Armut in der Pandemie

Paritätischer stellt Bericht zur Armut in Deutschland vor

win­ter­berg-total­lo­kal : Berlin/​HSK : Laut aktu­el­lem Pari­tä­ti­schen Armuts­be­richt hat die Armuts­quo­te in Deutsch­land mit 16,1 Pro­zent (rech­ne­risch 13,4 Mil­lio­nen Men­schen) im Pan­de­mie-Jahr 2020 einen neu­en Höchst­stand erreicht. Auch wenn das Aus­maß der Armut nicht pro­por­tio­nal zum Wirt­schafts­ein­bruch und dem damit ver­bun­de­nen Beschäf­ti­gungs­ab­bau zunahm, gibt es ein­deu­ti­ge Coro­na-Ver­lie­rer : So sind es laut der Stu­die des Wohl­fahrts­ver­ban­des vor allem die Selbst­stän­di­gen, unter denen die Ein­kom­mens­ar­mut zuge­nom­men hat. Der Ver­band wirft der Poli­tik armuts­po­li­ti­sche Ver­säum­nis­se vor und appel­liert an die neue Bun­des­re­gie­rung, nicht nur die im Koali­ti­ons­ver­trag ange­kün­dig­ten Maß­nah­men wie Kin­der­grund­si­che­rung oder Ver­bes­se­run­gen bei Wohn­geld und BAFöG zügig und ent­schlos­sen anzu­ge­hen : Zwin­gend, so die For­de­rung, sei dar­über hin­aus ins­be­son­de­re eine bedarfs­ge­rech­te Anhe­bung der Regel­sät­ze in der Grundsicherung.

Der Bericht geht unter ande­rem auf die Lage in den Bun­des­län­dern ein, die von tie­fen Grä­ben zeugt : Wäh­rend die bei­den süd­deut­schen Län­der Bay­ern und Baden-Würt­tem­berg auf eine gemein­sa­me Armuts­quo­te von ’nur’ 12,2 Pro­zent kom­men, wei­sen die übri­gen Bun­des­län­der eine gemein­sa­me Armuts­quo­te von 17,7 Pro­zent aus. Der Abstand zwi­schen Bay­ern (11,6 Pro­zent) und dem schlecht­plat­zier­tes­ten Bun­des­land Bre­men (28,4 Pro­zent) betra­ge mitt­ler­wei­le 16,8 Pro­zent­punk­te. “Deutsch­land ist nicht nur sozi­al, son­dern auch regio­nal ein tief gespal­te­nes Land und die Grä­ben wer­den immer tie­fer. Wenn in einem Bun­des­land jeder zehn­te und in dem ande­ren mehr als jede*r vier­te Einwohner*in zu den Armen gezählt wer­den muss, hat dies mit gleich­wer­ti­gen Lebens­be­din­gun­gen in ganz Deutsch­land nichts mehr zu tun”, so Ulrich Schnei­der, Haupt­ge­schäfts­füh­rer des Pari­tä­ti­schen Gesamtverbands.

Neben sozio­de­mo­gra­fi­schen Aspek­ten und der Zusam­men­set­zung der Grup­pe armer Men­schen liegt ein Schwer­punkt des Armuts­be­richts auf der Ana­ly­se der Pan­de­mie-Aus­wir­kun­gen. “Die all­ge­mei­nen Fol­gen der Pan­de­mie tra­fen Arme ungleich här­ter”, kri­ti­siert Schnei­der. Ins­be­son­de­re das Kurz­ar­bei­ter­geld, aber auch das Arbeits­lo­sen­geld I hät­ten zwar durch­aus als Instru­men­te der Armuts­be­kämp­fung gewirkt, so ein Befund des Berichts. Doch sei­en vor allem Erwerbs­tä­ti­ge, und dar­un­ter vor allem die Selb­stän­di­gen, die Ein­kom­mens­ver­lie­rer der Coro­na-Kri­se und das schla­ge sich auch in den Armuts­quo­ten nie­der : Zähl­te die Mikro­zen­su­ser­he­bung 2019 unter den Erwerbs­tä­ti­gen ins­ge­samt 8 und unter den Selb­stän­di­gen 9 Pro­zent Arme, kommt die 2020er Erhe­bung auf 8,7 Pro­zent bei den Erwerbs­tä­ti­gen und sogar 13 Pro­zent bei den Selbständigen.

Der Pari­tä­ti­sche kri­ti­siert in dem Bericht Ver­säum­nis­se der Gro­ßen Koali­ti­on, deren Kri­sen­be­wäl­ti­gungs­po­li­tik zwar teil­wei­se neue Armut ver­hin­der­te, aber zu wenig für die Men­schen getan habe, die bereits vor der Pan­de­mie in Armut leb­ten. “Eine ’nur’ um 0,2 Pro­zent­punk­te höhe­re Armuts­quo­te als in der Erhe­bung aus 2019 darf als Hin­weis dar­auf ver­stan­den wer­den, dass die rasch ergrif­fe­nen Unter­stüt­zungs­maß­nah­men von Bund und Län­dern noch höhe­re Armuts­wer­te durch­aus ver­hin­dern konn­ten. Für die Ärms­ten und ihre beson­de­ren Nöte hat­te die gro­ße Koali­ti­on 2020 aller­dings im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes ein­fach nichts und in 2021 bes­ten­falls den berühm­ten Trop­fen auf den hei­ßen Stein übrig”, so Schneider.

Von der neu­en Ampel-Regie­rung for­dert der Ver­band eine schnellst­mög­li­che Anhe­bung der Regel­sät­ze in der Grund­si­che­rung. Schnei­der : “Der Regel­satz ist und bleibt die zen­tra­le Stell­grö­ße im Kampf gegen die Armut und für den Zusam­men­halt die­ser Gesell­schaft. Wer dies igno­riert, wird kei­ne erfolg­rei­che Armuts­po­li­tik machen kön­nen. Wir appel­lie­ren drin­gend an die Bun­des­re­gie­rung, hier nicht wei­te­re vier Jah­re taten­los zu bleiben.”

Der Armuts­be­richt des Pari­tä­ti­schen arbei­tet mit amt­li­chen Sta­tis­ti­ken, u.a. einer Aus­wer­tung des Mikro­zen­sus des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes, der erst­mals zuver­läs­si­ge Armuts­quo­ten für das Pan­de­mie-Jahr 2020 lie­fert. Der Ver­gleich der Ergeb­nis­se aus den Erhe­bun­gen 2020 und 2019 ist aus metho­di­schen Grün­den nur ein­ge­schränkt mög­lich. Doch fügen sich die aktu­el­len Daten in das Bild der letz­ten Jah­re : Rück­bli­ckend auf 2006 lässt sich ein ste­ti­ger Auf­wärts­trend aus­ma­chen, der auch 2020 nicht gebro­chen zu sein scheint. 2006 lag die Quo­te noch bei 14,0 Prozent.

Den voll­stän­di­gen Bericht und wei­te­re Infor­ma­tio­nen fin­den Sie hier : www​.der​-pari​tae​ti​sche​.de/​a​r​m​u​t​s​b​e​r​i​cht

Foto­credits : Deut­scher Pari­tä­ti­scher Wohl­fahrts­ver­band – Gesamt­ver­band e. V.

Ori­gi­nal-Con­tent von : Pari­tä­ti­scher Wohl­fahrts­ver­band, über­mit­telt durch news aktuell

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