Peter Liese : Johnson & Johnson beginnt mit Lieferung in der EU

Bis Ende Juni 10 Millionen Dosen für Deutschland, 50–55 Millionen Dosen für die EU / Nur eine Impfung nötig, gute Wirkung gegen britische, südafrikanische und brasilianische Mutante / Bis Ende des Sommers können nicht nur 70%, sondern 100% der Erwachsenen geimpft werden / Kurzfristig drastische Kontaktbeschränkungen notwendig, um Überlastung der Intensivstationen zu vermeiden

win­ter­berg-total­lo­kal : Der Impf­stoff­her­stel­ler John­son & John­son beginnt heu­te mit der Lie­fe­rung an die Euro­päi­sche Uni­on. Dies hat der süd­west­fä­li­sche CDU-Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te und gesund­heits­po­li­ti­sche Spre­cher der größ­ten Frak­ti­on im Euro­päi­schen Par­la­ment (EVP-Christ­de­mo­kra­ten) Dr. med. Peter Lie­se aus Quel­len der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on und des Unter­neh­mens erfah­ren. Der Her­stel­ler hat in den Ver­trä­gen mit der Euro­päi­schen Uni­on ange­kün­digt, bis Ende Juni 55 Mil­lio­nen Impf­do­sen zu lie­fern. Zuletzt war unklar, ob die­se Zusa­ge ein­ge­hal­ten wird. 50 Mil­lio­nen Dosen sind aber sicher, für Deutsch­land geht es um zehn Mil­lio­nen Impf­do­sen. Der Impf­stoff hat in kli­ni­schen Prü­fun­gen eine gute Wir­kung nicht nur gegen den Ursprungs­typ des Virus, son­dern auch gegen die bri­ti­sche und sogar gegen die süd­afri­ka­ni­sche und bra­si­lia­ni­sche Vari­an­te gezeigt. „Man braucht nur eine Imp­fung, um einen aus­rei­chen­den Schutz zu erzie­len, daher wird der Impf­stoff das Tem­po in Deutsch­land und der EU mas­siv beschleu­ni­gen. Für das zwei­te Quar­tal sind ins­ge­samt 360 Mil­lio­nen Impf­do­sen ange­kün­digt, die meis­ten davon (200 Mil­lio­nen) kom­men von BioNTech/​Pfizer.“ Lie­se rech­net damit, dass das Ver­spre­chen der Euro­päi­schen Uni­on, näm­lich bis Ende des Som­mers 70% der Erwach­se­nen ein Impf­an­ge­bot zu machen, über­erfüllt wer­den kann. „Wenn alles nor­mal läuft, kann das schon Mit­te Juli gelin­gen und wenn es gut läuft, kann bis Mit­te des Som­mers schon jedem Euro­pä­er ein Impf­an­ge­bot gemacht werden.

Trotz­dem plä­dier­te Lie­se dafür die Imp­fung noch wei­ter zu beschleu­ni­gen : „Der wich­tigs­te Unter­schied zwi­schen dem Impf­stoff von John­son & John­son und denen der ande­ren Her­stel­ler ist nicht das Prin­zip, son­dern das Stu­di­en­de­sign. John­son & John­son hat zunächst eine kli­ni­sche Prü­fung mit nur einer Dosis gemacht, eine Prü­fung, wie der Impf­stoff nach der Gabe von zwei Dosen wirkt, läuft noch, unter ande­rem in Deutsch­land. Bei den ande­ren Her­stel­lern war es umge­kehrt. Das heißt, nach­dem was wir jetzt wis­sen, ist es durch­aus wahr­schein­lich, dass für eine gewis­se Zeit eine ein­ma­li­ge Imp­fung einen aus­rei­chen­den Impf­schutz bie­tet. Die Pra­xis, wie sie in Groß­bri­tan­ni­en durch­ge­führt wird, näm­lich zunächst auch bei dem Impf­stoff von BioNTech nur ein­mal zu imp­fen und die zwei­te Imp­fung eini­ge Mona­te nach hin­ten zu schie­ben, scheint also jetzt sinn­voll zu sein. Im Januar/​Februar gab es dazu gar kei­ne Daten, jetzt haben wir nicht nur die Daten von John­son & John­son, son­dern auch die soge­nann­ten real­li­fe Daten aus Groß­bri­tan­ni­en. Groß­bri­tan­ni­en ist ein sehr gro­ßes Risi­ko ein­ge­gan­gen, aber es hat sich offen­sicht­lich gelohnt und wir soll­ten für etwa zwei Mona­te genau­so ver­fah­ren, um mög­lichst schnell mög­lichst vie­le Men­schen imp­fen zu kön­nen. Der Effekt zwei Men­schen die Erst­imp­fung zu geben, ist sehr viel grö­ßer, als der Effekt eine Per­son voll­stän­dig zu imp­fen“, so der Arzt und Europaabgeordnete.

