Gespaltene Konjunktur in Südwestfalen

KONJUNKTURUMFRAGE: Viele Betriebe gehen durch eine schwere Zeit und setzen Hoffnung auf Ende der Pandemie.

win­ter­berg-total­lo­kal: Eini­ge Hand­wer­ke boo­men, ande­re star­ten – end­lich – wie­der aus einem tie­fen Tal her­aus. Das ist das Ergeb­nis der aktu­el­len Kon­junk­tur­um­fra­ge. „Gemein­sam ist allen im Hand­werk, zusätz­li­che Belas­tun­gen stem­men und mit Unsi­cher­hei­ten zurecht­kom­men zu müs­sen“, sagt Kam­mer­haupt­ge­schäfts­füh­rer Mein­olf Nie­mand. „Noch nie haben sich so vie­le Betrie­be an der Umfra­ge betei­ligt. Das zeigt, wie groß die Sor­gen sind.“ Die Früh­jahrs­um­fra­ge belegt, dass es kei­ne ein­heit­li­che Ent­wick­lung gibt. Sowohl zwi­schen den Hand­werks­grup­pen wie auch inner­halb ein­zel­ner Gewer­ke sind deut­li­che Unter­schie­de hin­sicht­lich der Lage wie der erwar­te­ten Entwicklung.

Handwerkskammer Südwestfalen
Geschäfts­kli­ma­in­dex – Hand­werks­kam­mer Süd­west­fa­len Hand­werks­kam­mer Südwestfalen

Nach dem dra­ma­ti­schen Ein­bruch des Geschäfts­kli­ma­in­de­xes (GKI) vor einem Jahr hat­te er sich im Herbst zwar auf 113 Punk­te erholt. Doch er ver­harrt dort seit­dem und die Erho­lungs­ten­denz hat sich nicht fort­ge­setzt. Wenn man weiß, dass aktu­ell gera­de die sai­so­nal stär­ker belas­te­te Bau­wirt­schaft die Kon­junk­tur trägt, dann ist für Opti­mis­mus der­zeit – noch – kein Platz. Zudem: Die Hand­wer­ke für den gewerb­li­chen Bedarf lie­gen trotz der ver­bes­ser­ten indus­tri­el­len Nach­fra­ge mit 108 Punk­ten nur knapp ober­halb der 100-Punk­te-Linie, die den posi­ti­ven vom nega­ti­ven Geschäfts­ver­lauf trennt.

Wenig erfreu­lich ist die Lage auch im Kfz-Bereich. Zwar zie­hen die Zulas­sun­gen wie­der an, doch konn­ten die Aus­fäl­le aus dem Vor­jahr nicht kom­pen­siert wer­den. Im Werk­statt­be­reich macht sich die deut­lich ver­rin­ger­te Jah­res­lauf­leis­tung der Fahr­zeu­ge bemerk­bar, was zu einer gerin­ge­ren Aus­las­tung durch Ser­vice- und Repa­ra­tur­leis­tun­gen führt. Das Mehr an Home­of­fice beschleu­nigt die­se Entwicklung.

Stark betrof­fen sind wei­ter die Nah­rungs­mit­tel­hand­wer­ke durch den geschlos­se­nen Gas­tro­be­reich und den Weg­fall des Cate­rings, das vor allem den Flei­schern und Kon­di­to­ren in der Ver­gan­gen­heit sta­bil gute Umsät­ze brach­te. Wäh­rend die Flei­scher die Ein­bu­ßen durch das ver­än­der­te Kon­sum­ver­hal­ten der Ver­brau­cher – mehr Kochen daheim und hin zu mehr Qua­li­tät – teil­wei­se aus­glei­chen konn­ten, ist das bei den Kon­di­to­ren nicht der Fall.

Unter den Lock­downs lei­den wei­ter die Gesund­heits­hand­wer­ke. Jeder vier­te Betrieb bezeich­net die Geschäfts­la­ge als schlecht und jeder zwei­te als unver­än­dert. Stär­ker betrof­fen sind z. B. die Augen­op­ti­ker, denen durch die Schlie­ßung der Laden­lo­ka­le oder die ein­ge­schränk­ten Öff­nungs­mög­lich­kei­ten die Mög­lich­keit zur Kun­den­an­spra­che fehl­te, denn über den medi­zi­ni­schen Bei­trag hin­aus sind modi­sche Aspek­te wich­ti­ge Umsatzbringer.

