Pflegepersonal ist wichtigste Ressource in der Pandemie

Patienten behandeln – Behandlungen und Transporte koordinieren – Standards setzen für Transport und Behandlung

win­ter­berg-total­lo­kal : Koblenz/​HSK : Das Schick­sal von Covid-19-Erkrank­ten stellt oft eine Belas­tung für die behan­deln­den Ärz­tin­nen und Ärz­te dar. Aber auch die Angst vor Per­so­nal­knapp­heit und der damit ver­bun­de­nen Über­for­de­rung im Bereich der Pfle­ge treibt sie um. Zwei Ober­st­ärz­te aus dem Bun­des­wehr­Zen­tral­kran­ken­haus Koblenz berich­ten über ihre Erfah­run­gen in der Pandemie.

Wie begeg­nen Sie der Pan­de­mie im BundeswehrZentralkrankenhaus ?

Wag­ner : Die kost­bars­te Res­sour­ce ist das Pfle­ge­per­so­nal. Man muss die­ser Grup­pe den Rücken stär­ken, indem man sie vor Belas­tun­gen schützt, die nicht zwin­gend not­wen­dig sind. Das heißt : Kla­re Kon­zep­te, stän­di­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on und Infor­ma­ti­on im Haus. Die Mit­ar­bei­ten­den müs­sen immer wis­sen : wie ist jetzt aktu­ell der Stand – auch über­re­gio­nal – damit sie sich dar­auf ein­stel­len kön­nen, was auf sie zukommt. Wir müs­sen Kräf­te bün­deln, bevor even­tu­ell eine Unru­he durch einen hohen Pati­en­ten­zu­lauf entsteht.

Wie gehen Sie per­sön­lich mit der Pan­de­mie um ?

Wag­ner : Seit Beginn der Pan­de­mie habe ich nicht mehr wirk­lich abge­schal­tet. Das ist eine sehr dyna­mi­sche Lage. Vie­le Din­ge spie­len eine Rol­le : Per­so­nal­stär­ke, Pati­en­ten­kli­en­tel und dann kam noch die Ahrtal-Kata­stro­phe dazu, die nie­mand vor­her­se­hen konn­te. Die Kräf­te sind nicht unend­lich vorhanden.

Wie schüt­zen Sie sich selbst vor Überforderung ?

Braun : Ich hat­te jetzt 18 Mona­te nur Covid-Pati­en­ten auf der Inten­siv­sta­ti­on. Man ist dann auch als Arzt irgend­wann belas­tet. Es sind aber weni­ger die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten, denn da hat man schon eine pro­fes­sio­nel­le Her­an­ge­hens­wei­se. Mich hat die Situa­ti­on des Pfle­ge­per­so­nals mehr belas­tet. Ich habe eigent­lich jeden Abend die Beden­ken, dass das Pfle­ge­per­so­nal über­for­dert wird. Daher haben wir auch früh­zei­tig den Rat unse­rer Abtei­lung für see­li­sche Gesund­heit gesucht, damit das Sys­tem nicht zusam­men­bricht. Als Chef muss ich mei­ne Mit­ar­bei­ten­den selbst­be­wusst durch die Kri­se steu­ern. Das kann ich aber nur dann, wenn ich mich auch als Teil des Teams sehe. Es war für mich des­halb selbst­ver­ständ­lich, dass wir die Hil­fe von außen gemein­sam annehmen.

Hat­te die erbe­te­ne Hil­fe den erwünsch­ten Effekt ?

Braun : Auf jeden Fall. Wir haben uns als Team bera­ten las­sen und die­se Bera­tung hat das Team wei­ter zusam­men­ge­schweißt. So wie man es aus den Ein­sät­zen der Bun­des­wehr kennt. Und nur so funk­tio­niert das gan­ze Sys­tem auch. Das Pro­blem ist ja : Man sieht kein Licht am Ende des Tun­nels. Kommt noch ein neu­er Lock­down ? Die Fra­ge belas­tet das Per­so­nal letzt­lich auch. Die Mit­ar­bei­ten­den brau­chen ja auch einen Aus­gleich nach der Arbeit. Wo sol­len sie die­sen fin­den, wenn alles geschlos­sen ist ? Das demo­ti­viert natür­lich ungemein.

