Stichwort der Woche : Die Hauptfrau von Köpenick

Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen

win­ter­berg-total­lo­kal : Was ist die ers­te Auf­ga­be einer neu­en Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin ? Sich dar­um zu küm­mern, dass sich die kata­stro­pha­le Lage der Aus­rüs­tung der Trup­pe ver­bes­sert ? Dass die 43,3 Mil­li­ar­den Euro, die der Steu­er­zah­ler in die­sem Jahr für unse­re Armee aus­gibt end­lich mal dazu ver­wen­det wer­den, die Bun­des­wehr nach den heu­ti­gen Anfor­de­run­gen aus­zu­rich­ten ? Dafür zu sor­gen, dass kei­ne Mil­li­ar­den­be­trä­ge mehr bei „Bera­ter­fir­men“, schlech­ten Wer­be­agen­tu­ren, unse­riö­sen Segel­schiff­werf­ten und exter­nen Instand­hal­tungs­dienst­leis­tern ver­si­ckern ? Nein, die ers­te Amts­hand­lung ist es dafür zu sor­gen, dass die Sol­da­tin­nen und Sol­da­ten freie Fahrt bei der Deut­schen Bun­des­bahn haben, aber nur, wenn sie in Uni­form unter­wegs sind. Aha ! Das soll also zur Lösung der vie­len Pro­ble­me der Bun­des­wehr bei­tra­gen. Es flie­ßen Steu­er­gel­der an die maro­de Bun­des­bahn, damit Armee­an­ge­hö­ri­ge umsonst in über­füll­ten Zügen mit­fah­ren dür­fen. Zu Zei­ten der all­ge­mei­nen Wehr­pflicht, als die zwangs­wei­se rekru­tier­ten jun­gen Sol­da­ten für eine Hand­voll Euro ihren Hin­tern fürs Vater­land hin­hal­ten muss­ten, mach­te eine sol­che Rege­lung viel­leicht noch Sinn. Wenn aber heu­te ein Haupt­mann der Bun­des­wehr, mit einem Ein­kom­men von über 4.500 Euro (vor Steu­ern, aber frei von jeg­li­chen Sozi­al­ab­ga­ben), die Diens­te der Bun­des­bahn umsonst in Anspruch neh­men kann und eine Fri­seu­rin, mit einem Brut­to­ein­kom­men von 1.350 Euro brut­to (vor Steu­ern und hohen Sozi­al­ab­ga­ben) das gan­ze auch noch mit bezah­len soll, führt das nicht unbe­dingt zur bes­se­ren Akzep­tanz der „Staats­bür­ger in Uniform“.

Im Zusam­men­hang von Sol­da­ten und Bahn­fah­ren muss ich immer unwill­kür­lich an das Thea­ter­stück von Carl Zuck­may­er den­ken, wel­ches in vie­len tol­len Ver­fil­mun­gen, z.B. mit Rudolf Plat­te, Heinz Rüh­mann oder Harald Juhn­ke unver­ges­sen ist : „Der Haupt­mann von Köpe­nick“. In die­ser Tra­gi­ko­mö­die kauft sich ein arbeits­lo­ser Schus­ter, der schon mehr­fach mit dem Gesetz in Kon­flikt gekom­men ist, bei einem Tröd­ler eine Offi­ziers­uni­form und schafft es dadurch eine Grup­pe Sol­da­ten unter sein Kom­man­do zu bekom­men mit denen er das Rat­haus von Köpe­nick besetzt, den Bür­ger­meis­ter ver­haf­tet und die Stadt­kas­se kon­fis­ziert. Die eigent­li­che Absicht sei­ner Akti­on, sich Aus­weis­pa­pie­re zu beschaf­fen, erreicht er zwar nicht, aber er kann durch sein Auf­tre­ten zei­gen, wie sehr wir Deut­schen vor einer Uni­form kuschen. Heu­te braucht man ja noch nicht mal einen Tröd­ler­la­den auf­zu­su­chen, im Inter­net ist eine Bun­des­wehr­uni­form für ein paar Euro zu bekom­men. Also auf Deut­sche, uni­for­miert Euch ! Sicher­lich wirkt manch einer von uns in einer schlecht sit­zen­den Uni­form eher lächer­lich, aber kos­ten­lo­se Bahn­fahr­ten sind sicher ein trif­ti­ger Grund, dass man das auch mal in Kauf neh­men kann.

Quel­le : Ihr Nor­bert Schnellen

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