibt es dann am 20. und 25. Okto­ber zwei inter­ne Gesprächs­aben­de via Zoom, in denen die Inhal­te aus den Refe­ra­ten ver­tieft und auf ihre Pra­xis­taug­lich­keit hin über­prüft wer­den sollen.

Die Teil­nah­me an allen Ver­an­stal­tun­gen ist kos­ten­los. Anmel­dun­gen wer­den bis spä­tes­tens zehn Tage vor Ver­an­stal­tungs­ter­min per Email erbe­ten an : helga.​broemse@​evkirche-​so-​ar.​de.

Bild : Haben ein Ziel, sind sich aber nicht einig dar­über, wel­cher Weg dort­hin der rich­ti­ge ist : Super­in­ten­dent Dr. Manu­el Schil­ling (links) und Pfar­rer Dr. C hris­ti­an Welck, Vor­sit­zen­der des Strukturausschusses.

Foto : Hans-Albert Limbrock

Quel­le : Ev. Kir­chen­kreis Soest-Arnsberg

 

Print Friendly, PDF & Email