In den nächs­ten Wochen ist es nach Lie­ses Ansicht aber abso­lut not­wen­dig, die Risi­ko­kon­tak­te in Deutsch­land dras­tisch wei­ter ein­zu­schrän­ken. „Die Belas­tung der Inten­siv­sta­tio­nen nähert sich dem abso­lu­ten Höhe­punkt.  Nie­mals in der Pan­de­mie gab es so vie­le Men­schen auf den Inten­siv­sta­tio­nen wie jetzt zu erwar­ten sind und das Durch­schnitts­al­ter der Pati­en­ten sinkt. Es ist daher drin­gend erfor­der­lich, die Not­brem­se streng umzu­set­zen. Viel wich­ti­ger ist es aber dort anzu­set­zen, wo auch in den letz­ten Mona­ten kein aus­rei­chen­der Infek­ti­ons­schutz gewährt war. Das gilt am Arbeits­platz, bei den Betrie­ben, die weit­ge­hend nor­mal wei­ter­ar­bei­ten, hier muss mit Tests und Mas­ken­pflicht und so viel Home­of­fice wie irgend mög­lich nach­ge­steu­ert wer­den, und im pri­va­ten Bereich.

Wir müs­sen über Rege­lun­gen nach­den­ken, wie sie zum Bei­spiel in Irland sehr erfolg­reich ein­ge­setzt wur­den. Dort war es zeit­wei­lig über­haupt nicht erlaubt, im pri­va­ten Räu­men Men­schen zu tref­fen, mit denen man nicht zusam­men­lebt. Es muss dabei natür­lich Aus­nah­men für Men­schen geben, die allei­ne leben. Vor allen Din­gen ist es aber wich­tig drau­ßen mehr zu erlau­ben als drin­nen. Das Virus ver­brei­tet sich über Aero­so­le in geschlos­se­nen Räu­men und das muss jetzt end­lich stär­ker in kon­kre­te Poli­tik umge­setzt wer­den. Außer­dem brau­chen wir für Men­schen, die beengt mit zu vie­len Per­so­nen in einem Haus­halt leben, im Fal­le einer Infek­ti­on das Ange­bot, dass der­je­ni­ge, der sich infi­ziert hat, oder in Qua­ran­tä­ne muss, auf Kos­ten des Staa­tes in ein Hotel gehen kann, um nicht sei­ne gan­ze Fami­lie anzu­ste­cken. Tou­ris­ti­sche Rei­sen wie nach Mal­lor­ca soll­ten wei­ter­hin ein­ge­schränkt wer­den. In weni­gen Wochen kann die Imp­fung das Haupt­in­stru­ment sein, die Pan­de­mie zu bekämp­fen, aber wir brau­chen jetzt noch Geduld wegen der Über­las­tung der Inten­siv­sta­tio­nen und auch weil die Wahr­schein­lich­keit von neu­en Muta­tio­nen steigt, wenn man bei mas­si­vem Infek­ti­ons­ge­sche­hen impft. Wer will, dass die Pan­de­mie mög­lichst schnell zu Ende ist, muss sich jetzt noch­mal für etwas drei bis vier Wochen an dras­ti­sche Ein­schrän­kun­gen hal­ten“, so Lie­se abschließend.

Quel­le : Dr. Peter Lie­se MdEP

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