Kirchenkreis vor großen Herausforderungen

Superintendent Dr. Manuel Schilling : „Wir können uns diesem Thema nicht entziehen.“

win­ter­berg-total­lo­kal : Soest-Arns­berg : Zah­len kön­nen bru­tal sein. Zah­len kön­nen Illu­sio­nen rau­ben. Und Zah­len kön­nen Angst vor der Zukunft machen. Ulf Schlü­ter, Vize­prä­si­dent der Evan­ge­li­schen Kir­che von West­fa­len (EKvW), prä­sen­tier­te bei der Som­mer­syn­ode des Kir­chen­krei­ses Soest-Arns­berg sol­che Zah­len und lie­fer­te damit die Grund­la­ge für inten­si­ve Dis­kus­sio­nen, die auch weit nach der Ver­an­stal­tung in der Gemein­schafts­hal­le Oes­t­ing­hau­sen wei­ter­ge­führt wer­den – wei­ter­ge­führt wer­den müssen.

Sommersynode des Kirchenkreises Arnsberg-Soest
Vize­prä­si­dent Ulf Schlü­ter : „Auch wir lei­den unter Fach­kräf­te­man­gel.“ Hans-Albert Lim­b­rock

„Wir kön­nen uns die­sem The­ma nicht ent­zie­hen“, hat­te Super­in­ten­dent Dr. Manu­el Schil­ling die knapp 150 Syn­oda­len und Gäs­te gleich zu Beginn dar­auf vor­be­rei­tet, dass auf die Men­schen in den 29 Kir­chen­ge­mein­den im Kir­chen­kreis Soest-Arns­berg har­te Zei­ten zukom­men. Dafür gibt es vie­le Grün­de. Bereits seit eini­gen Jah­ren befin­den sich die bei­den christ­li­chen Kir­chen bei den Mit­glie­der­zah­len nahe­zu im frei­en Fall. Dabei ist der Miss­brauchs­skan­dal, durch den vor allem die Katho­li­sche Kir­che in ihren jahr­hun­der­te­al­ten Grund­mau­ern erschüt­tert wird, nur eine von vie­len Erklä­run­gen. Zuneh­mend haben Men­schen offen­bar auch das Gefühl, dass das Leben ganz gut auch ohne Kir­che und Glau­ben funktioniert.

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Super­in­ten­dent Dr. Manu­el Schil­ling : „Es wird die Son­ne uns doch auf­ge­hen.“ Hans-Albert Lim­b­rock

Für die Evan­ge­li­sche Kir­che bedeu­tet das einen ekla­tan­ten Schwund an Gemein­de­glie­dern. Für Soest-Arns­berg etwa, wo aktu­ell noch knapp 100.000 Män­ner, Frau­en und Kin­dern regis­triert sind, die sich zu ihrem evan­ge­li­schen Glau­ben beken­nen, sehen die Pro­gno­sen einen Rück­gang auf 85.000 in den nächs­ten zehn Jah­ren vor.

„Das“, so Schlü­ter, „zwingt uns zum Hadeln. Wir müs­sen trag­fä­hi­ge Kon­zep­te für die Zukunft ent­wi­ckeln. Mit ‚Nach uns die Sint­flut‘ ist es nicht getan.“ Aber es ist nicht nur der Rück­gang der Mit­glie­der, der die Ver­ant­wort­li­chen in Bie­le­feld und natür­lich auch in Soest umtreibt. Viel­mehr nimmt auch die Zahl der Pfar­re­rin­nen und Pfar­rer dra­ma­tisch ab. In den nächs­ten zehn Jah­ren erwar­ten die Exper­ten, die mit dem Zah­len­ma­te­ri­al jon­glie­ren, dass sich die Zahl hal­bie­ren wird.

Schlü­ter : „Im Moment haben wir in der Lan­des­kir­che noch 1503 Per­so­nen im Pfarr­dienst ; in zehn Jah­ren wer­den das 748 sein.“ Der Vize­prä­si­dent sieht damit das „Ende einer his­to­ri­schen Pha­se“, in der die Evan­ge­li­sche Kir­che deut­lich mehr Pfar­re­rin­nen und Pfar­rer beschäf­tig­te hat­te, als das die Plan­stel­len vor­sa­hen : „Im Dienst waren 600 über Plan.“ Im Kir­chen­kreis wird die Zahl der Gemein­de­pfar­rer in den kom­men­den zehn Jah­ren von jetzt 47 auf unter 20 sin­ken. Haupt­grund : Es fehlt an theo­lo­gi­schem Nach­wuchs. Des­halb begrüß­te die Syn­ode auch einen Antrag aus Arns­berg-Neheim-Sun­dern, mit dem die Lan­des­kir­che auf­ge­for­dert wird, alles dar­an zu set­zen, den Pfarr­be­ruf attrak­ti­ver zu machen.