Dra­ma­tisch ist die Ent­wick­lung bei den Hand­wer­ken für den pri­va­ten Bedarf, wo Foto­gra­fen, Fri­seu­re und Kos­me­ti­ker das Gros der Unter­neh­men stel­len. Neben den tem­po­rä­ren Schlie­ßun­gen erfor­dern die „kör­per­na­hen Dienst­leis­tun­gen“ ein Mehr an Hygie­ne­maß­nah­men bei gleich­zei­tig ver­rin­ger­ter Kun­den­zahl durch die Ein­hal­tung der Abstands­re­geln bzw. Per­so­nen­be­schrän­kun­gen. Eine wei­te­re Pro­ble­ma­tik zeigt sich bei den Foto­gra­fen. Nur weni­ge Betrie­be bewe­gen sich außer­halb der Per­so­nen- oder Event­fo­to­gra­fie, die prak­tisch zum Erlie­gen kam.

Auch wenn vie­le Betrie­be her­be Ein­bu­ßen hat­ten, gab es kei­nen Ein­bruch bei der Beschäf­ti­gung. „Die meis­ten Betrie­be hof­fen auf den Auf­schwung, hal­ten ihre Fach­kräf­te und bie­ten Aus­bil­dungs­plät­ze an. Das zeigt: Auch in der Kri­se beweist das Hand­werk Stär­ke“, kom­men­tiert Kam­mer­prä­si­dent Jochen Ren­fordt. „Bei den Hand­wer­ken des pri­va­ten Bedarfs gibt es aber einen hohen Anteil Solo­selbst­stän­di­ge und Teil­zeit­be­schäf­ti­gung spielt eine gro­ße Rol­le. Die Ent­wick­lung der Zahl der Beschäf­tig­ten ist daher nur ein­ge­schränkt aus­sa­ge­kräf­tig. Rück­schlüs­se sind hier nur über die Merk­ma­le Auf­trags­la­ge und Umsatz mög­lich und dort zeigt sich die Dra­ma­tik: 71 Pro­zent bezeich­nen die Auf­trags­la­ge als schlech­ter und 86 Pro­zent berich­ten von Umsatz­rück­gän­gen. Für Solo­selbst­stän­di­ge bedeu­tet das die mas­si­ve Gefähr­dung der beruf­li­chen Existenz.“

Mehr Bewe­gung gab es im Hand­werk bei der Ent­wick­lung der Leis­tungs­prei­se, da in der jüngs­ten Ver­gan­gen­heit die Mate­ri­al­prei­se und die Prei­se für Vor­pro­duk­te rapi­de gestie­gen sind. Aus­sa­gen im Bereich der Bau- und Aus­bau­hand­wer­ke wie „Ich kann kei­ne Preis­zu­sa­gen mehr machen“, sind kei­ne Sel­ten­heit mehr. Preis­zu­sa­gen aus dem Vor­jahr sind in vie­len Fäl­len völ­lig über­holt und die Ertrags­mar­ge mehr als auf­ge­zehrt. Hin­zu kom­men Lie­fer­eng­päs­se, die die Unter­neh­men zu spü­ren bekom­men und die ter­min­ge­rech­te Auf­trags­ab­wick­lung erschwe­ren. Auch im Zulie­fer­we­sen kom­men gestie­ge­ne Vor­kos­ten zum Tra­gen. Zudem drückt die Nach­fra­ge von Sei­ten der Indus­trie bei gleich­zei­tig (ver­such­tem) Preis­dik­tat. Jeder fünf­te Betrieb muss­te selbst in der Kri­se Preis­zu­ge­ständ­nis­se machen!

„Durch die Impf­kam­pa­gne wird mehr und mehr Druck von der Kon­junk­tur genom­men und ich bin mir sicher, dass das Hand­werk dann einen enor­men Bei­trag zum Wie­der­auf­schwung leis­ten wird. Wir dür­fen jetzt nicht den Mut ver­lie­ren“, appel­liert Prä­si­dent Ren­fordt an die Betrie­be im Kammerbezirk.

Quel­le: Hand­werks­kam­mer Südwestfalen