Stichwort der Woche : Keine Bodenhaftung

Winterberg-Totallokal : Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen

win­ter­berg-total­lo­kal : Über vie­le Jahr­tau­sen­de hin­weg ach­te­ten die Men­schen den Boden auf dem sie stan­den und der sie ernähr­te. Seit der indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on ver­lo­ren die Men­schen, mit zuneh­men­der Mobi­li­tät, im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes ihre Boden­haf­tung. Hier­zu­lan­de gab es noch bis in die zwei­te Hälf­te des vori­gen Jahr­hun­derts klein­bäu­er­li­che Betrie­be, die den Wert ihres Bodens, als Grund­la­ge für die Nah­rungs­mit­tel­ver­sor­gung zu schät­zen wuss­ten. Die zuneh­men­de Öko­no­mi­sie­rung der Welt führ­te jedoch auch in der Land­wirt­schaft zu immer grö­ße­ren Betriebs­ein­hei­ten und zu einer Spe­zia­li­sie­rung der Betrie­be, mit dem Ziel  eine mög­lichst hohe Pro­duk­ti­vi­tät durch ver­stärk­ten Maschi­nen­ein­satz und eine maxi­ma­le Redu­zie­rung der mensch­li­chen Arbeits­kraft zu erreichen.

Dass durch die­se Ent­wick­lung uralte sozia­le und kul­tu­rel­le Struk­tu­ren auf der Stre­cke geblie­ben sind, dass Tie­re hier­bei gequält wer­den und die Umwelt weit­ge­hend zer­stört wird, ist für die Öko­no­men nur ein unver­meid­li­cher  Kol­la­te­ral­scha­den. Das ist zwar alles bedau­er­lich, viel­leicht kann man das durch ein paar PR-Aktio­nen etwas beschö­ni­gen, aber im End­ef­fekt zäh­len nur die Ren­di­te und der wirt­schaft­li­che Erfolg. Für wen eigent­lich ? Wohl kaum für die Bau­ern, die sich für die gan­zen Inves­ti­tio­nen mit viel Fremd­ka­pi­tal ver­sor­gen muss­ten. Sie wer­den auch die ers­ten sein, die irgend­wann ein­mal mer­ken, dass die Mono­kul­tu­ren den Boden, ihren wich­tigs­ten Pro­duk­ti­ons­fak­tor, nach­hal­tig zer­stö­ren. Wäh­rend die Men­schen frü­her mit der Natur leb­ten, ist der moder­ne Mensch stolz dar­auf sie zu beherr­schen. Dem aus­ge­laug­ten Boden wer­den mit künst­li­chem Dün­ger wie­der Nähr­stof­fe zuge­führt, die Kräu­ter und Insek­ten, die in Kon­kur­renz zur Haupt­frucht ste­hen, wer­den ein­fach weg­ge­spritzt und wenn das alles nicht funk­tio­niert kann man es ja mit gen­tech­nisch ver­än­der­ten Pflan­zen ver­su­chen. Ich glau­be nicht, dass die­se Ent­wick­lung noch über Jahr­zehn­te so wei­ter gehen kann. Im ver­gan­ge­nen Som­mer konn­ten wir schon mal eine leich­te Vor­ah­nung bekom­men, wie sich der Kli­ma­wan­del auf die­se Form der Bewirt­schaf­tung aus­wir­ken wird. Zudem hal­biert sich, durch die wach­sen­de Welt­be­völ­ke­rung und wei­te­re Ver­sie­ge­lung für Indus­trie und Woh­nen, bis zum Jahr 2050 die pro Mensch land­wirt­schaft­lich nutz­ba­re Fläche.

Die ein­zi­ge Mög­lich­keit die­se Welt­be­völ­ke­rung dann zu ernäh­ren ist eine noch inten­si­ve­re Land­nut­zung ! Das funk­tio­niert natür­lich nicht mit der indus­tri­el­len Land­wirt­schaft. In den Ent­wick­lungs­län­dern ernäh­ren klein­bäu­er­li­che Betrie­be noch zu 70 Pro­zent die Bevöl­ke­rung. Die­se Form der Land­wirt­schaft kann sich den kli­ma­ti­schen Ver­än­de­run­gen viel bes­ser anpas­sen. Viel­leicht kön­nen wir hier ein­mal von die­sen Men­schen ler­nen und auf eine natur­na­he und res­sour­cen­scho­nen­de Land­be­ar­bei­tung, zum Bei­spiel durch das Sys­tem der Per­ma­kul­tur, umsat­teln. Wenn unse­re Nach­kom­men nicht hun­gern sol­len, kön­nen wir  uns eine wei­te­re Zer­stö­rung des Bodens wirk­lich nicht mehr erlauben.

Quel­le : Ihr Nor­bert Schnellen

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