Die­se Pro­ble­ma­tik hat man natür­lich längst auch bei der Lan­des­kir­che erkannt und unter­nimmt bereits viel, um die Attrak­ti­vi­tät des Beru­fes zu stei­gern. Schlü­ter : „Wir befin­den uns mit die­sem Pro­blem in guter Gesell­schaft mit Wirt­schaft, Han­del, Hand­werk und Indus­trie. Auch wir lei­den unter einem Fachkräftemangel.“

Was also tun ? Dar­über gehen die Mei­nun­gen aktu­ell noch weit aus­ein­an­der. Wäh­rend de Lan­des­kir­che die Zahl von der­zeit 3100 Gemein­de­glie­dern, für die ein Seel­sor­ger zustän­dig ist, auf künf­tig 5000 anhe­ben möch­ten, set­zen die Men­schen an der Basis dar­auf, dass es noch ande­re Mög­lich­kei­ten geben muss. Schon jetzt sei die Zahl von 3100 deut­lich zu hoch, um noch effek­tiv mit den Gläu­bi­gen arbei­ten und ihnen die gewünsch­ten Diens­te (Got­tes­dienst, Tau­fen, Hoch­zei­ten, Beer­di­gun­gen, Seel­sor­ge und vie­les mehr) anbie­ten zu können.

Dr. Chris­ti­an Welck, Pfar­rer von Petri-Pau­li in Soest und Vor­sit­zen­der des Struk­tur­aus­schus­ses, for­der­te denn auch : „Es geht hier um eine gan­ze Men­ge. Wir sind gemein­sam mit­ver­ant­wort­lich für die Zukunft der Gemein­den und damit der gesam­ten Evan­ge­li­schen Kir­che, denn die Gemein­den sind die Basis unse­rer Kirche.“

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Aus­schuss­vor­sit­zen­der Dr. Chris­ti­an Welck : „Die Gemein­den sind unse­re Basis.“ Hans-Albert Lim­b­rock

Ein Weg aus der Kri­se sol­len „Inter­pro­fes­sio­nal­le Pas­to­ral­teams“ (ITP) sein. In ihnen sol­len Lai­en, Prä­di­kan­tIn­nen, Dia­ko­ne und Dia­ko­nin­nen, Gemein­de­päd­ago­gen und ande­re im Gemein­de­le­ben enga­gier­te Men­schen mehr Auf­ga­ben und mehr Ver­ant­wor­tung in der Kir­che über­neh­men. Pfar­rer Wolf­gang Jäger (Erwitte/​Anröchte) warn­te aller­dings vor zu hohen Erwar­tun­gen : „Men­schen für die ITP’s wer­den nicht wie Pil­ze aus dem Boden schießen.“

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Syn­odal­as­ses­sor Tho­mas Hart­mann : „Wir müs­sen mehr in Regio­nen den­ken.“ Hans-Albert Lim­b­rock

Ein ande­rer Lösungs­an­satz ist es, noch mehr auf die Zusam­men­ar­beit in den Regio­nen zu set­zen. Syn­odal­as­ses­sor Tho­mas Hart­mann : „Wir soll­ten die Pfarr­stel­len­pla­nung nicht mehr an den Zah­len ein­zel­ner Gemein­den aus­rich­ten, son­dern uns an den Regio­nen orientieren.“

Kei­ne Fra­ge : Die Dis­kus­si­on, wie es mit und in der Evan­ge­li­schen Kir­che wei­ter­geht, ist gera­de erst eröff­net. Im Sep­tem­ber sol­len die Gemein­den erneut zusam­men­kom­men, um über die Zukunft zu dis­ku­tie­ren. Auch bei der Herbst­syn­ode und im kom­men­den Jahr bei der Som­mer­syn­ode dürf­te das Pfarr­stel­len­kon­zept im Blick­punkt stehen.

Super­in­ten­dent Dr. Schil­ling setzt dabei auch auf Bei­stand „von oben“: „Ich glau­be, dass Got­tes Wort uns hel­fen wird, auch die­se Kri­se zu bestehen. Und wenn wir hin­kend aus die­ser Prü­fung her­aus­kom­men, es wird die Son­ne uns doch aufgehen.“

Bild : Acht Stun­den lang tag­te die Syn­ode in Oes­t­ing­hau­sen. Im Mit­tel­punkt : der Pfarr­stel­len­plan für die nächs­ten Jahre.

Foto­credits : Hans-Albert Limbrock

Quel­le : Hans-Albert Lim­b­rock – Ev. Kir­chen­kreis Soest-Arnsberg

 

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