Stichwort der Woche : „Nie wieder Krieg!“

Winterberg-Totallokal : Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen…

win­ter­berg-total­lo­kal : „Mut­ter, wozu hast du dei­nen Sohn auf­ge­zo­gen ? Hast dich zwan­zig’ Jahr mit ihm gequält ? Wozu ist er dir in dei­nen Arm geflo­gen, und du hast ihm lei­se was erzählt ? Bis sie ihn dir weg­ge­nom­men haben. Für den Gra­ben, Mut­ter, für den Gra­ben.“ Die­se ers­te Stro­phe des Gedichts von Kurt Tuchol­sky sagt eigent­lich alles aus, was Krie­ge für die ein­zel­ne Fami­lie bedeu­ten, näm­lich Not, Elend und den Tod von Kin­dern, Vätern und Ver­wand­ten. Vor 100 Jah­ren ende­te der ers­te Welt­krieg. Das ist wirk­lich sehr lan­ge her. Zeit­zeu­gen gibt es nicht mehr und die Toten die­ses Krie­ges sind uns so fremd wie die Toten blu­ti­ger Com­pu­ter­spie­le. Die­se ent­fern­te Sicht auf die Din­ge lässt uns ver­ges­sen, dass die­ser „Wel­ten­brand“ von 1914 bis 1918 noch vie­le Aus­wir­kun­gen auf unse­re heu­ti­ge Zeit hat. Es waren vor­ran­gig die wirt­schaft­li­chen Inter­es­sen einer Macht­eli­te, die zum ers­ten Welt­krieg führ­ten. Dem Volk wur­de das Gan­ze dann aller­dings unter dem Deck­man­tel des „Patrio­tis­mus“ schmack­haft gemacht, denn kein ver­nünf­ti­ger Mensch wäre auf die Idee gekom­men, sein Leben für ein paar Ade­li­ge und rei­che „Schlot­ba­ro­ne“ hin­zu­ge­ben. Für „Kai­ser, Reich und Vater­land“ klang da schon viel bes­ser. Erst im Lau­fe des Krie­ges, als die Lebens­mit­tel­ver­sor­gung im Land und an der Front immer schlech­ter wur­de und in Deutsch­land eini­ge Tau­send Men­schen ver­hun­ger­ten, wur­de vie­len klar, dass sie von den Macht­eli­ten geop­fert wur­den. Das führ­te zur Revo­lu­ti­on im Novem­ber 1918.

Die­se Revo­lu­ti­on führ­te jedoch nicht zur Befrei­ung des deut­schen Vol­kes, son­dern dazu, dass sich in der dar­auf fol­gen­den „Wei­ma­rer Repu­blik“ die Macht wie­der sehr schnell in den Hän­den der alten Eli­ten befand. Genau­so schnell hat­ten die Deut­schen ihre Hän­de wie­der an der Hosen­naht und glaub­ten an die Pro­pa­gan­da der „Dolch­stoß­le­gen­de“, nach der die bösen Kom­mu­nis­ten an der Hei­mat­front den tap­fer kämp­fen­den Front­sol­da­ten in den Rücken gefal­len waren. Auch in den ande­ren euro­päi­schen Län­dern fei­er­te der Natio­na­lis­mus wie­der fröh­li­che Urstän­de und die alten Feind­bil­der waren schnell wie­der her­ge­stellt. Dies führ­te schnur­stracks in die Kata­stro­phe des zwei­ten Welt­kriegs. Nach aber­mals vie­len Mil­lio­nen Toten schie­nen das Gespenst des Natio­na­lis­mus und der Geist des Mili­ta­ris­mus end­gül­tig über­wun­den zu sein. Die Völ­ker Euro­pas rück­ten zusam­men, zuerst nur im Wes­ten und nach Ende des kal­ten Krie­ges auch im Osten. Krie­ge­ri­sche Aus­ein­an­der­set­zun­gen schie­nen in Euro­pa aus­ge­schlos­sen – bis zum Jugo­sla­wi­en­krieg, mit dem die Mach­bar­keit mili­tä­ri­scher Aktio­nen auf die­sem Kon­ti­nent auch in der heu­ti­gen Zeit bewie­sen wur­de. Inzwi­schen sind in vie­len Tei­len Euro­pas wie­der natio­na­lis­ti­sche Strö­mun­gen aktiv und bei Nato-Übun­gen an der Ost­gren­ze gibt es wie­der ein kla­res Feindbild.

Die Schreie der Opfer in den Schüt­zen­grä­ben des ers­ten Welt­kriegs sind längst ver­klun­gen, das Wei­nen ihrer Müt­ter auch. Heu­te fällt es man­chen Mäch­ti­gen wie­der leicht, das Volk mit einem fal­schen Patrio­tis­mus ein­zu­lul­len. War­um steht kei­ner auf und schleu­dert ihnen ent­ge­gen : „Es ist genug – Nie wie­der Krieg!“

Ihr Nor­bert Schnellen

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