Winterberg-Totallokal : Stichwort der Woche, von Norbert Schnellen
winterberg-totallokal : Kaum jemand hat den Verlauf der neueren Weltgeschichte so stark beeinflusst wie der deutsche Philosoph Karl Marx, an dessen 200. Geburtstag man momentan nicht vorbeikommt. Kaum jemand, außer vielleicht Jesus Christus, ist dabei so stark missverstanden und fehlinterpretiert worden. Die Parallele ist erschreckend, denn sowohl Jesus als auch Marx wollten das Leben der Menschen besser machen und dienten rücksichtslosen Massenmördern als Rechtfertigung für ihre mörderischen Régime. Wie konnte das geschehen ? Marx erlebte in seiner Zeit den Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus. Die erste industrielle Revolution durch die Erfindung der Dampfmaschine, führte zu einer Landflucht und der Entstehung eines rechtlosen Arbeiterproletariats in den wachsenden Großstädten und Industrieregionen. Im 19. Jahrhundert wuchs zudem die Bevölkerung in Europa sehr schnell und so brauchten sich die „Schlotbarone“, also die aufstrebende Unternehmerschaft, die über Geld, Grund und Boden verfügten, über die Rekrutierung billiger Arbeitskräfte keine Gedanken zu machen. Zudem führte das Fehlen sozialer Sicherungssysteme dazu, dass die Arbeiterklasse ihre Altersversorgung durch eine möglichst große Anzahl von Kindern zu sichern versuchte. Dies führte dann wieder dazu, dass es ein paar Jahre später ein noch größeres Angebot von billiger Arbeitskraft gab, was im Endeffekt zur Verelendung breiter Massen der Bevölkerung führte. Auf der anderen Seite erstarkte das kapitalistische Großbürgertum und gewann immer mehr Einfluss auf die Politik der damaligen Staaten. Marx sah den einzigen Ausweg in einer gewaltsamen Revolution, in der der Adel und das Großbürgertum enteignet würde und die „Diktatur des Proletariats“ schließlich zu einer neuen, besseren Gesellschaftsordnung, eben dem Kommunismus führen sollte, in dem das Produktionskapital allen gemeinschaftlich gehört und jeder seinen Anteil an Wachstum und Wohlstand erhält.
Die Legitimierung von Gewalt als Mittel der Machtübernahme führte dazu, dass es letztendlich verbrecherische Gewalttäter waren, die sich an die Spitze der Revolutionen setzten und die hatten keinesfalls vor die Macht irgendwann an das Volk abzugeben. So entstand aus der Idee des Kommunismus kein „Arbeiter- und Bauernparadies“, im Gegenteil, Militärdiktaturen und Polizeistaaten nahmen den Menschen ihre Freiheit, ihre Würde und oft auch ihr Leben. Im Laufe der Jahrzehnte scheiterte so die „kommunistische Internationale“ und machte einer „kapitalistischen Internationale“ Platz, die uns mit ihrer Form der Globalisierung wieder in den Zustand zurück zu führen scheint, wo Marx damals angefangen hat. Es wäre gut, wenn die Menschheit jetzt lernfähig wäre und nicht wieder in die Fehlentwicklung der vergangenen Jahrhunderte zurück fallen würde. Eine bessere Gesellschaft kann sich nur durch gewaltfreie Prozesse entwickeln, die sicher etwas mehr Geduld erfordern, aber im Endeffekt zu besseren Resultaten führen. Ein Teil der Theorien von Marx, in Kombination mit christlichen Grundwerten, könnten auf Dauer der Weg in eine bessere Gesellschaft sein.
Quelle : Norbert Schnellen