AOK warnt vor der Droge der Zukunft

Wenn der Kick durchs Klicken kommt

win­ter­berg-total­lo­kal : Sie sit­zen oder lie­gen, wenn sie wischen und kli­cken. Nahe­zu alle Zwölf- bis 25-Jäh­ri­gen nut­zen täg­lich in ihrer Frei­zeit das Smart­phone, Tablet oder den Com­pu­ter. Im rea­len Leben Freun­de tref­fen, reden, mit­ein­an­der spie­len ist durch Coro­na auch im Hoch­sauer­land­kreis noch schwie­ri­ger bis unmög­lich gewor­den. Fluch und Segen der Tech­nik lie­gen hier dicht bei­ein­an­der : Auch wenn die Tech­nik es mög­lich macht, sich in Coro­na­zei­ten zumin­dest digi­tal mit sei­nen Freun­den aus­zu­tau­schen, fehlt ande­rer­seits durch den stän­di­gen digi­ta­len Medi­en­kon­sum aus­rei­chend Bewe­gung und rea­le Kom­mu­ni­ka­ti­on. „Es ist nor­mal, wenn Kin­der und Jugend­li­che auch mal aus­schwei­fend im Netz sur­fen, spie­len oder chat­ten“, sagt AOK-Ser­vice­re­gi­ons­lei­ter Dirk Schnei­der, „wenn die inten­si­ve Nut­zung auch nach Mona­ten nicht wie­der abnimmt und den Tag bestimmt, soll­ten Eltern unbe­dingt handeln.“

Medi­en- und Inter­net­ab­hän­gig­keit ist qua­si die Dro­ge der Zukunft. Immer mehr Kin­der und Jugend­li­che nut­zen digi­ta­le Medi­en mehr als ihnen gut­tut. Aus der Stu­die zur Dro­gen­af­fi­ni­tät von Kin­dern und Jugend­li­chen im Alter von zwölf bis 25 Jah­ren der Bun­des­zen­tra­le für gesund­heit­li­che Auf­klä­rung (BZgA) vom Dezem­ber 2020 geht her­vor, dass nahe­zu alle der rund 7.000 Befrag­ten Com­pu­ter­spie­le und/​oder das Inter­net täg­lich nutz­ten. Kom­mu­ni­ka­ti­on und Unter­hal­tung ste­hen hier im Vor­der­grund des Tech­nik­ein­sat­zes. In der Woche kom­men so mehr als 24 Stun­den vor dem Bild­schirm oder Dis­play zusam­men – zusätz­lich zur Nut­zung für Schu­le, Stu­di­um oder Arbeit. Jeder drit­te Jugend­li­che zwi­schen zwölf und 17 Jah­ren nutz­te Com­pu­ter­spie­le und Inter­net im Jahr 2019. Pro­ble­ma­tisch : 8,6 Pro­zent hat­ten eine Com­pu­ter­spiel- und inter­net­be­zo­ge­ne Stö­rung. Auch wenn die Digi­ta­li­sie­rung gera­de in Zei­ten einer Pan­de­mie ins­ge­samt wert­voll ist, müs­sen jun­ge Men­schen auch mal off­line‘ sein. Die emp­foh­le­nen Ober­gren­zen für Jugend­li­che ab zehn Jah­ren sind zehn Minu­ten Medi­en­zeit pro Lebens­jahr pro Tag oder eine Stun­de pro Lebens­jahr pro Woche. Allein die Nut­zungs­dau­er macht aber noch kei­ne Medi­en­sucht aus. Hier­für müs­sen noch wei­te­re Warn­zei­chen hin­zu­kom­men. Ein über­stei­ger­ter Medi­en­kon­sum und Com­pu­ter­spiel­ab­hän­gig­keit wird den Ver­hal­tens­süch­ten zuge­rech­net. Wie bei einer Alkohol‑, Tabak- oder Dro­gen­ab­hän­gig­keit wird mit dem jewei­li­gen Ver­hal­ten das Beloh­nungs­sys­tem akti­viert und die Betrof­fe­nen möch­ten sich immer wie­der mit die­sem Kick beloh­nen. Dabei ver­lie­ren sie die Kon­trol­le über ihr Ver­hal­ten, ver­nach­läs­si­gen ande­re Inter­es­sen und igno­rie­ren gesund­heit­li­che Beein­träch­ti­gun­gen. Für die Kin­der und Jugend­li­chen wird der Com­pu­ter dann wich­ti­ger als Freun­de, Eltern, Hob­bys oder Schu­le. Sie kön­nen sich nicht mehr gut kon­zen­trie­ren, der Rücken tut weh, sie füh­len sich müde und nicht mehr so fit.

„Das kann so weit gehen, dass die­se Kin­der den Her­aus­for­de­run­gen der rea­len Welt kaum noch gewach­sen sind und sich von ihrer Umge­bung regel­recht ent­frem­den”, so Schneider.

Auch das sagt die BZgA-Stu­die aus : Die Ver­wen­dung des Com­pu­ters oder Smart­phones ist ins­ge­samt seit 2015 gestie­gen und lei­der auch die Anzahl der Kin­der und Jugend­li­chen, die einen pro­ble­ma­ti­schen Gebrauch von Inter­net und Com­pu­ter­spie­len zei­gen. Da die Befra­gung vor der Coro­na-Pan­de­mie durch­ge­führt wur­de, sind deren Aus­wir­kun­gen in den Ergeb­nis­sen noch nicht ent­hal­ten. For­scher gehen davon aus, dass die­se Zah­len wei­ter in die Höhe gegan­gen sind.

Laut einer aktu­el­len Umfra­ge des Deut­schen Kin­der­hilfs­wer­kes sehen fast alle Kin­der, Jugend­li­chen sowie Erwach­se­nen, die Fami­li­en und Eltern in der Ver­ant­wor­tung, um Medi­en­sucht ent­ge­gen­zu­wir­ken. Das elter­li­che Vor­bild ist wich­tig, somit ein guter Anlass, das eige­ne Medi­en­ver­hal­ten zu überdenken.

Eltern soll­ten auf jeden Fall ver­su­chen, mit ihrem Kind dar­über zu spre­chen und fra­gen, war­um es so lan­ge online ist. Exper­ten emp­feh­len, mög­lichst nicht sofort zu bewer­ten, son­dern wirk­lich neu­gie­rig auf die Erklä­run­gen ihres Kin­des zu sein. Dabei ist es wich­tig, Druck raus­zu­neh­men, um den Kon­flikt zu ent­schär­fen. Gleich­zei­tig soll­ten Eltern auch Gren­zen set­zen, indem sie Regeln zur Medi­en­nut­zung fest­le­gen – am bes­ten schrift­lich in einem Medi­en­nut­zungs­ver­trag, den Eltern und Kind unterschreiben.

Betrof­fe­ne Eltern kön­nen sich auch an eine Erzie­hungs­be­ra­tungs­stel­le wen­den. Dort kann zunächst geklärt wer­den, ob der Ver­dacht auf eine Medi­en­sucht berech­tigt ist oder nicht. Hilf­rei­che Infor­ma­tio­nen gibt es im Inter­net unter www​.aok​.de/nw

The­ma ‚Medi­en­er­zie­hung‘ sowie unter www​.schau​-hin​.info.

Bild : Das Inter­net wird von Kin­dern und Jugend­li­chen im Hoch­sauer­land­kreis täg­lich genutzt. 24 Stun­den und mehr in der Woche wird neben der Nut­zung in der Schu­le, Stu­di­um oder am Arbeits­platz gesurft und gechattet.

Foto­credits : AOK/​hfr

Quelle:AOK Nord­West

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