Zum Welt-Regenwaldtag (22.6.): Abholzung im Amazonas steuert auf neues Zehnjahreshoch zu

Die Zerstörung des brasilianischen Amazonas-Regenwaldes steuert neuen Höchstwerten entgegen

win­ter­berg-total­lo­kal: In den ers­ten fünf Mona­ten die­ses Jah­res gin­gen im welt­größ­ten Tro­pen­wald­ge­biet über 2.000 Qua­drat­ki­lo­me­ter Wald ver­lo­ren, wie das bra­si­lia­ni­sche Welt­raum­in­sti­tut INPE mit­teil­te. Das ent­spricht einem Anstieg von 34 Pro­zent gegen­über dem glei­chen Zeit­raum im Vor­jahr und 49 Pro­zent mehr als dem Durch­schnitt der letz­ten vier Jah­re (2016 bis 2019). Beson­ders betrof­fen waren die Bun­des­staa­ten Pará, Ama­zo­nas und Mato Grosso. “Der Ama­zo­nas steu­ert auf eine exis­ten­zi­el­le Kata­stro­phe zu”, warnt Rober­to Mal­do­na­do, Bra­si­li­en-Refe­rent beim WWF Deutsch­land. “2019 hat­ten wir die höchs­te Zer­stö­rung seit zehn Jah­ren und nun deu­tet alles dar­auf hin, dass 2020 ein noch schlim­me­res Jahr für den Regen­wald wird. Errei­chen wir nicht bald eine Trend­um­kehr, könn­te der Ama­zo­nas lang­fris­tig ver­lo­ren gehen.”

Ins­ge­samt sind bereits rund 20 Pro­zent des ursprüng­li­chen Ama­zo­nas-Regen­wal­des zer­stört. Wis­sen­schaft­ler rech­nen damit, dass der Kipp-Punkt bei spä­tes­tens 25 Pro­zent zer­stör­ter Flä­che erreicht ist. Ab die­sem Moment könn­te das Öko­sys­tem der­art gestört sein, dass der Ama­zo­nas sei­ne Funk­ti­on als Kli­ma­an­la­ge der Erde ver­liert und sich groß­flä­chig in eine Step­pe verwandelt.

Laut WWF hat die Ent­wal­dung vor allem poli­ti­sche Grün­de. Prä­si­dent Bol­so­n­a­ro set­ze alles dar­an, die kurz­fris­ti­gen Inter­es­sen der Agro-Lob­by durch­zu­set­zen. Seit sei­nem Amts­an­tritt sei­en die Behör­den, die den Schutz des Wal­des über­wa­chen und durch­set­zen, durch Mit­tel-kür­zun­gen mas­siv geschwächt wor­den. “Die Bot­schaft, wonach ille­ga­les Holz­fäl­len oder Land­g­rab­bing gedul­det wer­den, ist ange­kom­men. In Tei­len des Ama­zo­nas herr­schen heu­te Wild­west-Zustän­de. Die Kon­se­quenz die­ser Poli­tik kön­nen wir nun beob­ach­ten – Schutz­ge­bie­te und indi­ge­ne Ter­ri­to­ri­en sind qua­si zum Abschuss frei­ge­ge­ben. Die Leid­tra­gen­den sind nicht nur die Umwelt, son­dern auch die Indi­ge­nen sowie die gro­ße Mehr­heit aller Bra­si­lia­ne­rin­nen und Brasilianer.”

Ange­feu­ert wer­de die Zer­stö­rung aktu­ell durch die Coro­na-Pan­de­mie, von der Bra­si­li­en beson­ders stark betrof­fen ist. Eine kürz­lich vom WWF ver­öf­fent­lich­te Ana­ly­se zeigt, dass die Ent­wal­dung im größ­ten Land Süd­ame­ri­kas wäh­rend des ers­ten “Coro­na-Monats” März um über 50 Pro­zent in die Höhe geschnellt ist im Ver­gleich zu den Vor­jah­ren, weil die staat­li­chen Kon­trol­leu­re deut­lich weni­ger prä­sent sei­en. Zeit­gleich ver­sucht die Regie­rung Bol­so­n­a­ro wäh­rend der Pan­de­mie, den Schutz des Ama­zo­nas gezielt auf­zu­wei­chen. Das geht aus einem Video einer Kabi­netts­sit­zung der bra­si­lia­ni­schen Bun­des­re­gie­rung her­vor. Dar­in for­dert Umwelt­mi­nis­ter Ricar­do Sal­les ent­spre­chen­de Geset­zes­än­de­run­gen zur Libe­ra­li­sie­rung und Ver­ein­fa­chung von Rodun­gen. Das aktu­el­le Zeit­fens­ter müs­se genutzt wer­den, um die Refor­men ohne einen gesell­schaft­li­chen Auf­schrei durch­zu­set­zen. Gemein­sam mit ande­ren bra­si­lia­ni­schen Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen for­der­te der WWF den Rück­tritt Salles’.

Dane­ben wei­sen die Umwelt­schüt­zer auch auf die Ver­ant­wor­tung ande­rer Staa­ten und aus­län­di­scher Unter­neh­men hin. Deut­sche und euro­päi­sche Unter­neh­men müss­ten drin­gend ihre Lie­fer­ket­ten über­prü­fen und ent­wal­dungs­frei gestal­ten. Das gel­te ins­be­son­de­re für Fir­men, die Soja oder ande­re Agrar­roh­stof­fe aus Bra­si­li­en bezie­hen bzw. in ihren Lie­fer­ket­ten haben. Von der deut­schen Bun­des­re­gie­rung erwar­tet der WWF, sich in den Ver­hand­lun­gen um das Frei­han­dels­ab­kom­men zwi­schen der EU und den süd­ame­ri­ka­ni­schen Mer­co­sur-Staa­ten für bes­se­re sozia­le und öko­lo­gi­sche Stan­dards ein­zu­set­zen. Drin­gend not­wen­dig sei dar­über hin­aus eine EU-wei­te Gesetz­ge­bung zu ent­wal­dungs­frei­en Lie­fer­ket­ten. Es dürf­ten kei­ne Waren impor­tiert wer­den, für die der Regen­wald abge­holzt wur­de. Die­ser Grund­satz müs­se ver­bind­lich gel­ten und nicht vom Gut­dün­ken ein­zel­ner Unter­neh­men abhän­gen. Die Euro­päi­sche Uni­on habe hier eine beson­de­re Ver­ant­wor­tung – rund ein Sechs­tel aller hier gehan­del­ten Lebens­mit­tel trü­gen zur Ent­wal­dung in den Tro­pen bei.

Bild: Abge­holz­ter Regen­wald in Brasilien.

Foto: WWF World Wide Fund For Nature

Ori­gi­nal-Con­tent von: WWF World Wide Fund For Natu­re, über­mit­telt durch news aktuell