In der Pandemie 1.800 Minijobs im Hochsauerlandkreis verloren gegangen

Gewerk­schaft NGG warnt : „Geplan­te 520-Euro-Jobs sind nicht krisenfest“

win­ter­berg-total­lo­kal : NGG : Wenn Coro­na den Job kos­tet : In der Pan­de­mie ist die Zahl der Mini­jobs im Hoch­sauer­land­kreis deut­lich zurück­ge­gan­gen. Mit­te ver­gan­ge­nen Jah­res gab es im Kreis rund 31.200 Stel­len auf 450-Euro-Basis – das sind 1.800 weni­ger als zwei Jah­re zuvor (minus 5 Pro­zent). Beson­ders betrof­fen ist das Gast­ge­wer­be : Hier gin­gen im sel­ben Zeit­raum rund 1.000 Mini­jobs ver­lo­ren – ein Ein­bruch von 22 Pro­zent. Das teilt die Gewerk­schaft Nah­rung-Genuss-Gast­stät­ten mit. Die NGG beruft sich hier­bei auf Zah­len der Bun­des­agen­tur für Arbeit.

„450-Euro-Kräf­te zäh­len zu den Haupt­ver­lie­rern der Pan­de­mie. Von der Küchen­hil­fe im Restau­rant bis zur Ver­käu­fe­rin an der Bäcke­rei­t­he­ke – vie­le Mini­job­ber leben in stän­di­ger Angst, gekün­digt zu wer­den. Dabei haben sie weder Anspruch auf das Arbeits­lo­sen- noch auf das Kurz­ar­bei­ter­geld“, kri­ti­siert Isa­bell Mura, Geschäfts­füh­re­rin der NGG-Regi­on Süd­west­fa­len. Die Gewerk­schaf­te­rin warnt davor, dass künf­tig noch mehr Men­schen in sol­che unsi­che­ren Jobs abrut­schen könn­ten und damit zu pre­kä­ren Bedin­gun­gen arbei­ten müss­ten. „Wenn die Bun­des­re­gie­rung die Ver­dienst­gren­ze bei den Mini­jobs anhebt, dann dürf­te das vie­le regu­lä­re Arbeits­plät­ze ver­drän­gen. Für die Betrof­fe­nen, zu einem Groß­teil Frau­en, wird das zur Kar­rie­re­fal­le. Und spä­tes­tens im Alter ist Armut vor­pro­gram­miert“, so Mura.

Nach den Plä­nen der Ber­li­ner Ampel-Koali­ti­on sol­len Mini­job­ber künf­tig 520 statt wie bis­lang 450 Euro im Monat ver­die­nen kön­nen – ohne dafür bei­spiels­wei­se auto­ma­tisch arbeits­lo­sen­ver­si­chert zu sein. Den ent­spre­chen­den Gesetz­ent­wurf, über den der Bun­des­tag noch im Früh­jahr bera­ten wird, kri­ti­siert die Gewerk­schaft scharf : „Die Poli­tik baut pre­kä­re und kri­sen­an­fäl­li­ge Stel­len wei­ter aus, statt sie ein­zu­däm­men. Das ist ein Irr­weg – gera­de nach den Erfah­run­gen mit Coro­na. Vie­le Mini­job­ber haben bei der Kurz­ar­beit in die Röh­re geguckt oder ihre Stel­le verloren.“

Die NGG ver­weist auf den Koali­ti­ons­ver­trag. Dar­in schrei­ben SPD, Grü­ne und FDP, es müs­se ver­hin­dert wer­den, „dass Mini­jobs als Ersatz für regu­lä­re Arbeits­ver­hält­nis­se miss­braucht oder zur Teil­zeit­fal­le wer­den“. Die Gewerk­schaft ruft des­halb die hei­mi­schen Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten der Ampel-Koali­ti­on dazu auf, sich an die­ses Ver­spre­chen zu hal­ten und „das Gesetz auf soli­de Füße zu stel­len“. Abhil­fe kön­ne lang­fris­tig aller­dings nur eine grund­le­gen­de Reform schaf­fen : Für Mini­jobs müs­se bereits ab dem ers­ten Euro die Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflicht gel­ten. Erst wenn Sozi­al­ab­ga­ben, Kranken‑, Pfle­ge- und Ren­ten­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge gezahlt wür­den, könn­ten Beschäf­tig­te wirk­sam geschützt werden.

Nach Ein­schät­zung von NGG-Regio­nal­che­fin Isa­bell Mura hät­te dies posi­ti­ve Effek­te vor Ort : „Die Abschaf­fung der Son­der­re­ge­lun­gen für Mini­jobs wür­de dabei hel­fen, den Fach­kräf­te­man­gel zu bekämp­fen. Im Hoch­sauer­land­kreis kla­gen vor allem Hote­liers und Wir­te, kein Per­so­nal mehr zu fin­den. Aber Fach­leu­te gewinnt man nicht, indem man kaum abge­si­cher­te Stel­len mit weni­gen Wochen­stun­den bie­tet, son­dern regu­lä­re Arbeits­ver­trä­ge mit Per­spek­ti­ve und sozia­lem Netz. Davon wür­den am Ende alle pro­fi­tie­ren – die Beschäf­tig­ten, die Betrie­be und durch höhe­re Ein­nah­men auch der Staat und die Sozialversicherungen.“

Quel­le : Gewerk­schaft Nah­rung-Genuss-Gast­stät­ten (NGG) – Regi­on Südwestfalen

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