Wie schaf­fen Sie es, durch­hal­te­fä­hig zu bleiben ?

Wag­ner : Wir sind ja alle sehr ein­satz­er­fah­ren und auf Kata­stro­phen geschult. Hier gibt es aber einen Unter­schied ; das Sze­na­rio hört nicht auf. Ich möch­te hier auch eine Lan­ze für unser gan­zes Kran­ken­haus­per­so­nal bre­chen : Wir haben nur des­halb noch die Res­sour­cen für die Behand­lun­gen, weil sich unser Per­so­nal über die letz­ten bei­den Jah­re dis­zi­pli­niert ver­hal­ten hat. Wir haben kaum Aus­fäl­le durch Covid-Erkran­kun­gen im Kran­ken­haus selbst. Das ist sehr wich­tig für unse­re Leis­tungs­fä­hig­keit. Ein ein­zel­ner Aus­fall einer Pfle­ge­kraft kann die Funk­tio­na­li­tät einer gan­zen Kli­nik gefähr­den, weil es kei­ne Red­un­danz gibt. Die Per­so­nal­de­cke ist in allen Kran­ken­häu­sern sehr dünn.

Sie leis­ten noch mehr als die Behand­lung von Covid-Patienten…

Braun : Ja, zusätz­lich zur Kran­ken­haus­rou­ti­ne koor­di­nie­ren wir die Trans­por­te von Inten­siv­pa­ti­en­tin­nen und ‑pati­en­ten für die Regi­on Mit­tel­rhein und Wes­ter­wald. Auch der Kri­te­ri­en­ka­ta­log für die Trans­port­fä­hig­keit von Schwer­kran­ken kam aus unse­rer Feder. Hier wur­de von uns fest­ge­legt, ob eine Pati­en­tin oder ein Pati­ent über­haupt in ein ande­res Kran­ken­haus ver­legt wer­den kann. Die Initia­ti­ve für ein Hand­lungs­kon­zept für Inten­siv­trans­por­te inner­halb Deutsch­lands kommt letzt­lich aus dem BundeswehrZentralkrankenhaus.

Man benö­tigt zur Bewäl­ti­gung der Pan­de­mie also auch Weitsicht ?

Braun : Ja, zusätz­lich zur Kran­ken­haus­rou­ti­ne koor­di­nie­ren wir die Trans­por­te von Inten­siv­pa­ti­en­tin­nen und ‑pati­en­ten für die Regi­on Mit­tel­rhein und Wes­ter­wald. Auch der Kri­te­ri­en­ka­ta­log für die Trans­port­fä­hig­keit von Schwer­kran­ken kam aus unse­rer Feder. Hier wur­de von uns fest­ge­legt, ob eine Pati­en­tin oder ein Pati­ent über­haupt in ein ande­res Kran­ken­haus ver­legt wer­den kann. Die Initia­ti­ve für ein Hand­lungs­kon­zept für Inten­siv­trans­por­te inner­halb Deutsch­lands kommt letzt­lich aus dem BundeswehrZentralkrankenhaus.

Infobox:
Oberstarzt Dr. Ulrike Wagner ist Leitende Ärztin der Klinik für Gastroenterologie und Hämato-Onkologie. Sie behandelt mit ihrem Team seit über zwei Jahren Covid-19-Erkrankte, die intensivmedizinisch versorgt werden müssen.
Oberstarzt Dr. Michael Braun ist stellvertretender Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie. Neben seiner Arbeit als behandelnder Arzt koordiniert er die Transporte von Intensivpatienten, um Überlastungen einzelner Krankenhäuser zu vermeiden.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zum Sani­täts­dienst der Bun­des­wehr fin­den Sie hier : https://​www​.bun​des​wehr​.de/​d​e​/​o​r​g​a​n​i​s​a​t​i​o​n​/​s​a​n​i​t​a​e​t​s​d​i​e​nst

Bild : Ein Kran­ken­pfle­ger ver­ab­reicht Medi­ka­men­te auf der Corona-Intensivstation

Bild­rech­te : Bun­des­wehr / Jana Neumann

Ori­gi­nal-Con­tent von : Pres­se- und Infor­ma­ti­ons­zen­trum des Sani­täts­diens­tes der Bun­des­wehr, über­mit­telt durch news aktuell

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