Winterberg-Totallokal : Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen
winterberg-totallokal : Heute vor genau 100 Jahren, am 3. Juli 1919 bestimmte die Weimarer Nationalversammlung die schwarz-rot-goldene Fahne, wie wir sie auch heute noch als Flagge unseres Landes kennen, zur deutschen Nationalflagge. Mit einer, für die damalige Situation erstaunlich deutlichen Mehrheit, sollte sie die bis dahin gültige schwarz-weiß-rote Flagge des deutschen Kaiserreichs ersetzen. Diese Entscheidung war viel weitreichender als der Austausch eines bunten Lappens gegen einen anderen. Sie sollte das Ende des obrigkeitsstaatlichen, monarchistischen und feudalistischen Systems und den Beginn eines demokratischen und rechtsstaatlichen Systems auf deutschem Boden markieren. Historisch gesehen basierte die neue Fahne nämlich auf den Farben der deutschen Freiwilligenarmee in den Befreiungskriegen gegen die Besetzung durch Napoleon Bonaparte und der späteren Fahne der „deutschen Revolution“ von 1848. Nach der Reichsgründung von 1871 entschieden sich die Mächtigen natürlich nicht für die Farben der gescheiterten Revolutionäre, die ja eine deutsche Republik erreichen wollten, sondern für die Fahne des von Preußen dominierten „Norddeutschen Bundes“. Schwarz-Rot-Gold sind also die unbelasteten Farben einer deutschen Republik.
Nach dem Ende der Weimarer Republik, mit der Machtübernahme der Nazis, wurde zunächst erst mal die schwarz-weiß-rote Fahne wieder eingeführt, aber schon im Jahr 1935 durch die Parteifahne der NSDAP ersetzt. Nach dem Ende der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft entschloss man sich im Jahr 1949 bei der Gründung der Bundesrepublik, die schwarz-rot-goldene Fahne, als Symbol eines demokratischen Deutschlands wieder als Nationalflagge einzuführen. Auch in der DDR verwendete man die gleiche Fahne, garnierte sie jedoch ab 1955 mit dem sozialistischen Symbol „Hammer und Zirkel“. Auch nach der Wiedervereinigung blieben die Nationalfarben bestehen, jetzt jedoch auf beiden Seiten ohne Hammer und Zirkel. Heute können wir froh darüber sein, eine Nationalfahne zu besitzen, an der kaum Blut klebt. Die beiden großen Katastrophen, die im 20. Jahrhundert von deutschem Boden ausgingen, fanden nun mal unter anderen Farben statt. Wenn in heutiger Zeit Leute, die sich am rechten Rand außerhalb der Demokratie befinden, die schwarz-rot-goldene Fahne tragen, ist das ein Zeichen dafür, dass sie im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst haben. Mit gleicher Konsequenz dürften sich aber auch diejenigen, die mit Waffenhandel, giftigen Chemikalien oder Sklaverei ihr schmutziges Geld machen, auch nicht hinter diesen Farben verstecken. Vielleicht sollte man für diese Gruppen wieder die schwarz-weiß-rote Fahne einführen, damit man gleich deren Unterschied zu einem freien und demokratischen Deutschland sieht.
Ihr Norbert Schnellen