Insekten zählen für den natürlichen Pflanzenschutz

Artenschutz und Artenvielfalt stehen im Fokus

win­ter­berg-total­lo­kal : Gefühlt war der Som­mer 2021 in Deutsch­land zu kühl und zu nass. Simon Blü­mel beklagt sich nicht über das regen­rei­che Wet­ter, im Gegen­teil. Der Dok­to­rand arbei­tet am For­schungs­pro­jekt „Attrak­ti­vi­tät von Blüh­strei­fen für Honig­bie­ne, Wild­bie­nen und Nütz­lin­ge land­wirt­schaft­li­cher Kul­tur­pflan­zen“, kurz : NuBi­Blü. Ziel des Pro­jek­tes ist es, einen lebens­wer­ten Raum für nütz­li­che Insek­ten zu schaf­fen, die einen akti­ven und ganz natür­li­chen Bei­trag für den Pflan­zen­schutz leis­ten kön­nen. Der Regen hat den Pflan­zen gut­ge­tan und damit idea­le Lebens­be­din­gun­gen für erwünsch­te Insek­ten geschaffen.

Am Feld­rand und mit­ten­drin ist viel Bewe­gung. Das bezieht sich auf das Krab­beln und Flie­gen von Nütz­lin­gen eben­so wie die Ein­sicht vie­ler Landwirt*innen, bestimm­te Insek­ten für sich arbei­ten zu las­sen. Für die Schweb­flie­ge zum Bei­spiel steht die Blatt­laus auf dem Spei­se­plan. Die Flie­gen suchen gezielt Blatt­laus­ko­lo­nien auf und legen dort ihre Eier ab. Schlüp­fen die Lar­ven, fin­den die­se aus­rei­chend Fut­ter vor. Durch ihren natür­li­chen „Lebens­stil“ hilft das Insekt auf die­se Wei­se, Pflan­zen­schutz­mit­tel ein­zu­spa­ren. „Wir müs­sen uns also fra­gen, wel­che Kul­tur wird ange­baut, wel­che Schäd­lin­ge kön­nen der Nutz­pflan­ze scha­den und wel­che natür­li­chen Fein­de der Schäd­lin­ge müs­sen wir mit für sie attrak­ti­ven Pflan­zen anlo­cken“, erklärt Simon Blü­mel das kom­ple­xe Vor­ha­ben. Dabei spie­len wei­te­re Para­me­ter wie Boden­be­schaf­fen­heit, Kli­ma, Zusam­men­set­zung der Blüh­strei­fen­mi­schung und Zeit­punkt der Aus­saat eine ent­schei­den­de Rolle.

Das For­schungs­team unter der Lei­tung von Prof. Dr. Vere­na Haber­lah-Korr hat vier ver­schie­de­ne Mischun­gen an ver­schie­de­nen Stand­or­ten im Kreis Soest aus­ge­sät. Unter­su­chun­gen haben gezeigt, dass die Bedin­gun­gen für wei­ßen Stein­klee bei­spiels­wei­se auf schwe­rem, leh­mi­gen Boden bes­ser sind, als in Regio­nen mit leich­te­rem Sand­bo­den. Eine Blü­ten­mi­schung besteht aus meh­re­ren Pflan­zen­ar­ten, so Blü­mel : „Wir haben beson­ders erwünsch­te Insek­ten wie Mari­en­kä­fer, Schweb­flie­gen, Schlupf­wes­pen, Lauf­kä­fer, Web­spin­nen, Raub­wan­zen und Flor­flie­gen im Blick. Die­se haben jeweils ganz unter­schied­li­che Ansprü­che. Je mehr wir also über die Prä­fe­ren­zen die­ser Tie­re in Erfah­rung brin­gen, des­to bes­ser. Es macht auch teil­wei­se Sinn, die Strei­fen nach dem Ver­blü­hen ste­hen zu las­sen, denn eini­ge Insek­ten über­win­tern in den Stängeln.“

Zwar ist Bio­di­ver­si­tät nicht das obers­te Ziel von NuBi­Blü – Arten­schutz und Arten­viel­falt ste­hen im Fokus wei­te­rer For­schungs­pro­jek­te an der FH – den­noch beob­ach­ten Blü­mel und Kolleg*innen mit Freu­de, dass der Markt für Pflan­zen­mi­schun­gen par­al­lel zum Bewusst­sein in der Bevöl­ke­rung, Insek­ten etwas Gutes tun zu wol­len, wächst. Um her­aus­zu­fin­den, wel­che Mischung aus pflan­zen­schutz­tech­ni­scher Sicht die erfolg­ver­spre­chends­te ist, strei­fen die Wis­sen­schaft­ler alle zehn Tage mit Streif­netz­ke­schern durch die ver­schie­de­nen, ca. 0,6 ha gro­ßen Ver­suchs­flä­chen und zäh­len anschlie­ßend jene Insek­ten, die in der Vege­ta­ti­on leben. Zum Ver­gleich der unter­schied­li­chen Mischun­gen wird auch die Insek­ten­dich­te der auf dem Boden leben­den Orga­nis­men bestimmt. Dazu kom­men Boden­fal­len zum Einsatz.

Eine wei­te­re Arbeits­grup­pe unter der Lei­tung von Prof. Dr. Mar­tin Ziron filmt ca. 1 Qua­drat­me­ter gro­ße Flä­chen mit GoPro-Kame­ras und doku­men­tiert den Insek­ten­flug von Bie­nen, Schweb­flie­gen und Tag­fal­tern. Auch hier zeigt der Ver­gleich der Pflan­zen­mi­schun­gen unter­schied­li­che Ergeb­nis­se. Blü­mels Zwi­schen­fa­zit : „Den ‘Super­blüh­strei­fen’ wird es nie geben, dazu gibt es ein­fach zu vie­le Insek­ten­ar­ten mit unter­schied­li­chen Ansprü­chen und ver­schie­de­ne Inter­es­sen von Bio­di­ver­si­tät bis hin zu öko­no­mi­schen Beweg­grün­den. Eine gute Bera­tung ist sicher hilf­reich, eine Blüh­mi­schung für den jewei­li­gen Stand­ort und Zweck zu finden.“

Das For­schungs­pro­jekt NuBi­Blü wird von Mitarbeiter*innen des Fach­be­reichs Agrar­wirt­schaft der FH Süd­west­fa­len in Koope­ra­ti­on mit der Feld­saa­ten Freu­den­ber­ger GmbH & Co. KG sowie der Land­wirt­schafts­kam­mer Nord­rhein-West­fa­len durch­ge­führt. Das Minis­te­ri­um für Umwelt, Land­wirt­schaft, Natur- und Ver­brau­cher­schutz des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len (MULNV) för­dert das Projekt.

Bild : Simon Blü­mel hat nütz­li­che Insek­ten in ver­schie­de­nen Blüh­strei­fen im Blick.

Foto : FH/Ha­ber­lah-Korr

Quel­le : Fach­hoch­schu­le Südwestfalen

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